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YouTuber und Instagram-Models sehen alle gleich aus und machen das Internet kaputt

Brecht euch die Knochen, fotografiert eure Bäckerin, singt schief saudumme Rihanna-Hits und lasst eure Katzen wieder Klavier spielen. Reclaim the Internet.

Nach wie vor gilt die Faustregel: Auf Instagram berühmt zu sein, ist in etwa so geil, wie es bei Monopoly zu etwas Wohlstand gebracht zu haben. Aber was soll man tun, wenn es eben nicht reicht, zur Superbowl-Halbzeitshow (Hallo Coldplay, hat nicht gereicht. Danke, Ciao). Ich bin ja selber riesen Fan (Please follow me on Instagram: @starcaztle), insofern beschwere ich mich gar nicht. Das selbstbestimmte überlassen eines Foto-Kadavers, ohne die Gefahr, einer Nerven zerreibenden Diskussion über Walfang in Japan oder das Leiden der Tanzbären in Burmesien (Boah Facebook, du nervst) ausgesetzt zu werden, das ist es, was mir so gefällt. Hier kann ich noch ich sein und sarkastische Hashtags setzen, ROFL.

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Auch auf YouTube wimmelt es von Menschen, die Videos von sich mit der Welt teilen möchten. Da gibt es den verträumten Fusselbart-Träger, der die Saiten seiner Gitarre behandelt, als würde er gerade zu einem Esel-Porno onanieren, den Typen der sich beim Schreinern filmt (ja wirklich, das ist garantiert kein Pseudonym für irgendeine schräge Sexpraktik), die sweeten Girls mit den aufgemalten Augenbrauen, die Rap-Songs in schnulzige Balladen verwandeln (Ich liebe dich,

Meltem

) und dabei mit ihren Fingern auf einem imaginären Mikrophon auf und ab tänzeln, oder die zwei schüchternen Jungs, die mit einer verwackelten Handykamera dabei gefilmt werden, wie sie Rihanna in Grund und Boden singen. Unter anderem für euch wurde YouTube gemacht.

Natürlich kann man sich auch lila Dreadlocks flechten, einen Barcode in den Nacken tätowieren lassen und alles voll scheiße finden, was mit sozialen Medien zu tun hat. Ist ja ein freies Land, hust hust, BRD GmbH. Aber dann ist die Gefahr, dass ihr Brennessel-Tee trinkend auf irgendeiner angsteinflößenden Veranstaltung steht und mir was vom "Selfie-Holocaust" erzählt, eben sehr hoch. True Story, by the way.

Egal ob schlechter Rap, Selfie mit C-Promi, ein voller Aschenbecher (#deep) oder LOL-Meme, es gibt regelmäßige Fütterungszeiten und bekannte Parameter. Und wer sich daran hält, der lässt das dressierte Monster von Tag zu Tag wachsen, je nachdem wie fleißig oder interessiert jemand an dieser Art der Selbstdarstellung ist. Zwingt einen ja keiner. Natürlich wäre es bedeutend besser, wenn man jeden Tag nach draußen geht und den Kapitalismus bekämpft, in dem man eine Schaufensterscheibe einwirft, keine Frage. Aber ich erwarte ja gar nicht, dass alle gleichzeitig so kluge Ideen haben. Jeder Mensch hat eben andere Prioritäten.

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Aus Selbstschutz weigere ich mich persönlich zum Beispiel, Fotos mit der Instagram-Kamera zu knipsen. Ich überlasse der Plattform—generös wie ich bin—etwas aus meiner privaten Galerie, nicht die Plattform gibt mir die Möglichkeit, ein Foto zu schießen. So rede ich es mir ein. Selten dämlich, klar. Aber es beruhigt mich oberflächlich, genauso wie das Wissen um die Tatsache, dass niemand nachts in meinem Schrank wartet um mich umzubringen. Ich veröffentliche Selfies, Skylines und manchmal auch mein Abendbrot. Man nehme mir die Beichte ab. Aber genau dafür ist der Blödsinn eben auch da.Instagram wurde für euch erschaffen, ihr verkappten Kunstfotografen, Sonnenuntergang-Liebhaber und Wannabe-Models. Es ist genauso für die ironischen „Was ist das für 1 Life“-Poster wie für die Menschen, die gerne ihre Avocado-Semmel verewigen. Who cares, besser als einen Bauspar-Vertrag zu unterschreiben ist das allemal. Was wirklich stört, seid ihr anderen. Ihr Profi-Selfie-Queens mit euren 600 baugleichen Fotos und Hashtag-Massaker veranstaltenden Spaßverderber. Ihr #followforfollow-Nervensägen und "Ich hab heute eine Tüte Lipgloss bei Rossmann gekauft"-Versager. Ihr 20 Millionen-Abonnenten-Vollpfosten mit Fönfrisur und Werbedeal. Ihr fleischgewordenen Sami Slimanis. (Oder ist das wirklich ein Lebewesen?)

Ihr seid scheiße und ihr verderbt anderen den Spaß am Dilettantismus. YouTube ist das beste Beispiel. Die Plattform ist tot. Danke, Angela Merkel..äääh…Dagi Bee. Klavier spielende Katzen, sich Knochen brechende Skateboarder und andere zufällige Entdeckungen wurden längst überholt von einer unglaublichen Massen an professionell vermarkteten Hohlbirnen, die mit ihrem gekünstelten Lachen eine ganze Generation dazu animieren, Dreck zu kaufen, den niemand braucht und über Gags zu kichern, die nicht witzig sind. Um Leuten zu gefallen, die sie nicht kennen und um…Ihr kennt das Spiel.

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Auf Instagram ist es nicht viel besser. Das Herz springt im instagramschen Quadrat, wenn man beim abendlichen Stalking plötzlich auf ein Profil mit einem normalen Mädchen verirrt, die nicht aussieht, als wäre sie dem Schruns-Tschaggunser Kardashian-Clan entsprungen oder sich auf merkwürdigen Videos einen Finger vors Gesicht hält, während im Hintergrund irgendein fancy US-Trap-Hit läuft. (Nicht, dass ich Instagram-Profile stalken würde, aber ich hab' davon gehört). Um es ganz offen zu sagen: Nichts ist so langweilig wie ihr. Nicht mal Snapchat, das Dschungelcamp der sozialen Medien, das ich immer noch nicht verstanden habe. Wann begreift ihr endlich, dass ihr alle exakt gleich seid? Gleich deep, stylish und lame. Deal with it!

Und deshalb wird es Zeit für den Aufstand. Für die digitale Revolution. Für mehr Dilettantismus. Wenn ihr euch schon nicht traut, eine Schaufensterscheibe einzuwerfen, dann hört wenigstens auf, diesen Menschen zu folgen. Schmeißt ihnen symbolisch die Hütte ein. Denn sie zeigen euch nicht mal ein richtiges Leben im falschen, sondern ganz dummdreist ein falsches im falschen. Da wird doch der Adorno in der Pfanne verrückt. Ich habe heute den Anfang gemacht und Kylie Jenner Kardashian entfolgt. Ein bescheidener Anfang, aber besser als gar nichts. Also, auf geht's! Brecht euch die Knochen, fotografiert eure Bäckerin, singt schief saudumme Rihanna-Hits und lasst eure Katzen Klavier spielen. Reclaim the Internet.

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