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Rapper, die Journalisten dissen sind noch unnötiger als Rapjournalisten

Rap-Beef wurde durchgespielt und langweilt uns alle. Willkommen im Bonus-Level „Rapper vs Journalist“.

Bisher lief alles wie gewohnt: Rapper A gegen Rapper B. Dann Rapper B gegen C. Der kennt aber Rapper A und D und außerdem Gangsterboss XYZ. Also treffen sich A und B und C in einem Cafe und reichen sich die Hände, weil XYZ das so will. So weit so gut. Aber auch: So weit so langweilig, so weitreichend und doch so kurzweilig. Das Beef-Game ist weitestgehend durchgespielt. Spätestens seit Animus bei Fler geklingelt hat und die Haustür wieder schloss, nachdem Fler den Summer drückte, um dann zu behaupten der Flizzmeister verstecke sich. Bruder, er hat den Summer gedrückt. Geh einfach hoch. Oder nimm den Fahrstuhl. Oder fahr halt wieder zurück nach Heidelberg. Ist ja auch vollkommen egal. (Mir aber offenbar nicht: Man Keule, von mir aus rutsch das Geländer hoch, aber zieh doch nicht vor der Kamera die Tür zu und behaupte dann, dein Gegner schließt sich in seiner Wohnung ein). Man kann inzwischen nach Savas und Eko, nach Shock Muzik und Aggro, sowie nach Fler gegen die Welt, behaupten: Wir haben quasi alle Moves gesehen. Also müssen neue Gegner her. Wer bietet sich da mehr an als die allseits verhassten "Systemmedien" beziehungsweise ihre Vertreter.

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Offenbar versteht das auch der ein oder andere Künstler. Farid Bang bezog sich vor kurzem wenigstens noch konkret auf einen persönlichen Streit mit "diesem dicken Mann von Rap.de". So vermutete er in seinen 100 Bars, dass selbiger unter dem Künstlernamen Skinny eine schlechte Review geschrieben hätte, beziehungsweise bei dem Banger-Boss etwas kritischer nachfrage als bei anderen Vertretern seiner Zunft, was nicht ganz von der Hand zu weisen war ("Ich sei ein Image-Rapper, Möchtegern-50 Cent / muss ich mir anhören von einem Fettsack, der sich Skinny nennt"). Als ob der gute Olli von Rap.de soviel Ironie mitbrächte, sich Skinny zu nennen.

Der brachte seit dem Streit nur die brutal lustige Autorenkennzeichnung "Von Richtiger Oliver, dieser Marquart" unter den Artikeln zustande und einen Text, bei dem man nach wenigen Zeilen einschläft. Und falls jetzt der ein oder andere eine leichte Parteinahme bemerkt und sich wundert, warum ich nicht für die Gilde der Journalisten in die Bresche springe: Das liegt an meiner Vorliebe für Pöbeleien, an meiner Abneigung gegenüber unsympathischen Menschen und der Tatsache, dass wir hier bei VICE alles scheiße finden müssen, von Lügenpresse-Vertrag her. Außerdem wurde das Journalisten-Beef-Game trotz Michel Friedmann immer noch nicht durchgespielt. Nennt mich den Paolo Pinkel des trivialen Online-Journalismus, ich habe es verdient.

Womit wir beim Thema wären: In Zeiten, in denen Journalisten eigentlich gar nichts mehr richtig machen können, weil sie entweder über das Falsche berichten, eh nur lügen, den „belanglosesten Praktikanten-Text, der hier je erschienen ist“ verfassen oder nur berichten, um von viel wichtigeren Themen abzulenken (wahlweise TTIP/Zionistische Weltverschwörung/Massaker an burmesischen Tanzbären), macht es sich immer ganz gut, in den Chor einzusteigen.

