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Meinung zur Zukunft

8 Dinge, die im deutschen Rap 2018 ganz dringend aufhören müssen

Wenn wir mal ehrlich sind, müsste Deutschrap im Jahr 2018 vor allem mal wieder anfangen.
Fotos: imago/Seeliger | imago/Future Image | Screenshot via YouTUbe aus dem Video "KOOL SAVAS x SIDO EXKLUSIV INTERVIEW mit MC Bogy" von TV Strassensound

Wenn wir mal ehrlich sind, müsste Deutschrap im Jahr 2018 vor allem mal wieder anfangen. Das Jahr 2017 zeichnete sich vor allem durch Eintönigkeit, Mitläufertum und (zugegebenermaßen teilweise hervorragende) Pop-Einflüsse aus. Trap sitzt in der Falle, Gangsterrap stagniert, wenn sich alte Legenden zusammentun, sorgt das höchstens ein paar Tage für Aufmerksamkeit und der Rattenschwanz von Ufo361, KMN Gang und den Palmen aus Plastik-Beats droht eine Plage zu entfachen, von der selbst das Örtchen Hameln noch träumen wird. Also packen wir die Flöte aus und laufen mal etwas durch die Gassen, immer auf der Suche nach Szene-Krankheiten und Rap-Epidemien, die man kommendes Jahr getrost in der Weser oder jedem anderen Fluss versenken könnte. Das war's dann jetzt auch mit den Rattenfänger-Metaphern, versprochen! Hier also die Dinge, auf die wir 2018 im Deutschrap gerne verzichten würden.

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**Noisey-Videos: " **Zu Besuch bei Deutschlands einzigem Grillz-Hersteller":


1. Rapper in Serien

Wir alle haben es mitbekommen: Mit dem riesigen Erfolg von 4Blocks wurden Rapper als Schauspieler mal wieder in den Fokus gerückt. Und in diesem Fall auch vollkommen zu Recht. Denn erstens ist das immer noch besser als Schauspieler, die plötzlich rappen (Yo, Oli.P) und zweitens haben Massiv und Veysel tatsächlich eine respektable Leistung hingelegt. Die Liste der Rapper, die seitdem bei den Produzenten der Serie und dem Hauptdarsteller Kida Ramadan Schlange stehen, um einen Platz in der zweiten Staffel zu ergattern, ist dementsprechend lang. Und auch aus der ein oder anderen TV-Schmiede hört man es schon rumoren, weitere Serien mit Rappern wären längst in der Pipeline. Wir befürchten, dass der Großteil davon ähnlich belastend wie Ekos Blockbustaz wird und bitten die Filmproduzenten darum, diesen Trend mit Vorsicht zu genießen, auch wenn der ein oder andere Rapper damit aus der Bedeutungslosigkeit geholt werden könnte. Es sei denn, GZUZ bekommt eine eigene Serie. Dann sichert uns bitte einen Platz in der ersten Reihe, wir bringen Popcorn mit.

2. Satiriker & Rap

Es ist ein altbekannter Trick: Comedians, Facebook-Moralwächter oder Satiriker nehmen sich gerne mal deutsche Rapper vor, um sich über sie lustig zu machen. Wenn einem Böhmermann (eher selten) oder Shahak Shapira (eigentlich immer) mal nix Neues oder Spannendes einfällt, pickt man sich einen Rapper raus. Im Idealfall Bushido oder Fler. Und dann wird auf dümmlichste Art und Weise irgendein hohler Witz gemacht, der im Normalfall nicht mal für Twitter gut genug wäre. In Verbindung mit dem ein oder anderen Rapper kann man sich aber gewiss sein: Die wütende Reaktion und damit die Aufmerksamkeit der "Kids" lässt nicht lange auf sich warten. Aktuell ist es eben Shapira, der entweder nicht verkraftet, dass Sido in dem Spotify-Format "Talk-O-Mat" keine Ahnung hatte, wer er ist oder schon verdrängt hat, dass er sich vor Kurzem noch in einer "Diskussion" zum Spielball von Kollegah ("Dann mach' ich mit dem Schwarzkopf Fitna wie Adolf Hitler") gemacht hat, um kurz danach auch noch einen grauenhaft schlechten Part auf dessen Mixtape einzurappen. Jedenfalls hat er sich nun zu einem Fler/Nazi-Witz (Hallo, 2004!) hinreißen lassen und postet die wütenden Nachrichten von Flizzy jetzt genüsslich als Werbung für seine anstehende Tour. Cool, Bro! Wie auch immer, eins ist sicher: Rapper müssen aufhören, über jedes Stöckchen zu springen, dass ihnen von selbsternannten Komikern, Satirikern oder gelangweilten FB-Content-Managern hingehalten wird. Glaub uns, Fler!

