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Popkultur

Doctor Who hat ein besseres Universum als du

Doctor Who hat zwei Herzen, den epischsten Soundtrack, eine längere Laufzeit als dein Sexualtrieb und feiert morgen sein fünfzigstes Jubiläum.

Instinktiv könnte man denken, dass die Serie mit der längsten Laufzeit aller Zeiten eine ist, die sich gelangweilte Putzfrauen reinziehen, während die Dame des Hauses gerade bei der Pediküre sitzt. Der Denver Clan oder Dallas auf Spanisch. stattdessen ist es eine der schrägeren Science Fiction-Serien die es jemals (zu grossen Teilen, einige Folgen wurden noch vor der Ausstrahlung zerstört oder sind verschollen) ins Fernsehen geschafft haben.

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Doctor Who feiert am Samstag sein 50-jähriges Jubiläum, nach gut 800 Folgen, 26 Staffeln und 11 Hauptdarstellern. Das bedeutet, Nerds sind (wenigstens in England) das stärkste Fernsehpublikumssegment. Natürlich werfen diese Beobachtungen (wie eigentlich alles andere auch) erneut die Frage auf, warum in drei Teufels Namen Firefly abgesetzt wurde, aber derartige Ressentiments gehören an keinen Geburtstag. Zudem waren das die Amis.

Quelle: BBC reblogged von Followthesignal.com

Doctor Who ist konzeptionell recht einmalig; die Serie handelt von einem Typen, der keinen Namen hat und im ganzen Universum (und in allen Zeiten) als „The Doctor" bekannt ist. Er ist ein Ausserirdischer, ein Timelord, um genau zu sein. Sein „Raumschiff" schaut aus wie eine Telefonzelle aus dem London der Sechzigerjahre und ist innen um Etliches geräumiger als es von aussen den Eindruck vermittelt. In den Siebzigern wurde mal erklärt, das hinge mit der dimensionalen Perspektive zusammen.

Das Ding heisst jedenfalls TARDIS (Time And Relative Dimension In Space) und ist eigentlich ein weiterer Charakter in der Serie. Im aktuellen Staffeln-Zyklus verwandelt es sich sogar in eine Frau und will „Sexy" genannt werden. Eigentlich könnte „Sexy" ihre Form verändern, um sich den jeweiligen äusseren Gegebenheiten anzupassen, nur leider ist diese Tarnfunktion kaputt. Also bleibt die Maschine zumindest von aussen eine Telefonzelle und ist neben dem imperialen Sternenzerstörer und der Enterprise das ikonischste Raumfahrzeug der Fernsehgeschichte. An der Serie haben etliche der besten Dramaturgen, die die BBC zu bieten hat, mitgeschrieben. Unter vielen Namhaften unter anderem auch Douglas Adams, der zuvor bei Monty Pythons schrieb und danach den legendären „Hitchhiker's Guide to the Galaxy" veröffentlichte. Das dritte Buch des galaktischen Reiseführers war übrigens ursprünglich als Abenteuer für den Doctor geplant.

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Seit die Serie in den 60er-Jahren ihren Anfang nahm, wurde der Doctor bereits 11-mal reinkarniert. Anders als beispielsweise Spartacus (wo man einen möglichst ähnlich aussehenden Typen suchte, nachdem der erste Typ leider gestorben war, und es dabei effektiv geschafft hat, jemanden mit noch weniger Talent zu finden, der die Rolle noch reduzierte) trägt jede Inkarnation des Doctors und damit auch jeder neue Schauspieler seinen Teil zur Entwicklung der Rolle bei.

Angefangen mit William Hartnell, der 1963 mit einer Mischung aus Karate-Opa und Sherlock Holmes dem Doctor seine Grundzüge legte, über den legendären Tom Baker, den eher manipulativen und clownesken Sylvester McCoy, den arroganten Douchebag Colin Baker bis hin zum aktuellen jugendlichen, pazifistischen Peter Pan für Science Fiction-Freunde: Matt Smith, der morgen wohl auch ins Gras beisst und für den zwölften Doctor die Bühne räumt.

