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Ein paar Länder, in denen Nichtraucher noch schlechter geschützt werden als in Österreich

Keine Ahnung, was ihr habt. Neben Nordkorea, China und Weißrussland steht Österreich eigentlich ganz gut da.
Screenshot: YouTube

Österreich hat eine aufdringliche Leidenschaft für Bergsport und Oralsex, es gibt eine erschreckend hohe Dichte sogenannter "geistig abnormer Rechtsbrecher" (die Gründe dafür sind vielfältig) und das eine Musical, auf das sich das Österreich-Bild der ganzen Welt stützt, wird hierzulande einfach konsequent ignoriert. (Es heißt irgendwas mit "Sound" oder "Music".)

Eine andere Eigenart Österreichs ist das "Schau ma mal-Prinzip", was so viel bedeutet wie: In der Praxis wird versucht, alles möglichst lange aufzuschieben. In der Zeit dazwischen erfindet man dann möglichst komplizierte Übergangslösungen, an die sich im Endeffekt keiner hält. Die "Österreichische Lösung" hat sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag.

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Ja, es ist traurig. Gemeint ist eine Form von Kompromiss, bei der alle Beteiligten unzufrieden sind – ein paar historische Beispiele gibt's hier. Es dürfte also eigentlich niemanden mehr wundern, dass Österreich im Nichtraucherschutz aktuell einen Gegentrend einläutet. (Wir fallen ja nicht zum ersten Mal unangenehm auf.)

Seit 1. Jänner 2009 gilt in Österreich für die Gastronomie ein generelles Rauchverbot. Natürlich mit Ausnahmen. Nach einer Übergangsfrist für Umbauarbeiten und einer Neuregelung dürfen seit Juni 2010 Lokale das Rauchen nur noch dann erlauben, wenn der Raucherbereich vollständig abgeschlossen und nicht kein Durchgang zum Nichtraucherbereich ist. Oder aber wenn das Lokal insgesamt nicht größer als 50 Quadratmeter ist.

Mit dieser Regelung sind jedoch immer noch viele Lokale in Österreich aus dem generellen Rauchverbot ausgenommen. Außerdem – und wieder kaum überraschend für Österreich – wird das Verbot behördlich kaum kontrolliert, was weitere kuriose Phänomene auf den Plan gerufen hat: selbsternannte Rauch-Sheriffs zum Beispiel.

Nach langem Hin und Her konnte sich die rot-schwarze Regierung dazu durchringen, dem europäischen Trend zu folgen, und einigte sich auf ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie ab 2018. Mitbeschlossen wurde das Gesetz damals übrigens vom Kanzler in spe Sebastian Kurz, der damals auch Testimonial für Anti-Rauch-Kampagnen war.

Mitbeschlossen wurde das Gesetz damals übrigens vom Kanzler in spe Sebastian Kurz, der damals auch Testimonial für Anti-Rauch-Kampagnen war.

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In Österreich rauchen traditionell relativ viele Menschen, was sich im laschen Nichtraucherschutz widerspiegelt. Zwar hat sich in den letzten Jahren einiges verbessert – der Anteil der 15-jährigen Raucher hat sich etwa im Vergleichszeitraum 2003 bis 2015 halbiert – trotzdem liegt Österreich mit einem Raucheranteil von 24,1 Prozent nach wie vor über dem OECD-Durchschnitt.

Und auch der Raucherinnen-Anteil ist mit rund 20 Prozent überdurchschnittlich hoch. Die OECD empfiehlt Österreich in ihrem Gesundheitsbericht 2017 daher eine stringentere Umsetzung der Gesetzgebung im Bereich des Nichtraucherschutzes. Und stringent ist die Umsetzung ja, nur nicht im Sinne der OECD.

Denn das für Mai 2018 angedachte absolute Rauchverbot in der Gastronomie ist nun den Koalitionsverhandlungen von FPÖ und ÖVP zum Opfer gefallen. Weil die Verhandler selbst keine besseren Ideen hatten, wurde Deutschland zur Vorlage für das neue Gesetz. Dadurch entstehen aber kaum Vorteile im Sinne des Nichtraucherschutzes.

