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Dank diesem Guide wirst du dir deine Stimme beim Screamen nicht ruinieren—und nie in einer Band singen

Killswitch Engages Sänger hat sich seine Kehle blutig geschrien. Hätte er doch lieber mal den Wikihow-Schrei-Guide gelesen.
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Foto via Flickr | avry | CC BY-SA 2.0

Killswitch Engage, die Band, die Mitte der 00er Jahre das Scheinwerferlicht auf diesen neuen Sound mit dem schlampigen Namen „Metalcore“ richtete, befindet sich zurzeit im Studio, um am neuen Album zu werkeln. Dabei hat sich Sänger Jesse Leach so sehr in die Gesangslinien gelegt, dass seine Kehle verdächtig schmerzte. Bereits auf der letzten Tour hat er diese Beschwerden bemerkt, zudem tröpfelte Blut aus seinem Mund. Grund genug, sich mal den eigenen Schlund genauer anzusehen. Ganz der Social Media-Experte hat er das mit Hilfe einer Taschenlampe fotografiert und sehr (vor)bildlich auf Instagram geteilt. Jeder, der mal eben fix durch den Insta-Feed gesrcollt ist, wird kurz gedacht haben, das Portal hätte seine Richtlinien bezüglich pornografischer Inhalte gelockert. Aber nein, so sieht es eben untenrum bei Leach aus, also im Hals. Nur leider hatte niemand ein Foto davon gemacht, wie er sich sein Smartphone in den Mund steckt.

A photo posted by Jesse Leach (@jesse_d_leach) on Sep 17, 2015 at 8:33am PDT

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Die Diagnose vom Arzt: Rachenentzündung und geschwollene Stimmlippen. Dass so etwas scheinbar auch den besten und erfahrensten Schreihälsen der Metal-Szene passiert, zeigt eigentlich, dass auch die gestählteste Stimme ab und zu eine Pause braucht. Falls du dir also gerade Killswitch Engage angehört hast und auch mal ausprobieren möchtest, ob du so schreien kannst wie diese Mundmuschi Jesse—vielleicht bist du ja sogar so gut, dass du auch in einer eigenen Band singen darfst!—dann sei gewarnt: Du kannst dir bei falscher Technik deine Stimmbänder komplett ruinieren. Sagt jedenfalls wikiHow und liefert praktischerweise gleich einen Guide ab, mit dessen Hilfe du genau das umgehen kannst. Denn du musst dir unbedingt bewusst werden, dass es zwar so klingt, als würden diese Typen von Parkway Drive und Suicide SIlence schreien, aber nein, das tun sie nicht! Das ist nur ein Effekt. Und den erlernst du laut wikiHow so:

1. Geh in die Hocke. „Ja, als würdest du zur Toilette gehen. Halte deinen Atem an und versuche dies ein paar Mal, bis du dich daran gewöhnt hast. Übertreibe es nicht.“

Schon beim ersten Punkt kommt dieses wärmende Glücksgefühl, überqualifizert zu sein. Eigentlich könnte dieser Punkt doch getrost übersprungen werden, schließlich führt diese Übung doch jeder täglich durch! Und zwar auf der Toilette. Je nach Akku-Stand des Handys mal kürzer oder länger. Manche sind sogar schon eine Stufe weiter, weil sie dabei auch Laute von sich geben. Aber halt, nicht so schnell, erstmal kommt Punkt 2.

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2. Zische. „Zische wie eine Schlange und versuche, es vom Zwergfell aus zu tun. Versuche es so lange, wie du kannst oder du keine Luft mehr hast.“

Das Zischen geht uns leicht über die Zunge, aber wie zur Hölle sollen wir denn wissen ob dass aus dem Zwergfell kommt? Wo liegt dieses Zwergfell denn überhaupt? Auf Wikipedia jedenfalls nicht, da gibt es aber immerhin das Zwerchfell. Und selbst das können wir beim monotonen Rumgezische nicht fühlen. So langsam macht sich Frust breit. Wäre zu schön, diesem mit einem Schrei Luft zu machen. Aber nein, jetzt wird erstmal geatmet.

