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Interviews

Mastodon hatten ein ziemlich beschissenes Jahr

Doch statt daran zu verzweifeln, hat die amerikanische Metalband die negativen Erfahrungen in ihrem neuen Album verarbeitet und so positive Energie daraus gezogen.

Die amerikanische Metalband Mastodon schmeißen wieder ein neues Album auf den Markt. Once More 'Round the Year heißt die Scheibe, die im Juni veröffentlicht wird und vom Unglücksjahr 2013 handelt. Die Jungs sind gerade schon auf Tour und verbreiten ihr in Songs gepacktes Pech unter den Massen. Ihr Schlagzeuger Brann hat sich mit uns über die neue Platte, deutsches Bier und den Tod unterhalten. Und warum sie eigentlich Mastodon heißen.

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Noisey: Hey Brann, wo rufe ich dich gerade an? Die Verbindung kann nichts.
Brann: Ja, Mann, ich bin irgendwo an einem gottverlassenen Ort in Dänemark und Metallica machen gerade Soundcheck hinter mir. Es ist verdammt laut, ich renne also gerade zum Bus, da ist es hoffentlich leiser.

Was macht ihr denn in Dänemark?
Wir spielen heute Abend hier mit Slayer und Metallica. Morgen geht’s weiter nach Deutschland. Wir werden bis Ende Juli auf Tour sein.

Cool. Wie liefen denn die Aufnahmen zu eurem neuen Album Once More 'Round the Sun?
Schnell und wirklich gut. Wir hofften, dass es schnell zusammengeht und es funktionierte zum Glück auch. Wir waren für die Aufnahmen auf einer Ranch in Franklin, Tennessee. Das ist etwa 45 Minuten außerhalb Nashvilles. Ich nahm meine Drumtracks in nur vier Tagen auf. Das war kurz vor Weihnachten. Im Januar kamen wir zurück und nahmen weiter auf. Lyrics und Gesangsparts haben wir erst ganz zum Schluss geschrieben. Wir schreiben unsere Lyrics eigentlich immer erst ganz zum Schluss und ändern ständig alles, je nachdem, was am besten klingt.

Wovon handeln eure neuen Songs?
Sie sind recht abstrakt verfasst, aber generell kannst du sagen, dass das Thema des Albums ein Jahreszyklus ist—Once More'Round the Sun. Es hat nichts mit einem Tourjahr zu tun, sondern mit den Dingen, die uns privat passiert sind letztes Jahr. 2013 war einfach eines der Jahre, die wir lieber vergessen würden. Aber anstatt es zu verdrängen, haben wir unsere Erfahrungen in diesem Album verarbeitet. Es gab einige beschissene Situationen. Aus irgendeinem Grund lief letztes Jahr extrem viel schief. Es war eines dieser Jahre, bei denen du dich fragst „Jesus, really?! Noch mehr Scheiße?!“ Gegen Ende wurde es wieder besser.

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Wie würdest du also die Stimmung des Albums beschreiben?
Es ist ziemlich düster. Hin und wieder entdeckst du ein paar Hoffnungsschimmer. Aber eigentlich ist es stark bewölkt, mit etwas Aussicht auf Sonnenschein. Etwa 18° Celsius, weißt du? Fast T-Shirt-Wetter, aber nimm dir besser noch 'nen Hoodie mit.

Haha. Wieso heißt ihr eigentlich Mastodon?
Mastodonten sind Rüsseltiere. Brent, unser Gitarrist und Sänger, sah Bills (Gitarre) Tattoo auf seiner linken Schulter, welches ein Symbol darstellt, das Boba Fett aus Star Wars auf seiner Rüstung trägt. Ein Totenkopf von einem Rüsseltier. Brent fragte Bill, wie es heißt und der meinte „Mastodon“. Wir dachten uns alle, „Hey, das klingt cool“. Und so haben wir uns für den Namen entschieden. Am selben Abend haben wir noch unseren Freund Scott Kelly von The Roses angerufen und ihn gefragt, wie er den Namen findet. Er meinte auch, dass er geil sei. Wir hatten also keine ewig lange Liste mit potentiellen Bandnamen, er kam einfach aus der Situation. Doch wir wollten so einen Namen haben, denn in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren hatten viele Bands lange Namen. Wir wollten einfach nur ein markantes Wort. Außerdem bedeutet Mastodon dicker, haariger Elefant und so sahen wir auch unsere Musik.

