MC Bogy Wohnung Lankwitz Bong
Alle Fotos: Rebecca Rütten

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Popkultur

MC Bogy zeigt uns die größten Schätze aus seiner Wohnung

"Ihr könnt alles fragen, ihr seid ja nicht die Bild", erklärt MC Bogy, guckt sich in seiner Wohnung um und zündet sich einen Joint an.

Wir stehen im Kameradenweg in Berlin / Lankwitz und warten. MC Bogy will noch kurz aufräumen. Es passt, dass der Rapper ausgerechnet in einer Straße mit diesem Namen wohnt. Wenn man überhaupt noch jemanden als "Kamerad" bezeichnen möchte, dann wahrscheinlich Bogy. Sehr kameradschaftlich dann auch die Begrüßung, als er den tätowierten Kopf aus dem Fenster streckt und uns auf gewohnt sympathische Art nach oben bittet. An der Wohnungstür geht's dann in bester Schenkelklopfer-Manier weiter: "Schuhe könnt ihr anlassen, nur beim Rausgehen einmal abputzen, bitte."

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Bogy hat jede Menge zu tun dieser Tage: Promo-Stress für die eigene Platte und Interviews mit anderen Künstlern, die er für TV Strassensound führt. Letzte Woche ist sein Album 100% erschienen. Nicht nur ist es jetzt schon ein stabiler Westberlin-Klassiker, trotz aller berechtigten Nostalgie ist es wahrscheinlich auch Bogys bestes Album.

Und weil er dauernd Fragen gestellt bekommt oder anderen Leuten Fragen stellt, haben wir beschlossen, etwas anderes sprechen zu lassen: Bogys Wohnung. Dass vorher niemand auf diese Idee kam, ist ein kleines Mysterium, schließlich handelt es sich um eine Art 90er-Jahre-Museum, ein Schrein voller Trueschool-Überbleibseln und Südberlin-Ikonen. "Wat wollt ihr denn sehen? Ihr könnt alles fragen, ihr seid ja nicht die Bild", erklärt er, guckt sich in seiner Wohnung um und zündet sich einen Joint an. Dann beantwortet er die Frage sofort selber, als sein Blick auf eine Jacke fällt: "Das hier ist was ganz Besonderes." Und schon sind wir mitten drin im Bogy-Universum, in dem es mehr Oldschool-Anekdoten und Straßengeschichten gibt als auf jedem Eastcoast-Klassentreffen.

Eine LA Lakers Jacke von MC Bogy

"Das ist mein wichtigstes Textil!", erklärt er und nimmt die Jacke von der Türklinke. Bogys erste Basketball-Jacke war logischerweise auch gleich ein Klassiker, so wie er selbst einer ist. Dieses lilafarbene Heiligtum der Los Angeles Lakers gehörte damals in Westberlin zum guten Ton. Wer sie nicht hatte, war am Arsch und wer sie hatte eventuell auch.

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MC Bogy zeigt seine LA Lakers Jacke

Denn damals hieß es, die Jacke vor möglichen Neidern zu verteidigen. Bogy bekam sie von seinen Eltern zum Geburtstag. "Die musst du verteidigen, die hat ein Vermögen gekostet", gab ihm sein Vater noch mit auf den Weg. Folgerichtig hat Bogy die Jacke heute noch, auch wenn sie ihm längst nicht mehr passt. "Sieht aus wie 'ne Zwangsjacke heute. Ich hab noch 'n Bild, wo ich die trage", freut er sich und zieht ein Fotoalbum hervor, das er aufgeregt durchsucht. Leider findet sich das Foto dann doch nicht. "Liegt vielleicht bei meinem Produzenten B-Lash", grübelt er, ohne zu einer Lösung zu kommen. "Na ja, egal, dann lass doch über Musik reden."

