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In Deutschland will man mit Technik gegen Alkoholsünder ankämpfen

Gute Idee. Aber wir befürchten, der Verkehrsminister hat das nicht zu Ende gedacht.

Symbolfoto: imago | Steinach

Ein Schaltknüppel, Bremse, Gaspedal, Motor, etwas Blech drumherum: Zack, fertig, Auto! So war das früher, als Hausmeister noch nicht "Facility-Manager" hießen und es Cola nur in einer Geschmacksrichtung gab: Cola. Heute ist bereits in einem Mittelklassewagen mehr Elektronik verbaut als in allen Atomreaktoren der 70er Jahre.

Inzwischen ist die reingepumpte Technik derart ausgereift, dass mit ihr auch immer mehr die Ethik Einzug in die Welt der Fahrzeuge hält. Wir stehen zum Beispiel vor der Frage, ob wir autonomen Fahrsystemen die Entscheidung überlassen, wen sie lieber überfahren wollen.

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Nun macht sich dieser Tage der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt für eine technische Neuerung stark, die all jenen als Entscheidungshilfe dienen könnte, bei denen der moralische Kompass signifikant im Arsch ist. Die Rede ist von "Alkohol-Interlock-Systemen"—In anderen Worten: "Don't drink and drive".

"Das Starten des Motors ist ohne vorherige Alkoholmessung nicht möglich", ist in der Kabinettsvorlage zu lesen, die in dieser Woche von der Ministerrunde verabschiedet werden soll. Mit anderen Worten: Der Fahrer muss erst in ein Gerät blasen. Stellt die Technik dann einen unzulässigen Alkoholpegel fest, hindert das Auto den Fahrer am Starten. Somit würde sich einem gar nicht erst die Frage stellen, ob man angeschwipst nach Hause fahren sollte. Vor allem für Alkoholsünder soll diese Wegfahrsperre verpflichtend eingeführt werden, wie die Passauer Neue Presse aus dem Unfallverhütungsbericht des Verkehrsministeriums erfahren haben will.

Bedenken bei autonomen Fahrsystemen sind durchaus nachvollziehbar—erst kürzlich ist wieder ein tödlicher Unfall geschehen, weil ein Tesla-Autopilot einen Lkw für ein Verkehrsschild hielt. Doch auf den ersten Blick spricht kaum etwas gegen die Einführung dieser Anti-Arschloch-Wegfahrsperre. Außer der Bezug zu Österreich vielleicht. Mit dem Verkehrsminister Leichtfried wurde die Idee des "Alko-Locks" bereits zum dritten Mal zu Grabe getragen.

Die Gründe sind verständlich, denn es gibt schwerwiegende Unterschiede zum schwedischen Erfolgsmodell. Erstens müsste der Steuerzahler laut Kurier die Kosten für den Einbau selbst tragen, zweitens ist die Moralmaschine für Alkohol am Steuer rechtlich schwer umsetzbar.

Beim zweiten oder dritten Hinsehen lässt sich aber natürlich immer ein Szenario kreieren, das Zweifel an der Nutzbarkeit der Technik aufkommen lassen kann. Wer garantiert mir, dass im Fall einer Zombie-Apokalypse das Gerät immer einwandfrei funktioniert und ich mein Auto weiterhin als Fluchtoption nutzen kann? Oder man sich genug Mut angetrunken hat, um in einer nicht allzu fern liegenden Zukunft den reinkarnierten Hitler zu überfahren?

Aber neben diesen eher unwahrscheinlichen Szenarien ist es wohl eher wahrscheinlich, dass sich in Deutschland gegnerische Stimmen finden werden, die das Projekt zum Scheitern bringen.