Wieso das?
Na ja, wir schreiben schwere Riffs. Es passte also. Hairy and heavy—so klingt Mastodon.

Wie habt ihr euch damals kennengelernt?
Mastodon besteht wirklich aus zwei Hälften. Bill und ich sind aus Rochester in New York. Wir spielten seit den frühen 90ern zusammen in einer Band namens Lethargy. Bei Troy und Brent war es ähnlich. Sie spielten seit Jahren gemeinsam in einer Band in Atlanta. Bill und ich sind Ende der 90er dorthin gezogen und haben dort die anderen beiden auf einem Konzert kennengelernt. Bill wollte damals nach Atlanta ziehen, um bei seiner damaligen Freundin, die heute seine Frau ist, sein zu können. Ich hatte auch keine Lust mehr in New York zu leben, also bin ich mitgekommen, um mit ihm eine neue Band zu starten. Und innerhalb von nur zwei Wochen hatte ich zwei Jobs, um die Miete zu zahlen, traf meine zukünftige Frau und startete eine neue Band—Mastodon.

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Innerhalb von zwei Wochen?
Ja! Ich hatte keine Ahnung, was mich erwarten würde. Aber es war wohl die richtige Entscheidung.

Allerdings.
Du kannst ja nie wissen. Klingt abgedroschen, aber du musst es einfach versuchen und deine Chancen ergreifen.

Wie hast du denn als Kind angefangen, Musik zu machen und warum hast du dich für Schlagzeug entschieden?
Ich war vielleicht zwei oder drei Jahre alt, als ich begann, Schlagzeug zu spielen. Mein Onkel spielte Schlagzeug in der Band meines Großvaters. Mein Onkel war noch sehr jung, als ich geboren wurde, also lebte er noch bei seinen Eltern, meinen Großeltern. Meine Eltern waren auch wirklich sehr jung bei meiner Geburt, also waren wir oft bei meinen Großeltern zuhause. Da stand eben ein Schlagzeug rum. Ich glaube, es ist ein natürlicher Instinkt eines Kind, auf irgendetwas rumtrommeln zu wollen, anstatt etwa eine Gitarre in die Hand zu nehmen und zu versuchen, einen sauberen Ton rauszubekommen.

Und ich war irgendwie gut beim Schlagzeugspielen. Irgendetwas zog mich an, ich fühlte mich dem Schlagzeug verbunden. Ich dachte permanent an das Ding, wenn ich nicht da war. Und wollte einfach nur zu meinen Großeltern, um wieder spielen zu können. Als ich älter wurde, setzte mir mein Onkel oft Kopfhörer auf, ließ Bands wie Deep Purple und Rainbow laufen und ich spielte dazu. Meine Mutter hatte auch eine Coverband namens Caper. Sie coverten Songs von Black Sabbath, Boston, Judas Priest, Styx und so weiter. Diese Art von Musik lief also immer bei uns zuhause.

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Du spielst also Schlagzeug, seit du denken kannst?
Ja! Irgendwann schenkte mir dann mein Onkel sein Schlagzeug und ich hörte gar nicht mehr auf zu spielen. Dann kamen immer öfter Freunde zu mir und wir versuchten, die Songs von Metallica zu covern.

Und jetzt tourt ihr zusammen.
Ja, ziemlich cool. Haha. Als ich 16 wurde, fing ich an, die Sache etwas ernster zu nehmen. Ich hatte eine erste richtige Band, wir spielten in Bars und schrieben unsere eigenen Songs. Ich hörte mehr und mehr progressive Musik. Dabei merkte ich, dass Musik das einzige ist, was ich tun will—und tun kann, um ehrlich zu sein. Die Jobs, die ich früher hatte, waren alle scheiße. Ich habe in einem Supermarkt gearbeitet, als Anstreicher, als Verkäufer in einem Pornoladen. Wenn es mit dem Schlagzeugen nicht geklappt hätte, dann wäre aus mir nichts geworden.