MC Bogys Lieblingsvinyl von Big Pun

Sehr gerne. Die Frage nach seiner Lieblings-Vinyl lässt sich dann auch einfach beantworten: "Das ist die hier. Von Big Pun." Den im Jahr 2000 verstorbenen Rapper hat Bogy auch auf den Arm tätowiert. Neben der Vinyl, die seit geraumer Zeit an seiner Wand hängt, bekam er vor kurzem noch eine zweite Originalpressung des Albums. Und zwar von Eko Fresh. "Wir hatten früher 'n schwieriges Verhältnis. Aber dann haben wir uns so gefreut, als wir alles geklärt hatten, dass wir uns gegenseitig beschenkt haben. Ich hab ihm die Raheem-Platte von Rap-a-Lot Records geschenkt und er mir die hier. Make love not war, ne?" Und die andere Platte, wo kam die her? "Ach, das weiß ich gar nicht. Ich hab früher mit Frauenarzt oft Platten und CDs geklaut. Vielleicht war die da dabei."

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MC Bogy mit einem Tape von Frauenarzt und einem Joint in der Hand

Apropos Frauenarzt. Neben den amerikanischen Oldschool-Klassikern hat Bogy natürlich auch eine beachtliche Sammlung an alten Westberlin-Tapes. Umständlich versucht er eine für uns aus dem kleinen Schrein zu fummeln und erschrickt, als die Kassette beinahe auf den Boden fällt. "Das ist das erste Arzt-Tape von 1998. Der Startschuss quasi." Die Tapes werden heute auf den entsprechenden Portalen zu Unsummen gehandelt. "Das wussten wir damals ja nicht, was für eine Reichweite das bekommt. Da haben irgendwelche Bitches das für uns zusammengeklebt." Er guckt kurz zu unserer Fotografin und lacht. "Das klingt jetzt vielleicht kontrovers, aber hättet ihr die Frauen damals gesehen, mit denen wir rumgehangen haben, dann würdet ihr verstehen, warum ich jetzt Bitches sage." Damals gab es wohl auch schon Leute, denen diese Ausdrucksweise nicht passte. Bogy versucht, sich an eine Geschichte aus dem Studio zu erinnern, als eine Horde Linksautonomer sich "mit dem Bassboxxx-Humor nicht so anfreunden konnte". Was genau passiert ist, weiß er nicht mehr, aber es gab wohl den ein oder anderen "Kulturschock".

Diverse Gegenstände in MC Bogys Wohnung, darunter eine Bong, eine Flasche Schnaps, Vinyls und andere Tonträger

Was hat es eigentlich mit den ganzen Actionfiguren auf sich? "Ach na ja, Scarface und so, das hat man halt. Jeder Zweite wollte ja Tony Montana sein. Ich hab mir den dann ja auch tätowieren lassen." Er hebt sein T-Shirt hoch: "Aber wär lieb, wenn du 'nen Waschbrettbauch draus machst, ne?"

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Scarfae Tattoo auf MC Bogys Bauch

Er holt vorsichtig eine der Actionfiguren vom Schrank. "Scarface war schon cool. Aber mein erstes Vorbild war ganz klar He-Man." Dann kramt Bogy einen Stoß He-Man-DVDs hervor. "Da hat mir letztens jemand einen guten Preis gemacht. Und alle, die nicht an Gott glauben, denen zeig ich immer Weihnachten auf Eternia." Allgemeines Gelächter, obwohl nicht auszuschließen ist, dass er das durchaus ernst meint. Bogy betrachtet die DVDs. "Ich hatte größtenteils 'ne sehr schöne Kindheit." Kurze Denkpause. " He-Man hab ich schon vor Bassboxxx gepumpt."

MC Bogy mit einer He-Man Actionfigur
MC Bogy mit Masters of the Universe He-Man DVDs

Direkt neben den Dutzenden Actionfiguren hängen ein Mike-Tyson-Plakat und ein Paar Miniatur-Boxhandschuhe. "Tyson gibt ja eigentlich keine Autogramme. Aber die hier sind unterschrieben von ihm. Hat mir ein Freund von Paffen Sport besorgt. Normalerweise macht der nur bezahlte Autogrammstunden, da zahlt man 100 Dollar oder so pro Autogramm. Gönn ich ihm aber auch." Jedes einzelne Teil hat seine Geschichte und Bogy pflegt seine Andenken mit äußerster Sorgfalt. Extrem vorsichtig nimmt er die Handschuhe von der Wand.

