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Dagmar: Ich saß so in der Schule mit meiner Klasse und habe mir mal wieder den Kopf darüber zerbrochen, warum meinen Schüler immer „He olta geil“ sagen müssen—zu allem und jedem. Dann haben wir etwas gelesen, das in keinster Weise auch nur irgendwie geil war, und trotzdem haben die das mit „geil“ kommentiert. Da habe ich gemerkt—auch wenn etwas ein Fehler war, kann es trotzdem geil gewesen sein. Abgesehen davon hätte „Du warst der größte Fehler meines Lebens“ niemanden interessiert.Viele Leute glauben ja, Schlager sei so plump und einfach, dass es im Grunde genommen jeder machen könnte. „Wie schwer kann das schon sein“—wie schwer ist es wirklich?
Sehr schwer. Natürlich denken viele, es wäre einfach, aber es gibt Gesetze, die eingehalten werden müssen. Viel hängt von den Melodien ab, die müssen richtige Gassenhauer sein. Heutzutage muss es auch noch sehr modern produziert sein—meine Schüler sagen zu mir, sie wollen „Atemlos“ singen. Ich frage dann, seit wann sie auf Schlager stehen. Dann sagen sie „Das ist kein Schlager“.
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Natürlich ist es Schlager. Hast du schon mal auf die Melodie gehört? Die Produktion lenkt vielleicht davon ab, aber es ist Schlager pur. Was den Text angeht—wenn jemand behauptet, Schlager wäre plump, dann frage ich mich immer, ob die kein Englisch können. „My heart goes boom“? Das ist mindestens genau so plump.
Das ist komplett unterschiedlich. Manchmal schreibe ich Ewigkeiten an einem Text, manchmal ist er sofort fertig. Das muss aber nicht heißen, dass alles, was schnell gehen muss, schlecht ist—manchmal ist Zeitdruck gut.Kann man von den Tantiemen überhaupt leben?
Nein, heutzutage nicht mehr. Es klingt vielleicht blöd, aber es liegt am Internet. Leben kann man davon nicht. Wenn man nicht gerade bei Riesenproduktionen wie Helene mitmischt, braucht man nebenher noch einen anderen Beruf.Aber ist Schlager nicht gerade der Markt, in dem noch richtig CDs verkauft werden?
Ja, im Vergleich zu anderen Genres steht Schlager eh noch gut da, trotzdem sind Kreativköpfe sozusagen die Deppen der Nation. Den kleinen Betrag, den du verdienst, musst du immer teilen und am Ende bleibt nicht viel übrig. Ich verstehe auch, wenn einem das den Spaß an der Freud nimmt—aber ich denke nicht so. Ich texte ja nicht, weil ich muss, sondern weil es mir Spaß macht. Eigentlich läge es an der Politik, da was zu ändern. Aber man verärgert halt lieber ein paar Urheber als die Masse der Wähler. Ich gehöre aber nicht zu den Jammerern. Ich hatte ja das Glück, immer wieder Erfolge feiern zu dürfen.
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Die meisten sind eh berechtigt. Es wird einfach viel banaler Blödsinn geschrieben. Das ist genau so deppert, wie wenn im Fernsehen zwei Hunde miteinander verheiratet werden. Bei uns kritisiert man halt die Trachtengwandl’n. Die wenigsten wissen aber, dass in der Schlagerszene unglaublich hart und diszipliniert gearbeitet wird. Vom Aussehen bis zum Gesang—das ist beinhart. Da gibt es stundenlange Diskussionen darüber, ob der Ring aufträgt oder nicht und welche Farbe das Kleid haben soll. Und das ist nur die Bühnenarbeit—Tonstudio ist mindestens genau so anstrengend, vor allem wenn man im Schlager rausstechen will. Die heile Welt, die wir vermitteln, in der leben wir nicht wirklich. Aber das ist absolut menschlich. Die Vorurteile kann ich jedoch nachempfinden.Was macht dann einen guten Schlager aus?
Man muss mitsingen können, ohne den Song je gehört zu haben. Jeder Mensch hat Sehnsüchte—nach Liebe, Heimat, nach dieser heilen Welt. Diese Sehnsüchte müssen transportiert werden. Nicht meine eigenen—was Dagmar Obernosterer persönlich empfindet, interessiert keine Sau. Schlager kann aber auch melancholisch sein. Die Jazz Gitti hat zum Beispiel einen Song namens „Kränk di net“. Das war auch ein guter Schlager.Ist das nicht irgendwie sehr kitschig? Oder ist Kitsch gut?
Wer sagt denn, was Kitsch ist? Wenn die Allgemeinheit diesen „Kitsch“ kauft, dann muss Kitsch wohl gut sein, ja.
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08/15-Texte, wenn die Melodie gegen die Wortmelodie geht, oder wenn Grammatik völlig verformt wird, nur damit es sich reimt. Das kann dann aber trotzdem erfolgreich werden. Dieser „Schnappi“-Song war auch keine Glanzleistung, weder musikalisch noch textlich. Aber die Menschen fanden es gut. Nach der Perfektion, die Helene Fischer rüberbringt, könnte sowas vielleicht auch wieder funktionieren. Aber man weiß nie wirklich, was gut ankommen könnte. Es ist unberechenbar. Ich war gerade groß als Schlager allgemein sehr verachtet war. Ich war damals mit Leuten unterwegs, die gegen Schlager schimpften aber trotzdem jeden Text konnten. Ist ja auch verständlich—wenn ich unterwegs bin, singe ich ja auch nicht die Unvollendete von Schubert. Musik wird immer so gern bewertet und gegeneinander aufgestellt, dabei ist das gar nicht nötig.Oft hören Musiker ja privat nicht die Musik, die sie selbst machen.
Ich höre am liebsten klassische Instrumentalmusik. Aber auch den Pixner. Oder Zucchero.Spielen Drogen in der Schlagerszene irgendeine Rolle?
Ich gehe da so blauäugig und blond durch die Welt—wahrscheinlich kommt es schon vor, ich hätte es aber nie bemerkt. Es gab mal einen Fall, da wurde angeblich Koks im Musikantenstadl gefunden. Aber selbst wenn jemand was nehmen würde, mir würde es nicht auffallen.Kennst du Ilse Benkös Wahlkampfsong?
Nein.Er geht so: „I kreiz de Benkö on, blaue Lady".
Muss ich mir anhören.Unbedingt. Würdest du auch einen Wahlkampfsong für jemanden schreiben?
Nein—entweder für alle, oder für keinen. Für alle wäre mir aber zu anstrengend, also entscheide ich mich für keinen, haha.**Folgt Noisey bei Twitter und Facebook.