Screenshot von Julien Sewering von JuliensBlog

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JuliensBlog ist wieder da und ekelhaft wie selten zuvor

JuliensBlog wurde in einem Track gedisst, also bezieht er Stellung—und erzählt eine intime Sexgeschichte, die an Frauenverachtung kaum zu überbieten ist.

JuliensBlog hat sich nach anderthalb Jahren zurückgemeldet. Der größte Rap-YouTuber Deutschlands beschränkt sich längst nicht mehr auf mal arrogante, mal Fanboy-mäßige Reimketten-Analysen von Kollegah, Kay One, Haftbefehl oder Kool Savas. Er etablierte mit JuliensBlogBattle ein eigenes Rap-Battle-Format auf YouTube, in dem unter anderem eine zweifelhafte Rap-Figur wie Spongebozz bekannt wurde und schließlich sogar auf Platz eins der Albumcharts landete. Dieses Jahr übernahm Julien die Video-Promo für Bushidos einstigen Partner Baba Saad und verhalf Saads aktuellem Album damit auf Platz sechs zu charten. Das ist ungewöhnlich hoch für den Bremer, aber auch kein Wunder angesichts der 1,27 Millionen Abonnenten des eingesetzten JuliensBlogBattle-Channels.

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Rap-Business-technisch läuft es also gut für Julien Sewering. Zum YouTuben blieb da anscheinend nicht mehr viel Zeit. Bis jetzt. In einem knapp 24-minütigen Disstrack attackierte der eher unbekannte Rapper John Webber Julien, SpongeBozz und Sun Diego (der angeblich der Rapper unter dem SpongeBozz-Kostüm ist). Sewering, der früher persönlich mit Webber verkehrte, sah sich offenbar in der Pflicht, wieder seine Fitted Cap aufzusetzen, in das kreisförmige Kameralicht zu starren und den Track gewohnt menschenverachtend zu analysieren. Im Grunde geht es 16 Minuten nur darum, wie irrelevant und unwürdig Webber doch sei. Solange er die Rap-Skills des Angreifers auseinandernimmt und den vorgetragenen Inhalt kommentiert, ist das noch halbwegs erträglich—blendet man die übertrieben kräftig gedrückte Stimme Sewerings und das Schulhof-Mobbing-Niveau aus. (Anm.: Das Video wurde mittlerweile auf "privat" gestellt)

Nach knapp acht Minuten wird folgende Line von Webber gezeigt: „Wen willst du ficken / Du kriegst keinen mehr hoch / Denn Julien Schwulien hat 'ne erektile Dysfunktion." Überraschend offen gibt der 28-jährige Sewering zu, dass dieser Vorwurf nicht völlig unberechtigt ist—und erzählt dann eine explizite Sexgeschichte, die an Frauenverachtung kaum zu überbieten ist. Die Kurzform: Webber, Sewering, drei andere Typen, eine weibliche Begleitung und zehn Gramm Koks verbrachten einen gemeinsamen Abend. Irgendwann hatten alle Männer Sex mit der Frau. Aber weil die Dame dem Geschmack Sewerings nicht sonderlich zusagte, hatte er erstmal Probleme, einen hochzukriegen, um später dann im alleinigen Beisein Webbers doch mit ihr zu schlafen.

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Nun ist Julien Sewering nicht umsonst der berüchtigtste YouTuber Deutschlands, der sogar schon wegen Volksverhetzung verurteilt wurde. Das war voriges Jahr, als er die streikenden Lokführer der GdL in einem Video als „Mistviecher" beschimpfte, die man doch in Auschwitz vergasen solle. Wie wird er also jetzt in dieser Geschichte die Frau bezeichnen, die seinen Ansprüchen nicht gerecht wurde? So: „Fotze", „Schlampe", „hässlicher Müll", „eklige Schabracke", „Hure" und „durchgefickte, eklige, hässliche Matratze". Und überhaupt: Sie war ja nur dafür da, dass sie fünf Männer „durch's gesamte Schlafzimmer penetrieren".

Dass Sewering auf seinem Kanal ein „kritisches" Verhältnis zu Frauen pflegt, sollte niemanden wundern, der sich auch nur eines seiner „Weiberkram"-Videos angeschaut hat, in denen er „sarkastisch" Frauenzeitschriften bespricht. Im Grunde reduziert er dort pausenlos jede Frau auf ihre sexuellen Merkmale. Doch diese neue Geschichte wird im Rahmen des Disstracks und des damit verbundenen Comebacks umso mehr Beachtung finden. In nur zwei Tagen wurde sie schon über 1,2 Millionen Mal geklickt.

Laut einer Studie von 2015 nutzen vor allem Jungs im Alter von 12 bis 19 Jahren im Internet am liebsten YouTube—fast doppelt so stark wie Facebook. Da gerade Deutschrap eher ein jüngeres, männliches Publikum anspricht, kann man davon ausgehen, dass sich auch JuliensBlog über eine solche Zuschauerschaft freuen kann. Wenn also der 28-Jährige derart frauenfeindlich über Menschen herzieht, wird das dank seiner 1,33 Millionen Abonnenten millionenfach geguckt.

Es geht längst nicht mehr um einen Raptrack und dessen Qualitäten. Es geht darum, dass Julien Sewering unter dem scheinheiligen, überaus bequemen Deckmantel der Kunstfreiheit Teenagern ein zutiefst sexistisches Frauenbild vermittelt. Dass er dafür Konsequenzen von YouTube zu spüren bekommt, ist leider komplett unwahrscheinlich.