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Eine Anleitung, um dem Eurovision Song Contest komplett zu entgehen

Du hasst groteske Großveranstaltungen UND schlechte Musik? Dann wird dir dieser Guide helfen, den harten Monat vor dem Song Contest möglichst schadlos zu überstehen.

Du gehörst zu den Menschen, die Großveranstaltungen und all den Wahnsinn, der mit ihnen verbunden ist, abgrundtief verachten? Du hast ein akutes Problem mit grotesker medialen Inszenierungen UND bist kein Fan von mittelmäßiger bis grauenhafter Musik? Dann bist du vermutlich einer jener Menschen, die in panischer Angst vor all dem leben, was uns der diesjährige Eurovision Song Contest, welcher am 23. Mai zum 1. Mal seit 1967 wieder in Wien stattfinden wird, bescheren wird. Doch lass den Kopf nicht hängen: Auch wenn du dir momentan wie ein Außenseiter vorkommst, bist du mit deiner radikalen Abneigung nicht alleine. Dieser Guide soll Leuten wie dir helfen, dem Eurovision-Grauen in möglichst allen Lebensbereichen zu entgehen.

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Ich will ehrlich mit dir sein: Absolute Sicherheit vor dem Song Contest wirst du in diesem Land bis zum 23. Mai vermutlich nur haben, wenn du dich als Einsiedler in einer Gebirgshöhle über 2000 Metern Seehöhe verschanzt. Auch wenn du dich an diesen Guide hältst, besteht weiterhin ein ESC-Restrisiko. Mithilfe dieser unkomplizierten Anleitung wirst du deine Lebensqualität aber immerhin wieder deutlich heben und den Frühling trotz Song Contest zumindest phasenweise genießen können:

Verwende öffentliche Verkehrsmittel im Bereich um die Stadthalle nur mit Kopfhörern

Auch in der U6 bist du vor dem ESC nicht sicher. Foto: Gunther Z./Wikimedia/CC 3.0

Dass die Wiener Stadthalle—der Austragungsort des ESC—für dich Sperrgebiet ist, dürfte dir vermutlich auch ohne meinen Rat klar sein. Wenn du dich wirklich effizient schützen willst, solltest du Teile des 15. Bezirks ohnehin nur in Notfällen betreten. Große Acht musst du aber auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln geben: Seit kurzem werden die Durchsagen in den Wiener Linien rund um die Stadthalle nämlich von niemand geringerem als der omnipräsenten Conchita Wurst gesprochen. Konkret heißt das für dich, dass du als ESC-Feind entweder völlig auf Linien wie die U6 verzichten, oder sie ausschließlich mit Gehörschutz oder Kopfhörern verwenden solltest.

Meide den Raum rund um das Rathaus großräumig

Bald wird hier alles voller Songcontest-Zeugs sein. Schrecklich. Foto: Berthold Werner/Wikimedia/CC 2.5

Wenn es neben der Wiener Stadthalle selbst einen Ort gibt, den du unter allen Umständen meiden solltest, dann ist es die Ringstraße bzw. ganz konkret der Rathausplatz. Dort wird eine ganze Ortschaft deines persönlichen Grauens entstehen: das ESC-Village. Ja, du hast richtig gehört—ein ganzes verdammtes Dorf, in dem sich wochenlang alles um deinen größten Albtraum drehen wird. Um deine Nerven zu schonen, will ich gar nicht auf die Details des dortigen Programms eingehen.

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Verzichte zudem auf die Straßenbahnlinien 1, 71 und D—setze stattdessen auf die U2, sie umfährt den Wahnsinn unterirdisch. Wenn du etwa Hauptuni-Student bist, ist dieser Punkt für dich essentiell. Auch Burgtheater-Besuche stehen nicht zur Debatte, außer du schließt beim rein- und rausgehen konsequent die Augen. Und trägst Kopfhörer. Nein, ganz ehrlich, bleib zu deiner Sicherheit einfach von dort weg.

Pass auf, welches Taxi du bestellst

Grundsätzlich steht Fahrten mit dem Taxi auch in der ESC-Zeit nichts im Wege. Vorausgesetzt du stellst, wenn du beim Taxiunternehmen anrufst, sicher, dass dir nicht eines der 150 extra für den Song Contest gebrandeten Taxis in Wien geschickt wird. Generell stellt für dich in den nächsten Tagen so ziemlich alles eine Gefahr dar, was als Werbefläche nutzbar ist, denn die Building Bridge-Kampange, die anlässlich des Song Contests stattfindet, ist gigantisch. Eine weitere zumindest optisch gebrandete Zone ist etwa der neue Wiener Hauptbahnhof. Es kann dir zudem auch passieren, dass du auf eine Bim oder einen Reisebus im ESC-Design triffst, stell dich mental lieber schon darauf ein.

