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Heulsuse der Woche: ‚Wer wird Millionär‘-Kandidatin vs. Die Rechte

Tanja Fuß beschwert sich darüber, dass Günther Jauch ihr bei der 50-Euro-Frage absichtlich nicht geholfen hat und Ausländer sollen dafür verantwortlich sein, dass deutsche Kinder beim Schulsport als letztes gewählt werden.

Und wieder ist es an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertigwerden.

Heulsuse #1: Wer wird Millionär-Kandidatin Tanja Fuß

Foto: unbekannt | Wikimedia

Der Vorfall: Tanja Fuß scheitert bei der Quizsendung an der 50-Euro-Frage und erntet daraufhin jede Menge Spott.

Die angemessene Reaktion: Sich schämen und hoffen, dass bald Gras über die Sache gewachsen ist. Vielleicht sogar über sich selbst lachen.

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Die tatsächliche Reaktion: Günther Jauch für ihr Scheitern verantwortlich machen.

Wer wird Millionär dürfte eine der letzten Sendungen im deutschen Fernsehen sein, die Träume wahr werden lässt. Eine. Million. Euro. können gewiefte Zocker mit überdurchschnittlich hohem Wissensniveau in der RTL-Show gewinnen und selbst die, die sich von Günther Jauchs unlesbarem Gesicht irritieren lassen und die Nerven verlieren, gehen in den wenigsten Fällen ganz ohne Geld nach Hause. Bis auf, nun ja, Tanja Fuß.

Die Modestudentin scheiterte spektakulär an der ersten Frage, die zugegebenermaßen etwas kryptisch gestellt war: „Seit jeher haben die meisten …?" stand da Weiß auf Blau, Tanja entschied sich für „Riesen Schnauzer" statt „Schäfer Hunde" und durfte sich unmittelbar nach Ausstrahlungsende bereits über erste Schmähseiten auf Facebook und den allgemeinen Spott des Internets freuen. Sich vor einem Millionenpublikum zu blamieren ist für eine gerade mal 20-Jährige wahrscheinlich ziemlich hart, trotzdem: Sie hatte sich aus freien Stücken bei der Sendung beworben. Und dafür, seine Kandidaten über alle Maßen vorzuführen, ist Moderator Günther Jauch nun auch nicht gerade bekannt.

Umso überraschender sind deswegen auch die Aussagen, die die Blondine jetzt in einem Interview mit dem Magazin Closer tätigte. „Bessere Publicity, als dass eine blonde Mode-Studentin an der ersten Frage scheitert, gibt es ja wohl nicht," äußerte sie gegenüber der Zeitschrift und unterstellte Jauch, ihr absichtlich nicht geholfen zu haben. Nun kann man sich natürlich fragen, inwiefern es die Aufgabe eines solchen Formats ist, seine Kandidaten vor sich selbst zu schützen. So überzeugt wie Frau Fuß die falsche Antwort allerdings Richtung Moderator schmetterte, machte sie allerdings nicht den Eindruck, sich in einer größeren Wissenskrise zu befinden. Keine Angst, Tanja. Der nächste unwissende Quiz-Kandidat kommt bestimmt. Und dann sind du und deine gesichtsbehaarten Riesen auch wieder vergessen.

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Heulsuse #2: Christoph Drewer von der Nazi-Partei Die Rechte

Der Vorfall: Deutschland ist ein Land, in dem nicht nur „echte" Deutsche mit Arier-Ausweis leben, sondern viele verschiedene Kulturen größtenteils friedlich nebeneinander und miteinander existieren.

Die angemessene Reaktion: Sich darüber freuen. Ansätze finden, wie man das Miteinander noch harmonischer gestalten kann.

Die tatsächliche Reaktion: In einer allmontäglichen Neonazi-Demo in Dortmund gegen „Überfremdung" hetzen und Ausländer dafür verantwortlich machen, dass deutsche Kinder als letztes beim Sport gewählt werden.

Es ist sicherlich nicht gerade einfach, immer und immer wieder negative Stimmungsmache zu betreiben, wenn es einen an faktischen Belegen zu seinen Thesen mangelt. Deswegen muss man den Neonazis, die Montag für Montag durch Dortmund ziehen, um ihre Stammtischparolen in die Welt zu brüllen, zumindest eines zusprechen: Durchhaltevermögen. Wirklich überraschend ist allerdings, welche abstrusen Ausnahme die verzweifelten Argumente für die vermeintliche „Überfremdung" Deutschlands angenommen haben. Den absoluten Vogel schießt dabei Christoph Drewer ab.

Vergesst „Mein Kampf"—moderne Nazi-Theorien sind viel kreativer.

Vor mehreren dunkel gekleideten, etwas miesepetrig und unglücklich aussehenden Nachwuchs-Nazis zeichnet der stellvertretende Vorsitzende der Partei Die Rechte ein recht düsteres Bild des unterdrückten Lebens, das für deutsche Kinder längst Alltag sein soll. „Die Kinder sprechen nicht vernünftig ihre Muttersprache, weil die Kinder sie nicht lernen können. Sie lernen es gebrochen, weil es alle in der Schule gebrochen sprechen. Unsere Kinder werden ausgegrenzt, weil sie Deutsche sind." Das ist aber natürlich noch nicht alles. Der absolute rassenfeindliche Höhepunkt der Tristesse, die „unsere Kinder" Tag für Tag erleiden müssen: „Beim Schulsport werden sie als Letztes gewählt."

Warum nur, fragen wir uns nun atemlos, und die Antwort folgt auf dem Fuß: „Nicht etwa, weil sie schlechter spielen als die anderen. Nein, sie werden nicht in die Mannschaft gewählt, weil sie keine Ausländer sind! Es sind deutsche Kinder, die schon jetzt fremd im eigenen Land sind. Es bleibt die Hoffnung, dass diese Kinder sich zur Wehr setzen." Lieber Völkermord statt Völkerball-Mobbing, also. Woher Herr Drewer allerdings so genau weiß, was in den Schulsporthallen der Republik so vor sich geht, bleibt offen. Schade.