Erinnerungen an unsere peinlichsten Fan-Momente, als wir noch jung und begeistert waren

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Erinnerungen an unsere peinlichsten Fan-Momente, als wir noch jung und begeistert waren

Eminem-Schrein, Slipknot-Federmappe, Britney Spears-Bilder: Und wie habt ihr euren Idolen gehuldigt?

Foto: Imago / Grey Hutton

Wir sind keine Fans mehr. Wir verfolgen zwar, was unsere liebsten Musiker so treiben, gucken ihre Videos, hören ihre Alben, gehen auf ihre Konzerte. Aber wir liegen nicht tagträumend auf dem Bett und stellen uns vor, mal mit ihnen im Bällebad von Mc Donald's rumzutollen. Einerseits, weil es das Bällebad gar nicht mehr gibt und andererseits, weil wir keine lebensfrohen Kinder oder Teenager mehr sind, sondern inzwischen in allem Guten auch was Schlechtes vermuten.

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Aber wie war das damals, als wir uns noch vollends ins Fan-Dasein gestürzt haben? Als wir Dinge getan haben, die auch für glühende Fans so offensichtlich zu weit gingen, dass unsere Eltern nichts davon wissen durften? Wir haben in der Redaktion rumgefragt und sorgsam aufgebaute Erinnerungsbarrikaden eingerissen. Hier sind die Momente, in denen wir als Musikfans komplett ausgerastet sind.

Lena: hat sich einen Eminem-Schrein gebaut und ein "Eminem Unser" geschrieben

"Ich erinnere mich noch genau eine Unterhaltung, die ich einmal mit meinem Exfreund geführt hatte. Es ging um die vermeintlichen Vor- und Nachteile von Töchtern, beziehungsweise Söhnen. Mein Exfreund sagte damals, 'Ich hoffe, ich kriege nie eine Tochter, weil Mädchen immer so peinliches Fan-Verhalten haben.'

Diese Äußerung ist natürlich sexistisch – es hat schließlich Gründe, warum er mein Exfreund und nicht mehr mein Freund ist –, aber in meinem Fall hatte er leider Recht. Ich war im Alter zwischen 11 und 13 Jahren ein hardcore Eminem-Fan. Das gewöhnliche 'peinliche Fan-Verhalten' wie Poster knutschen, meinem Tagebuch von Eminem vorschwärmen und Videochoreografien (aka. Handgesten) auswendig lernen, hatte ich auf dem Highway der Peinlichkeit längst hinter mir gelassen. Ich war schon mindestens drei Ausfahrten weiter.

Ich habe wortwörtlich einen Schrein in meinem Kinderzimmer aufgestellt (inklusive Kerzen), um Eminem angemessen zu huldigen. Und ja, es ist möglich, dass ich gemeinsam mit meiner Cousine (die ebenfalls hardcore Eminem-Fan war) eine alternative Version des 'Vater Unser' gedichtet habe, dass da manchmal vorgetragen wurde. Ich bete jeden Tag vor meinem neuen Schrein der Scham (dem Spiegel), dass jegliche Beweise aus dieser Zeit vernichtet wurden und mein dunkles, peinliches Geheimnis niemals ans Licht kommen wird."

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Ruby: hat Text von System Of A Down auf einen Ordner geschrieben

Foto: Grey Hutton

"Toxicity von System of a Down schlug bei mir mit ähnlicher Wucht ein wie gewisse Flugzeuge in gewisse Gebäude, damals im September 2001. Es war politisch, es war wütend und es machte Spaß. Ich war 14 und fand diesen Sound einzigartig – er passte einfach in kein Genre (und ich weigere mich bis heute, die ersten beiden Alben als Nu Metal zu bezeichnen).

Serj Tankians Texte waren für mich viel spannender als der Unterricht, und so fertigte ich in liebevoller Handarbeit dieses Zeugnis meiner Bewunderung: den Ordner of a Down (damals gab es keine Smartphones, das habe ich also alles fehlerfrei aus dem Gedächtnis aufgeschrieben, während jemand versuchte, mir Wissen einzutrichtern).

Zwei Jahre später pilgerte ich aufs Reading Festival und kämpfte in der ersten Reihe der Center Stage gegen schwergewichtige Erwachsene, die glaubten, genauso dringend Metallica sehen zu wollen wie ich SOAD. Teils war mein Brustkorb durch die Menschenmasse so komprimiert, dass ich nicht einatmen konnte. Ich sehe bis heute noch das besorgte Gesicht eines Securitys vor mir, der sich ständig bereithielt, mich zu evakuieren. Nach etwa acht Stunden wurde meine Freundin bewusstlos und ich musste ihr aus dem Pit folgen. Dafür konnten wir den Auftritt der Band feiern statt zu ersticken. Und niemand dort hat textsicherer mitgebrüllt als ich."

Florian: durfte keine Slipknot-Shirts tragen und hat deswegen seine Federmappe vollgekritzelt

"Meine Teenagerjahre gingen natürlich mit einer rebellischen Phase einher. Und diese rebellische Phase manifestierte sich bei mir in einer abgöttischen Liebe für die Band Slipknot. Was ist denn auch ein größerer Mittelfinger in Richtung Autorität als neun maskierte Typen, die 'Krach' machen? Und so sammelten sich unzählige T-Shirts, Poster, Flaggen, CDs, VHS-Kassetten, Kalender, Sticker und Aufnäher an. In der siebten Klasse hielt ich sogar ein Referat über die Band. Während ich einige Freunde so mit meiner Slipknot-Manie anstecken konnte, hatte meine Mutter nie viel Verständnis für meine damaligen Lieblingsmusiker.

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'Ich fand diese Typen mit ihren Masken immer total hässlich und fragte mich, was das sollte', sagt sie heute. 'Letztendlich dachte ich mir aber, dass diese Phase schon irgendwann vorbeigehen würde. Und die Patches habe ich dir ja auch auf den Rucksack genäht.' Meiner Mutter ging es natürlich auch darum, wie mich die Öffentlichkeit wahrnimmt. Deswegen durfte ich auch nie T-Shirts, auf denen Slipknot und die Masken abgebildet waren, in der Schule anziehen. Der 'Ersatz' dafür war dann mein mit diversen Logos und Lyrics vollgekritzeltes Federmäppchen. 'If you're 555, then I'm 666' hat meinen Religionslehrer mit Sicherheit das Fürchten gelehrt."

Sebastian: hat Britney Spears abgezeichnet

"Lange bevor mir von der Punk-Kultur eingezimmert wurde, dass man niemals ein Fan sein muss, der die 'Stars' peinlich anhimmelt, sondern schlicht Hörer auf Augenhöhe mit den Musikern, war ich krass in Britney Spears verknallt. Fünfte Klasse, die Pubertät klatschte mir die ersten Pickel in die Fresse und auf MTV und VIVA tanzte Britney in 'Stronger' dreckig mit einem Stuhl oder überraschte einen Astronauten in 'Oops! … I Did It Again' mit einer spontanen Tanzchoreografie – auf dem Mars.

Ich lieh mir Oops! … I Did It Again von einem Klassenkameraden und hörte die CD nach der Schule wochenlang immer genau solange, bis mein großer Bruder oder meine Eltern nach Hause kamen. Ich wollte nicht, dass sie von meinem Schwarm wussten. Und vor allem nicht, dass sie sehen, wie ich an meinem Schreibtisch sitze und konzentriert mit dem Bleistift über dem Papier hing, um die Bilder von Britney vom Booklet abzuzeichnen, während ihre Musik durchs Kinderzimmer dröhnte. Warum ich sie unbedingt Grau auf Weiß haben wollte, weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich konnte ich es nicht fassen, wie perfekt sie aussah. Oder ich brauchte einfach nur eine 'sinnvolle' Beschäftigung beim Musik hören.

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Doch wie ein Hubba Bubba war auch meine künstlerische Beziehung zu Britney schnell ein geschmackloser Batzen, den ich nur noch loswerden will. Die Bilder habe ich heimlich weggeworfen und seitdem auch nie wieder einen romantischen Gedanken an Britney verschwendet. Pop-Punk war plötzlich wichtiger. Spätestens, als sich eine gewisse Xtina in 'Dirrrty' knapp bekleidet einen Boxkampf lieferte und dann beim folgenden Tanz zum Slutdrop ansetzte, war jedes andere Popsternchen sowieso unwichtig geworden."

Ilona: hat Eminems Handschrift kopiert

"Ich war der vielleicht größte Eminem-Fan aller Zeiten und bekomme auch heute noch eine Gänsehaut, wenn ich irgendetwas, was zwischen The Slim Shady LP und The Eminem Show veröffentlicht wurde, höre. (Außerdem musste ich feststellen, dass man Texte, die man als Teenager auswendig gelernt hat, anscheinend nie wieder vergisst.) Allerdings hat nicht nur die Musik von Eminem einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen.

Ich hatte als erste Fremdsprache in der Schule Latein und musste deswegen oft mit dem Englisch-Wörterbuch meines Vaters vor der Anlage sitzen, um zu verstehen, was mein Idol da gerade sagt. Weil es sehr unpraktisch war, den Song immer wieder zu pausieren, um anschließend bestimmte Begriffe nachschlagen zu können, habe ich mich wahnsinnig gefreut, als The Eminem Show rauskam und im Booklet sämtliche Texte zum Nachlesen standen. Besonders schön war dabei, dass es sich dabei um Scans von Eminems Handschrift gehandelt hat.

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Ich habe so oft und so intensiv auf diese Texte in diesem Booklet gestarrt, dass ich irgendwann angefangen habe, bestimmte Charakteristika seiner Schrift zu übernehmen. Auch in der Schule, was meine Lehrer zur Weißglut gebracht hat. Slim Shady schreibt ein kleines 'r' nämlich wie ein großes 'R' – nur eben kleiner. Irgendwann habe ich meine Hardcore-Fanphase hinter mir gelassen und damit auch die Marotte, meine Handschrift an die von Eminem anzugleichen. Sein kleines 'a' ist mir allerdings geblieben."

Naomi: hat mit vier Jahren einen Plattenladen eröffnet, in dem es nur Vinyl von Creedence Clearwater Revival gab

Foto: Naomi

"Einerseits stand ich mit vier Jahren total auf Barbie und all die pinken Utensilien – anderseits spielte ich liebend gerne 'Plattengeschäft'. Allerdings konnte man bei mir nur Vinyl von Creedence Clearwater Revival kaufen, was meinen fleißigsten Kunden – meinen Vater, dem die Platten ja eigentlich schon gehörten – natürlich nicht abschreckte. Man muss halt wissen, wie ein Nischengeschäft zu führen ist. Gute Musik und interessante Cover waren meine Auswahlkriterien. Vielleicht noch andere Bands ins Angebot mit aufnehmen? 'Ich will aber nur Creedence verkaufen!' Und Dickkopf ging immer vor Logik. Mein liebstes Albumcover war auf jeden Fall das von Cosmo's Factory, mein absolutes CCR-Lieblingslied aber „Cotton Fields" – klang für mich damals aber immer nach irgendwas mit 'Kacken-viel'."

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