MC Bogy mit Miniatur-Boxhandschuhen, unterschrieben von Mike Tyson

Für Bogy ist Tyson einer der besten Boxer aller Zeiten. Wie sah es denn mit der eigenen Karriere aus? "Ach na ja, da hätt ich längere Arme für gebraucht. Ich war eher Hobbyboxer." Und die Pokale im Regal? "Die sind gar nicht vom Boxen. Die kommen von der Leichtathletik." Weitsprung, Laufen, was es alles so gab.

MC Bogy mit zwei Leichtathletik-Pokalen

Sein Vater ließ Bogy erst mit 15 Jahren zum Boxen, also begann er als Leichtathlet. "Ich hatte aber trotzdem immer 'ne Sechs in Sport, hat mein Vater nie so richtig verstanden." Grund dafür war eventuell die Freude am Cannabiskonsum, wie er freimütig einräumt. "Ich war ja auch nicht das einfachste Kind, also hat mich mein Papa mit zum Sport genommen, anstatt mich mit Ritalin vollzupumpen. Das war dann wie so 'ne Belohnung: Playmobil gab’s erst, wenn vorher gerannt wurde."

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MC Bogy mit einer Bong

Neben den Actionfiguren steht eins von Bogys Lieblingsgeschenken: eine Bong mit seinem Namen drauf. Es gehört zu Bogys Stärken, dass er auch mal über sich selber lachen kann und dementsprechend amüsiert er sich ebenfalls, als wir auf die berühmte Episode zu sprechen kommen, in der er diese Bong bekam. "Das ist nach meinem Sohn das Schönste, was mir je jemand gemacht hat", sagte er damals im Interview, als der Rapper King Keil ihm die Pfeife überreichte. "Gefällt mir aber wirklich sehr", sagt er jetzt und betrachtet die Bong eingehend. "Der Schriftzug ist richtig schön. Leider ist das Chillum grade kaputt."

MC Bogy vor einen Terrarium mit einer Schlange

Wir gucken uns um. "Wollt ihr noch die Schlange sehen?" Selbstverständlich! Bogy öffnet das Terrarium und streckt die Hand rein. "Ist total ungefährlich. Nur keine einzelnen Finger, bitte. Immer nur mit der Faust reingehen, sonst denkt die, das sind Mäuse." Hat die auch einen Namen? "Hab ich nach meiner Ex-Freundin benannt. Schlangi." Heute hat Schlangi aber anscheinend keine Lust, auf Bogys Arm zu kriechen, und begnügt sich mit aufgeregtem Zischen.

Die Schlange in MC Bogys Terrarium

Dann lassen wir sie mal besser in Ruhe. Gibt es sonst noch was, was er uns zeigen möchte? Bogy denkt nach und holt noch mal das Fotoalbum heraus. "Kannste dir ja mal angucken." Bereits auf den ersten Seiten wird klar: kein Westberliner Urgestein, das es nicht in dieses Buch geschafft hat. Ob er was dazu erzählen mag? "Also ganz ehrlich, wenn ich da erst mal anfange, dann sitzen wir morgen noch hier."

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Das Fotoalbum von MC Bogy mit Rappern aus Westberlin
MC Bogy und der Autor Juri Sternburg

Also bewundern wir eine Weile schweigend Jugendbilder von Bogy, Bushido, Bass Sultan Hengzt, Frauenarzt oder Tony D und bereiten uns dann langsam auf den Abschied vor. Nicht ohne an der Tür noch über die zahlreichen Graffitis in der Wohnung zu sprechen. "Die Tür hier wurde von SHEK gemalt. Das ist auch eines meiner Jugendidole." Und nebenbei auch noch Vorreiter und Vorbild mehrerer Generationen von Berliner Sprühern. Das Graffiti-Ding ist ihm nach wie vor wichtig, eine Skizze des verstorbenen Writers RUZD gehört zu seinen Lieblingsstücken. Mit ihm hatte Bogy damals eine Crew. "Auch wenn ich selber nicht mehr so viel mache. Aber man muss die Kings in Ehren halten." So wie alle Urgesteine.

Graffiti von SHEK in MC Bogys Wohnung

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MC Bogys neues Album 100% ist jetzt draußen und kann hier gekauft und unter anderem bei Spotify gestreamt werden:

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