Meide das Salzkammergut

Screenshot via The Makemakes

Du hast gedacht, der Wahnsinn beschränkt sich auf das Stadtgebiet von Wien und fragst dich jetzt, was denn das schöne Salzkammergut mit dem Song Contest zu tun hat? Ich will es dir sagen: Unsere diesjährigen ESC-Vertreter, The Makemakes, kommen, wie ich (Bussis an dieser Stelle!), aus der Gegend um Mondsee. Und wie du dir sicher vorstellen kannst, verlieren einige Leute dort vor Freude fast den Verstand.

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Ein Beispiel: Wenn du die A1-Autobahn-Abfahrt Mondsee nehmen müsstest, würdest du unmittelbar mit diesem Plakat der Band konfrontiert werden. Du würdest in Mondsee wahrscheinlich nicht einmal einen Einkauf im Supermarkt tätigen können, ohne an der Kassaschlange eine Unterhaltung über den Song Contest führen zu müssen. Du willst dir das nicht antun. Glücklicherweise dürfte sich der Rummel zumindest bis zur Badesaison, die meist eh nicht vor Juni beginnt, wieder einpendeln. Ähnlich strenge Vorsichtsmaßnahmen gelten übrigens für Bad Mitterndorf im Salzkammergut—der Heimatort von Conchita Wurst wird wohl bis ans Ende aller Tage Song Contest-infiltriertes Gebiet bleiben, und ist für dich als Song Contest-Verachter bis auf Widerruf strikte Sperrzone.

Verzichte auf sämtliche Kanäle des ORF

Und ich sage das nicht nur, um gegen die mediale Konkurrenz zu wettern. Auf FM4 und Ö1 hast du ja eventuell sogar die Chance, dem Song Contest zumindest einige Stunden am Stück zu entgehen. Auf Ö3 und ORFeins wird das in der kommenden Woche aber alleine wegen dem Werbeaufkommen nicht mehr möglich sein.

Ich empfehle ORFeins sicherheitshalber einfach gleich von Programmnummer 1 zu entfernen und weit nach hinten zu platzieren, um versehentliches Einschalten zu vermeiden. Falls du ein ORF-Heavy User bist und dir deine tägliche Dosis öffentlichlich-rechtlichen Bildungsauftrag nicht nehmen lassen willst: Nimm dich zumindest vor „Wien heute" in Acht, dort wird sogar ein eigenes Song Contest-Magazin ausgestrahlt.

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Bleib am 23. Mai einfach in deiner Wohnung

Schon ab Beginn der Halbfinal-Shows am 19. Mai stellen Anwendungen des Web 2.0 eine zu große Gefahr für dich dar. Nutze die Gelegenheit, um endlich einmal eine Woche am Stück auf Facebook oder Twitter zu verzichten—das hast du dir doch vermutlich ohnehin schon längst einmal vorgenommen. Lies vielleicht einfach mal wieder ein Buch.

Am Tag des ESC-Finales selbst ist dann—so leid es mir tut—völlige Isolation angesagt. Public Viewings werden an jeder Ecke des Landes lauern. Optional gibt es in Wien aber doch paar Locations, die auf Public Viewings verzichten werden: Etwa Hermanns Strandbar, das alte AKH oder das WUK. Aber nur weil dort keine großen Leinwände stehen werden, heißt das noch lange nicht, dass du vom Geschehen in der Stadthalle keine Notiz nehmen würdest.

WARNUNG: Sei im Anschluss des Song Contests nicht leichtfertig und denke, dass du nun ausgelassen feiern kannst, dass der Wahnsinn endlich ein Ende hat—das wird nämlich nicht der Fall sein. Der ESC wird bis Mitte der Folgewoche konstante Nachwehen mit sich bringen. All zu gut sind mir die „Conchita"-Sprechchöre in Erinnerung geblieben, die in der Nacht nach dem letztjährigen Sieg gebrüllt wurden (und bei denen ich, ehrlich gesagt, schon auch ein bisschen mitgebrüllt habe).

Folgt Tori auf Twitter: @TorisNest