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Ob Ali As, der auf Twitter zu einem Rundumschlag gegen diverse Autoren ausholte und sie wahlweise des Groupietums (OMG!) oder der Homosexualität (OM-doppel-G!) beschuldigte, oder Chakuza, der ebenfalls in den sozialen Medien darüber schimpfte, dass laut.de es wagte, sein Album als „Gefühlsgewitter für lethargische Sparkassen-Azubis“ zu betiteln—man kann sich der Zustimmung seiner Follower sicher sein. Journalisten finden alle doof, vom alles besser wissenden Bildungsbürger bis zum brachialen Internet-Rambo. Und um kurz zum eigentlichen Thema zurückzukehren: Ich hab das Album von Chakuza zwar nicht gehört, aber der Satz der Kollegen von Laut.de bedient meine Vorliebe für platten Humor und Wörter mit Bindestrich—insofern Props an den "Lustige-Bindestrich-Kombos-erfindenden-Artikel-Verfasser-vom-Dienst". Selbst wenn die Platte des ehemaligen EGJ-Signings das beste Album seit Michael Jacksons "BAD" ist, sollte man vielleicht einfach mal drauf scheißen, was irgendwelche Lelleks im Internet schreiben. (Achtung, Selbstkritik!) Wir müssen ja auch tagtäglich den Blödsinn ertragen, der in den Kommentarspalten abgesondert wird und der ist oftmals noch idiotischer als irgendwelche Album-Reviews.

@lautde ihr seid so krass verlogen und billig. Am Telefon das Album noch gelobt und dann wird es verrissen. PFUI! Nie wieder! Fickt euch!

— Chakuza (@chakuza) 15. Juni 2016

Der neueste und abstruseste Fall allerdings kommt vom Astronauten Sido. Dieser hat sich einen alten KRSone-Beat geschnappt, sich mit Rooz ausgerechnet den Rap-Journalisten ins Video geholt, der den nervtötenden Zeitgeist im Rap-Journalismus am besten verkörpert und schießt gegen die anderen Drei von der Tankstelle. Das ganze klingt dann so: "Wenn Journalisten über Hip-Hop reden, schalt ab/Weil Falk Schacht Staigers Schwanz im Hals hat/leb deine Midlife Crisis, aber halt deine Schnauze/Und Schuhe aus, denn deine Spielwiese ist mein Zuhause."

Nun gut, ich erwähnte ja bereits, dass ich mit unsympathischen Menschen nicht so gut kann, aber hat Falk nicht vor kurzem noch Sidos eigene Werbesendung moderiert und ihn ungehindert allerlei Blödsinn reden lassen, während er kichernd den von Sido bezahlten Champagner in sich reinlaufen ließ? Und außerdem: Ist er nicht ein wenig zu dünn, um das monströse Gemächt von Kamerad Staiger in den Hals zu kriegen? (Verteidigung von Staiger meinerseits, von links-grün-gender-versifftem Strassenkampf-Bruder und VICE-Kollegen her). Auch der gute Olli kriegt natürlich sein Fett weg, wie Farid Bang kichernd anmerken würde. "Ist das Gras alle, könnt ich an die Decke gehen/Das regt mich auf, wie dieser Fette da bei Rap.de". Reicht jetzt auch mal mit den Witzen über Dicke. "Lookism" (google halt einfach) ist schließlich kein Kavaliersdelikt, ihr Gesichtselfmeter. Ist ja immerhin EM gerade, die Zeit der Völkerfreundschaft und Verbrüderung. (LOL).

Zeit für ein Fazit: Wenn man mal alle Befindlichkeiten und persönlichen Fehden beiseite schiebt, bleibt ein relativ klares Bild übrig: Rapper gegen Rapper gleich langweilig, weil kennt man schon. Journalist berichtet nicht mehr. Rapper ist traurig und Manager ist sauer, denn Promo-Phase für'n Arsch. Rapper überlegt. Manager überlegt. Rapper disst Journalist. Journalist fühlt sich einerseits geschmeichelt, andererseits auch ein bisschen angegriffen und antwortet mit einem ironischen Text/Posting/Ausdruckstanz. Rap-Konsument erfährt dadurch über die einschlägigen Portale vom neuesten Move des Künstlers. Rapper froh, Managment froh, Journalist eigentlich auch, von Profilierung her. Und um den Kommentar auf Facebook vorweg zu nehmen: "Weiterer, bisher unbeteiligter Journalist, gibt auch noch seinen Senf dazu ab." Mist. Voll in die Promo-Falle getappt. Bis zum nächsten Mal, adieu!

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