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Kommentar

Das Wien-Konzert hat mich daran erinnert, dass Guns n' Roses reaktionärer Mist ist

Unser Gastautor hat keine nostalgischen Gefühle für Axl Rose und seine Band.

"Immigrants and faggots
They make no sense to me
They come to our country
And think they'll do as they please
Like start some mini-Iran
Or spread some fucking disease
And they talk so many god damn ways
It's all greek to me"
Guns n'Roses, "One in a million", 1989

Es war schon 1992 klar, dass Guns n' Roses der reaktionärste Mist ist, den man sich nur vorstellen kann. Das war damals schon volkstümlicher Deppenschweinsrock für homophobe Rednecks und langhaarige Klan-Sympathisanten. Im Zuge einer längst überflüssigen Reunion-Tour war das Elend zu Gast in Wien.

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Die Geschichte wiederholte sich dieser Tage: Ich war schon wieder nicht am Guns n' Roses-Konzert. Das kommt wenig überraschend. Wer mich kennt, weiß, dass es mindestens einer entsicherten und vorgehaltenen Schusswaffe bedurft hätte, um mich davon zu überzeugen, dieser Kongregation des schlechten Geschmacks beizuwohnen. Ein ausverkauftes Happelstadion, prall gefüllt mit pferdeschwanztragenden Luftgitarristen, Schnauzbarttypen mit ulkigen Zylindern und sonstigen Gestalten, die Jesus-Shirts mit den Slogans "Kill Your Idols" tragen? Danke, aber nein danke. Dabei haben Guns n' Roses in meiner musikalischen Sozialisation eine ziemlich wichtige Funktion erfüllt. Dank der Band lernte ich früh, gut von böse zu unterscheiden.


Hört lieber mal Gabber:


Reisen wir 25 Jahre in der Zeit zurück. 1992 und 2017 waren gar nicht so verschieden. Ein US-Präsident war extrem unbeliebt, im TV lief Twin Peaks und Doctor Who, junge Mädchen banden sich karierte Flanellhemden um die Hüften und in Wien spielte Guns n' Roses.

Bis in die späten 80er-Jahre glaubten viele naiverweise, dass Pop eine Einbahnstraße in die Zukunft sei. "Voran, voran!", hieß das Mission Statement. Eine räudige Hairmetalband aus Los Angeles brachte diese Utopie endgültig ins Wanken. Plötzlich war das Ewiggestrige wieder mehrheitsfähig. Die uralten Rockposen, das gemächtfixierte Männergetue, die lächerlich-langen Haare, die potthässlichen Bandana-Tücher, das nervtötende Gitarrengegniedel, der idiotische Pathos, die schlagerhaften Balladen, die abstoßenden Texte, die dummen Sprüche, das ganze Elend namens Rockmusik.

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Die Errungenschaften des Punk waren nur mehr eine vage Erinnerung aus einer Zeit, die es womöglich gar nie gegeben hat. Nun war alles anders. Die Reaktion hatte mit voller Wucht zurückgeschlagen. Ich war damals 18 Jahre alt und lebte noch in Graz. Viele meiner Freundinnen und Freunde sind in diesem Sommer nach Wien zum Guns n' Roses-Konzert gefahren. Ich bin daheimgeblieben. Aus Protest. Und habe trotzig KLF gehört. Oder zumindest Nirvana. So genau weiß ich das nicht mehr. Kurt Cobain hatte zwar auch lange Haare, aber zusätzlich dieses Händchen für unwiderstehliche Pop-Melodien. Und mit provinziellem Breitarschrock hatte er auch nichts am Hut.

Kurt Cobain ist schon lange tot. Axl Rose lebt immer noch. Aber was für ein Leben ist das eigentlich? Er sieht inzwischen aus wie seine eigene Madame Tussauds-Figur und muss gemeinsam mit den verfeindeten Bandkollegen durch die Fußballstadien der Metropolen tingeln, um sich dort mit gebrochener Stimme an den ewig gleichen, alten Kamellen abzuarbeiten. "November Rain" das ganze Jahr über. Und als Zugabe "Knocking on Heaven's Door". Immer und immer wieder. Gute Güte, man möchte den armen Tropf fast in den Arm nehmen und trösten. Fast. Dann erinnert man sich an die intelligenzbefreiten Lyrics von "One in a Million" und freut sich ein bisschen über so viel ausgleichende Gerechtigkeit.

Epilog: Ich war weder 1992 noch 2017 im Stadion. Ein anderer Steirer schon. Nämlich Andreas Gabalier. Zumindest wird das auf den einschlägigen Social Media-Kanälen behauptet. Er ist offenbar ein großer Fan. Das passt. Dass sich ausgerechnet der Volks-Rock'n'Roller als Erbe der Roses versteht, ist auch ideologisch schlüssig. Man sieht das Bild förmlich vor sich: Axl und Andi. Hand in Hand. Und im Hintergrund läuft "Sweet Child o'Mine".

Edit: In einer vorherigen Version hatten wir "1991" statt "1992" stehen. Ja, auch beim Schimpfen passieren manchmal Fehler. Wir entschuldigen uns.

Wolfgang Zechner ist Journalist und Autor. Wenn es ihm in den Kram passt, schreibt er auch über Popmusik. Ihr erreicht ihn via Email (zechner.wolfgang@gmail.com) oder auf Twitter (@WoZechner).

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