Vorbild sei das sogenannte "Berliner Modell", das die Regierungsverhandler für diesen PR-Stunt als Begriff überhaupt erst erfunden haben: Ausnahmen vom Verbot bei Betrieben bis zu 70 Quadratmeter, deutlich sichtbare Ausweisung als Raucherlokal und Zutrittsverbot für unter 18-Jährige.


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Damit bleibt dieses seltsame kleine Alpenland vermutlich noch länger der "Aschenbecher Europas" und Schlusslicht im europäischen Tabak-Kontroll-Ranking. Während Lungenkrebsspezialisten und Gesundheitsexperten ihr Leben nicht packen, üben wir uns in einer anderen österreichischen Qualität: Der "Is ja alles nicht so schlimm"-Strategie.

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Europa ist schließlich nicht das Maß aller Dinge. Und man soll auch nicht immer so negativ sein. Hier ein Vergleich mit anderen Ländern, die das österreichische Nichtraucherschutzgesetz immer noch ziemlich gut aussehen lassen.

Indonesien

Laut Jakarta Post beginnen jährlich rund 3,5 Millionen Kinder zwischen 10 und 14 Jahren zu rauchen. Insgesamt raucht in Indonesien ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Der Inselstaat hat als einziges Land Asiens das Rahmenabkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs der WHO nicht unterzeichnet.

Steuerbegünstigungen und geringe Restriktionen für Werbung unterstützen indirekt die Tabakindustrie. Außerdem fehlt es an flächendeckenden Aufklärungsmaßnahmen: Noch immer halten viele Menschen in Indonesien rauchen für gesund.

China

Die 300 Millionen chinesischen Raucherinnen und Raucher machen ein Drittel des weltweiten Tabakkonsums aus. Jeder dritte Chinese dürfte laut einer Studie des Medizinjournals The Lancet an den Folgen des Rauchens sterben, wenn sich die Rauchgewohnheiten nicht ändern.

Zwar hat China mittlerweile Rauchverbote in öffentlichen Gebäuden wie Spitälern und Schulen eingeführt, und auch Werbung für Tabakwaren wird heute reguliert, weil China aber der weltgrößte Tabakproduzent ist, geraten die ökonomischen Interessen des Landes immer wieder mit den gesundheitlichen Zielen in Konflikt. Auch die Steuern auf Tabakwaren sind nach wie vor niedrig, was indirekt den Konsum fördert.

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Nordkorea

Der Lieblings-Bösewicht der Welt hat natürlich auch ein Tabak-Problem. Schätzungen zufolge rauchen 43 bis 54 Prozent der männlichen Bevölkerung in Nordkorea, die Rauchverbote sind relativ lasch. Der Machthaber Kim-Jong Un soll wie sein Vater und Großvater Kettenraucher sein. Als 2016 eine große Nichtraucher-Kampagne anlief, wurde der Diktator rauchend in einem Kinderferienlager fotografiert.

Bisherige Versuche, den Nichtraucherschutz zu stärken, scheiterten in Nordkorea nicht zuletzt daran, dass sich die Vorbildwirkung des Kim-Clans in Grenzen hält. Lange galt das Land somit als "Raucherparadies". In den letzten Jahren entstand jedoch großer Druck vonseiten der weiblichen Bevölkerung, den Tabakkonsum stärker zu kontrollieren.

Weißrussland

Mit der "letzten Diktatur Europas" verbindet man vieles, Fortschritt ist nicht unbedingt dabei. In dem Land, das nach wie vor die Todesstrafe vollstreckt und in dem der repressive Geheimdienst immer noch KGB heißt, dürfen Polizisten seit 2013 nicht mehr in Uniform Rauchen. Seit November dieses Jahres werden auch dort grafische Warnhinweise auf Zigarettenpackungen gedruckt. Seit 2013 gilt ein Rauchverbot in der Öffentlichkeit, das auch für die Gastronomie gilt … oh, shit.

Trotzdem. Allgemein gilt, beruhigt euch: Es geht immer noch ein bisschen schlimmer. Und immerhin haben sich die Koalitionsverhandler nicht darauf geeinigt, wieder die Todesstrafe einzuführen. Wir haben Weißrussland also doch noch etwas voraus. Schau ma mal!

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