3. Atme. „Übe, nur wenig Luft auf einmal herauszulassen. Zuerst sollte es sich wie Grunzen anhören, wenn du einatmest, drücke deinen Bauch nach außen, um mehr Luft zu haben, um einen Ton zu schmettern.“ Atmen ist schonmal ein sehr hilfreicher Tipp in jeder Lebenslange. Es erleichtert so manche schwierige Situation, wie zum Beispiel bei Bewusstsein zu bleiben. Aber den lebensnotwendigen Sauerstoff durch den Bauch einziehen, stoßweise wieder auszustoßen und dabei zu grunzen? Wir übertönen unser Leiden lieber mit lauter Musik. Nicht, dass unser Mitbewohner besorgt ins Zimmer stürmt, weil wir uns vermeintlich an einer Speckdattel verschluckt haben und nun mit dem Leben ringen.

4. Kontrolliere den Ton. „Versuche mehrere Methoden, um die Luft heraus zu lassen. Lasse nicht zu viel Luft heraus, sonst bist du auf der Bühne nutzlos.“

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Welcher „Ton“ ist denn jetzt gemeint? Das hilflose Speckdattel-Grunzen? Das bröckelt eben je länger aus uns heraus, umso mehr Luft wir herauslassen. Bis wir keine Luft mehr haben und einatmen müssen. Macht uns das nutzlos? Weil wir auch ab und zu einatmen müssen? Also ehrlich, bisher hätte dieser Guide auch gut in einer Broschüre für entbindungsfreudige Hochschwangere stehen könnten. Mit dem kleinen Unterschied, dass die liegen dürfen.

5. Verzerre. „Um den Schrei zu verzerren, tu so als würdest du rülpsen, aber ohne wirklich zu rülpsen. Drücke die Luft einfach konstant durch die Kehle.“

Wir sollen also unsere Stimme verzerren. Klingt ziemlich Onkelz-mäßig, was da jetzt aus uns rauskommt. Zur Probe mal die Worte „Treu“ und „Bier“ grölen—jo, das ist der Onkelz-Ton! Geht ja eigentlich ganz einfach, klingt aber weniger wie ein mächtiger Frontmann, sondern eher wie ein Typ, der stark besoffen Helene-Fischer-Songs trällert.

6. Je breiter, je höher. „Benutze dein Zwerchfell und fühle, wo sich deine Kehle spannt, um die Tonhöhe zu kontrollieren. Je breiter dein Mund, je leichter ist es, hoch zu schreien. Je runder du deinen Mund machst, desto leichter fallen die tiefen Töne.“

Schon wieder dieses Zwerchfell und irgendetwas Theoretischen über die Spannung der Kehle. Wir fühlen nichts, nur das Bedürfnis nach einem Bier. Wahrscheinlich Nachwirkungen des Onkelz-Tons. Aber immerhin, die Info, dass hohe Töne mit weiter geöffnetem Mund und die tiefen mit mehr geschlossenem Mund leichter fallen, ist ganz nützlich. Klingt aber immer noch nach Oktoberfest.

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7. Schreie zur Musik. „Die beste Art zu lernen, ist Harmonien zu deinen Lieblingsbands zu schreien. Ich sage Harmonien, weil du noch nicht wie andere Schreier klingen wirst, insbesondere gute. Wenn du Harmonien schreist, kannst du deine eigene Stimme hören und lernen, wie es geht, ohne entmutigt zu werden, weil du nicht die Leadstimme triffst.“

Was. Zur. Hölle. Auf einmal sollen wir also schreien!? Nachdem wir uns anbiedernd gebückt haben, dank irritierender Atem-Übungen unseren Kreislauf in den Boden gehechelt haben und ein Bier getrunken haben, sollen wir jetzt genau das machen, was wir eigentlich laut diesem Guide nicht tun sollten. Und dann auch noch in Harmonien. Warum entscheiden sich denn die meisten Sänger dazu, zu schreien? Weil sie verdammt nochmal nicht singen können.

Wir haben einen kleinen Vorschlag für diesen wirklich sehr hilfreichen Guide: Streicht alle Punkte außer die letzten beiden. Nur wer mit seiner Stimme lauthals schreiend experimentiert, lernt auch, mit ihr umzugehen. Solltest du dich irgendwann in der glücklichen Lage wiederfinden, dass du um den ganzen Globus tourst, dann wird die alles weitere schon dein Vocal-Coach beibringen.

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