Dein Schlagzeugspiel ist als chaotisch und unvorhersehbar beschrieben worden. Wie funktioniert das innerhalb einer Metalband und wer sind deine Einflüsse?
Ich muss ehrlich sagen, das passiert einfach. So fühle ich mich, wenn ich da dran sitze und spiele. Aber ich liebe Fusion- und Jazzdrummer. Doch ich hatte nie Unterricht, bin also kein gelernter Schlagzeuger in diesen Richtungen. Es ist einfach meine Interpretation dieser Spielart, die ich auf harten Rock anwende. Ich versuche, etwa Elvin Jones und Tony Williams nachzuahmen. Phil Collins und Bill Ward, der ja sehr jazzy gespielt hat, waren auch beide ein großer Einfluss. Mein Spiel ist also eine Mischung aus diesen Stilen. Und wenn du dir die Geschichte von Heavy Metal anschaust, dann hatten diese Urdrummer ja auch nur Jazz-Schlagzeuger als Vorbilder. Es gab ja noch kein Metal als eigene Richtung. Ich mag das Chaos der Jazzer. Es ist großartig, wenn es auf einmal richtig wirr und wild wird und ich dann wieder zurück in die Bahn finde. Es wirkt beinahe so, als wäre ich verloren, aber ich bin es nicht. Ich finde es genial, wenn ich es fast so sehr übertreibe, dass ich es kaum noch zurückschaffen kann und es mir richtig schwerfällt, mich wieder einzufügen. Da wird’s gefährlich und das ist super. Also wenn ich mir denke, „Hey, I might fuck this up!“.

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Passiert dir das auch live?
Ja manchmal. Etwa, wenn ich ein Fill mache. Dann merke ich oft, „Ups, das geht jetzt aber zu weit. Oh-oh.“

Wie reagieren deine Bandkollegen?
Die müssen einfach damit zurechtkommen. Ich habe aber keine Ahnung, was sie davon halten. Sie sagen deshalb nie etwas zu mir.

Du hast eure Band mal mit Captain Ahab aus dem Roman Moby Dick verglichen. Warum das denn?
Ich las damals Moby Dick, während wir an unserem Album Leviathan arbeiteten. Ich fand den Vergleich sehr passend, denn Ahab ist das Paradebeispiel für Obsession. Wir sind total besessen von unserer Band. Aber es kann ja immer passieren, dass du da hinter etwas herjagst, was es gar nicht wirklich gibt, oder wovon du gar nicht wirklich weißt, was es genau ist.

Was liest du denn sonst noch so gerade?
Alles mögliche. Aber gerade vor allem Biologiebücher. Etwa Parasite Rex von Carl Zimmer. Das ist total irre. Es gibt Parasiten, die sich als rote Blutzellen verkleiden und so deiner Leber nahekommen können, um sich daran zu laben. Allein die Idee, dass so ein einfacher Organismus ein Kostüm anlegen kann, um dir zu schaden, ist einfach irre. Stell dir das mal vor! Es ist schon verrückt genug, sich klarzumachen, dass wir auf dem Planeten Erde sind und uns im Raum um die Sonne drehen. Aber wenn du dir dazu noch vorstellst, was alles in deinem Körper abgeht und das die ganze Zeit. Die ganzen Vorgänge, die dich reden lassen, deine Gefühle bewirken. Irre. So was lese ich gerne.

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Du denkst auch oft an den Tod, stimmt’s?
Ja, das stimmt. Erst letzte Nacht wieder. Eigentlich denke ich die ganze Zeit dran. Ich habe keine Lust zu sterben. Vielleicht ist es ja einfach wie einschlafen, ohne zu träumen und ohne je wieder aufzuwachen. Und dann war’s das eben. Das wäre schon OK.

Wovor hättest du denn Angst?
Ich habe vor gar nichts Angst. Es macht mich einfach nur sehr traurig, mir vorzustellen, dass ich meine Frau dann nicht mehr sehe.

Lass uns von Erfreulicherem reden…
Hahaha OK!

Du liebst Bier, oder?
Oh ja. Ich liebe Bier, gutes Bier. Ich bin ein Biersnob. Am liebsten IPAs und Bier von Mikrobrauerein. Ich trinke meistens nur ein Bier auf einmal, also versuche ich immer das beste zu bekommen. Außerdem gibt es jetzt ein Bier für uns von einer englischen Brauerei namens Signature Brewery. Das Bier heißt Black Tongue. Es ist wie ein Dark Ale, aber mit doppelten Hopfen wie ein IPA. Ein sehr starkes, geschmackvolles, heavy-duty Bier.

Wie gefällt dir deutsches Bier?
Oh, ich liebe deutsches Bier! Ihr bleibt euren Grundsätzen treu, was Bier angeht. Weißbier und Dunkles sind großartig!

Bestellt euch Once More 'Round the Sun bei iTunes oder Amazon.

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