Aus Gründen, die über die Staffeln und Folgen variierenden, mag der Doctor die Menschen von allen lebenden Wesen am meisten (ein Charakterzug, der seine ausserirdische Herkunft besonders glaubhaft macht) und hilft ihnen deshalb ab und an aus der Scheisse. Auch seine Sidekicks rekrutiert der Doctor fast ausnahmslos aus den Reihen der Homo Sapiens. Der Doctor hat eher mehr weibliche als männliche Begleiter, obwohl erst Paul McGann während der Neunziger erstmals seine Zunge in einen gesteckt hat und der Doctor gemäss seiner ausserirdischen Herkunft wenig sexuelles Interesse an Menschen hat.

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Auf der anderen Seite ist er der letzte Timelord und ein einsamer Hirte vergreift sich, zumindest Gerüchten zufolge, dann doch mal an einem Schaf. Das Frauenbild in der Serie wurde nach dem Cleavage-Fokus der 70er-Jahre dann sehr schnell ziemlich progressiv. Seit Mitte der 80er (spätestens mit dem siebten Doctor) sind es smarte, emanzipierte und kampferprobte Rollenmodelle mit einem eigenen differenzierten Charakter, der weit über hübsches Aussehen oder einem Verhaltensmuster aus Schreien und Wegrennen hinaus entwickelt ist. Die männlichen „Companion"-Charaktere hingegen entwickeln auf den Reisen mit dem Doctor erst eine Beziehung zu ihren Bällen. Kurzum: Die Serie promoted Emanzipation in beide Richtungen, seit gut 30 Jahren.

Quelle: BBC reblogged von: themarysue.com

Vollständig wird Doctor Who aber erst durch seine zahl- und ideenreichen Gadgets. Das wichtigste unter ihnen ist zweifelsohne der Sonic Screwdriver, mittels welchem so ziemlich alles reparier- und knackbar wird, was auch nur einen Funken Technik beinhaltet. Auch Menschen. Feinde hat der Doctor mehr als genug. In einer Serie, in der alles möglich ist, weil jeder erdenkliche Punkt in Zeit und Raum als Schauplatz hinhalten kann, ist auch jeder Gegner denkbar.

So hatte es der Doctor schon mit Vampiren, Cybermännern, Werwölfen, Cygons, Otons und allen anderen möglichen Ausserirdischen Rassen, Sonnendämonen und Hilter zu tun. Ganz besonders verfeindet ist er mit den Daleks, die wie Stephen Hawking in Stahl-Vollummantelung wirken. Die Daleks hatten ursprünglich den Timelords im „grossen Krieg" den Rest gegeben, womit wir wieder bei den Ressentiments angelangt wären.

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Die Exponate dieses expansionsbeflissenen Völkchens schauen von aussen seit den 60ern gleich aus. Durch die neuere Technik wurde es möglich, auch das Innere der rollenden, stänkernden Metallbüchsen zu zeigen. Die erste Dalek-Öffnung war ein kleines Doctor Who-historisches Spektakel und entblösste ein ziemlich cthulhuides (ja, das ist ein Wort, auch wenn du und der Duden es nicht kennen!) wabbeliges Etwas mit einem Auge und Tentakeln.

Quelle: BBC Doctor Who )

Neben dem „Master", der sowas wie der geniale, aber geisteskranke Bruder vom Doctor (und sein Moriarty) ist und zuletzt recht gut durch John Simm dargestellt wurde, sind die weinenden Engel meine persönlichen Favoriten unter den Gegnern des zeitreisenden Tausendsassas. Die weinenden Engel erscheinen auf der Erde als Engelsstatuen, die sich, wenn man nicht hinschaut (also auch, wenn man nur blinzelt) bewegen. Meistens bewegen sie sich auf jemanden zu, schnappen sich die Person, sobald sie nahe genug an ihr dran sind und verschleppen sie in den Limbus. Diese Eigenschaften führten dazu, dass das Kinderspiel „Grandmother's footsteps" zum Grundkonzept mehrerer Folgen wurde.

Quelle: BBC Doctor Who

Diese Folgen sind ziemlich spannend und schön creepy. Was du also tun sollst, ist, dir heute so viel Doctor Who reindonnern, wie möglich und morgen den grössten Doctor Who-Event des bisherigen Jahrzehnts mit den grossen Augen eines verzückten Kindes miterleben: inklusive multipler zeitreisender Doctoren, Regeneration, neuem Doctor und allem anderen möglichen und unmöglichen Zeug.

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