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3. Money Boy

Auch wenn "Monte Carlo" mal wieder ein veritabler Hit war und Money Boy-Hate schon 2014 langweilig wurde, muss man feststellen: Der Joke ist vorbei. In der Rap-Szene sorgt keiner seiner Moves mehr für Überraschungen oder Kopfschütteln, "I bims" ist längst bei dem unlustigen Spacko-Kollegen mit dem "Bier formte diesen schönen Körper"-Shirt angekommen und sein letzter amüsanter Ausraster ist auch schon wieder eine Weile her. Wenigstens hat Money Boy Medikamenten Manfred (aka den unwitzigsten und unsympathischsten Menschen der Welt) offenbar wieder in der Versenkung verschwinden lassen. Props dafür! Folgerichtig trat der Boy dieses Jahr auf einem Techno-Festival in Polen auf, wo eine ekstatische Crowd das Zirkustier lachend bejubelte. RIP, Money Boy. Wir wissen aber auch: Mbeezy wurde schon oft totgesagt, es gibt keinen Grund, warum er uns 2018 nicht doch alle überraschen sollte. Yolo!

4. YouTube-Rapper

Egal ob ApoRed, LionT, Kayef, Mert, Leon Machère oder auch die Lochis: Rap ist jetzt für alle da. Das ist zwar kein neues Phänomen, scheint aber jedes Jahr grauenhafter zu werden. Ob man sich da wirklich bei KC Rebell und seinem Dagi Bee-Joint Venture bedanken muss, bleibt zwar umstritten, aber sicher ist, dass die ganz jungen Kids die Frage "Bist du real?" (*KC Rebell Voice*) überhaupt nicht mehr interessiert. Background, Skills, musikalische Fähigkeiten – Pustekuchen. Wenn Mert sich gerade mal Shisha rauchend durch FIFA zockt und ApoRed wegen eines Pranks ins Gefängnis muss, guckt man sich eben noch mal kurz an, welche Duschseifen von Rossmann, DM & Co. gerade angesagt sind. Mein persönlicher Favorit ist übrigens der Donut-Duft von Dagi Bee. Einfach, weil ich die Vorstellung, dass YouTuber nach Donut riechen sehr passend finde. Real Rap!

5. EDM- / Afro- / Dark- / Billig-Trap

Ihr glaubt doch nicht wirklich, dass es dazu noch eine Erklärung braucht, oder? Niemand hier steht um brennende Mülltonnen herum und pumpt ausschließlich Boom bap, aber der nächste Rapper, der 2018 um die Ecke kommt und feststellt, dass er plötzlich Trap machen will, sollte auf einem öffentlichen Marktplatz gesteinigt werden. Realtalk!

6. Selfmade Records

Jeder Rapfan in Deutschland sollte wissen, was er dem Label zu verdanken hat (Favorite und Hollywood Hank!) und was nicht ("Holzi Holzi Holz!"). Mit dem Abgang von Genetikk scheint es nun endgültig bergab zu gehen mit der zwischenzeitlichen Speerspitze der DIY-Labels. Die 257ers könnten eigentlich zu Kontor Records wechseln und nach Mallorca ziehen, Favorite wird bei Novoline gesignt und Karate Andi macht, was er schon immer am besten konnte: straighten Underground-Rap. Um Labelgründer Elvir Omerbegovic muss man sich erstens schon lange keine Sorgen mehr machen, und zweitens hat dieser mit seinem neuen Label Divison samt dem dazugehörigem Act RIN schon längst die Weichen für die Zukunft gestellt. Zeit also, sich einmal zu verbeugen und Danke zu sagen. War nett mit euch.

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7. Interviews ohne MC Bogy

Rap-Interviews ohne Bogy sind einfach sinnlos geworden. Sämtliche andere Moderatoren beschränken sich meist darauf, ihre Gäste das übliche Promo-Gelaber abspulen zu lassen, halten es für kontrovers, wenn man sich mit Rappern und Nazis in ein Format setzt, sind einfach seit 20 Jahren zu alt für den Job, lachen hysterisch bei unlustigen Jokes, sollten dringend mal Urlaub machen, sind befremdlich "stolz" auf die Erfolge ihrer Interviewpartner oder loben die jüngsten (meist grauenhaften) Werke der Rapper über den grünen Klee, um free Drinks auf der Record-Release-Party abzustauben. Es ist also an der Zeit zu verhandeln, wie Bogy als einzige Interview-Instanz im HipHop installiert werden kann. Macht euch Gedanken, TV Strassensound!

8. Boxen

Wie auch schon in den letzten Jahren gilt für 2018: Hört mit den Boxen auf! Sämtliche Gründe hierzu wurden in der Vergangenheit schon ausgiebig beleuchtet. Deswegen hier nur noch einmal kurz und knackig: Wenn ich einen Selfiestab, ein T-Shirt, Sticker, Handschuhe, Handschuhe mit denen es möglich ist, das Smartphone zu bedienen, einen Brustbeutel, eine Powerbank, eine Sturmmaske, einen Rucksack, eine Mobile-Box, einen Trinkbecher, eine Bauchtasche, ein Ladekabel, eine Konzert-DVD, eine Kette, Kondome, eine Wintermütze, eine Handyhülle, ein Parfüm, einen Schwimmreifen, einen Turnbeutel, einen Akku oder eine Jogginghose brauche – dann gehe ich ein Geschäft und kauf sie mir, verdammt noch mal!

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