Es fängt in der Grundschule an: Wer studieren will, muss es aufs Gymnasium schaffen. Wer aufs Gymnasium gehen will, braucht gute Noten. Wer die nicht hat und keine Unterstützung von Eltern erfährt, ist tendenziell schlechter in der Schule. Und wird dann auf die Hauptschule geschickt. