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Was Jay-Z mit dem Release von '4:44' bisher angerichtet hat

Auf Jay-Zs neuem Album '4:44' rappt er darüber, wie er Beyoncé betrogen hat, droppt außerdem eine antisemitische Line und selbst Kanye West hat die Schnauze voll.

Foto: Imago

Letzte Woche Freitag war es plötzlich da, das neue Album von Jay-Z – allerdings exklusiv für Kunden der Streaming-Plattform Tidal. Wer bisher kein Tidal-Abo abgeschlossen hat, der kann auch jetzt getrost darauf verzichten. Denn um Jay-Zs neustes Werk anzuhören, hätte man das schon vorher machen müssen. 4:44 ist nämlich nicht nur exklusiv für Tidal-Nutzer verfügbar, sondern sogar unter Tidal-Nutzern können ausschließlich jene das Album anhören, die bereits vor Albumrelease ein Abo abgeschlossen hatten. Sprich: Alle Leute, die sich extra für 4:44 für den Tidal-Probemonat angemeldet haben, müssen eine Woche warten, bis das Album schließlich für alle Abonnenten verfügbar ist – dann ist es jedoch auch auf Apple Music streambar, die ganze Chose also komplett umsonst. Nachvollziehbar, dass einige sauer sind. Darunter auch Musikerkollegen wie Mark Ronson oder Konkurrenten wie Pandora-Vorstandsmitglied Jason Hirschhorn.

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Was macht man also, wenn man keine Lust hat, sich bei verschiedensten Streaming-Diensten anzumelden, nur um am Ende trotzdem nicht das anhören zu können, wofür man überhaupt sein Abo abgeschlossen hat? Man macht es wie Snoop Dogg und wird in die Musikpiraterie gezwungen.

Oder – aus der anderen Perspektive – man macht es wie Kanye West und verabschiedet sich von exklusiven Deals. Denn am Ende sehen wir ja: Die künstliche Limitierung eines Werks bringt weder dem Konsumenten, noch dem Urheber etwas. Kanye West kann mit The Life of Pablo ein Lied davon singen. Oder 20.

Über einen Monat lang war sein letztes Album exklusiv nur über Tidal streambar, was dazu führte, dass es innerhalb der ersten Woche über 500.000 Mal illegal runtergeladen wurde – so viel wie noch kein Album zuvor. Und das, obwohl TLOP zuvor zu mehr als 1,5 Millionen neuen Tidal-Abos geführt hatte.


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Kanye West hat also verständlicherweise die Schnauze voll. Nicht nur, weil ihm dank Exklusiv-Stream sowohl Geld, als auch relevante Views flöten gegangen sind, sondern wie TMZ nun berichtete, er für die neuen Abo-Abschlüsse, die TLOP rangeschafft hatte, kein Geld bekommen habe. Drei Millionen sollen ihm angeblich versprochen worden sein, die er bis heute nicht erhalten und sich deswegen nun von Tidal getrennt hat. Die persönlichen Differenzen, die Jay-Zs und Kanyes Beziehung seit geraumer Zeit belasten, dürften dadurch auch nicht gerade gemildert werden. Sie sollen jedoch nichts damit zu tun haben, dass Kanye Tidal den Rücken kehren will.

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So, nun aber zum Album. Oder eher, was darauf so erzählt wird. Beginnen wir mit dem Zugeständnis von Jay-Z, Beyoncé betrogen zu haben. Ja, I know:

Auf dem Titelsong des Albums "4:44" gesteht Hova, was alle seit Lemonade eigentlich schon wussten. Und es ist brutal. Und gut.

Like the men before me, I cut off my nose to spite my face.

I never wanted another woman to know something about me that you didn't know.

I promised, I cried, I couldn't hold.

I suck at love. I think I need a do-over.

I will be emotionally available if I invited you over.

And if my children knew, I don't even know what I would do.
If they ain't look at me the same, I would prob'ly die with all the shame.

'You did what with who?' What good is a ménage à trois when you have a soulmate? '
You risked that for Blue?' I wasn't a superhero in your face.
My heart breaks for the day I had to explain my mistakes.

Natürlich kann man aus beiden Werken lernen, wie kompliziert Beziehungen oft verlaufen. Wenn man Fehler macht, ist der Sinn dieser Fehler, daraus zu lernen, indem man für sie gerade steht. Verantwortung für sie übernimmt und mit den Konsequenzen lebt. Oder man macht es wie einige Fuckboys im Internet und interpretiert Jay-Zs Offenbarung als Freifahrtschein für Untreue, denn hey: Wenn Jay-Z Beyoncé betrogen hat, wie kann dann eine "normale" Frau von ihrem Mann Treue erwarten?

Die Herrschaften haben hier offensichtlich alles falsch verstanden. Denn Jay-Z schwärmt in "4:44" nicht vom Glück des unzähmbaren Playboys, sondern beschreibt, wie schwierig genau das für ihn war. Eben, wie es seine Beziehung – nicht zuletzt auch die zu sich selbst – und schließlich sein restliches Leben dauerhaft verändert und belastet hat.

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Neben dem Missverständnis auf "4:44" gibt es noch einen weiteren Song, der ebenfalls mit einer Zeile für Empörung sorgte. Auf "The Story of O.J." rappt Jay-Z: "You wanna know what's more important than throwin' away money at a strip club? Credit / You ever wonder why Jewish people own all the property in America? This is how they did it". Die reichen Juden, denen alles gehört – das vermutlich salonfähigste antisemitische Vorurteil der Welt.

Und weil es eben genau das ist – salonfähig – und durch solche Vorfälle noch weiter salonfähig gemacht wird, weil es ja schließlich "ein positives Vorurteil" ist, verteidigten Fans natürlich sofort die Zeile.

Sogar der in Israel geborene Manager von Madonna, Guy Oseary, verteidigte Jay-Zs Aussage. Seiner Meinung nach sei die Zeile aus dem Kontext gerissen worden. In dem Song werden schließlich alle möglichen "überspitzten" Aussagen über Randgruppen getroffen, um die Aussage des Songs zu unterstreichen. Und außerdem: "Meiner Meinung nach macht Jay der jüdischen Community ein Kompliment."

Inwiefern das ein Argument gegen die antisemitische Aussage der Punchline sein soll, ist uns unklar. Und wie es überhaupt möglich ist, einen solchen Satz "aus dem Kontext zu reißen", ebenfalls. Denn es ist nun mal, was es ist: ein Vorurteil.

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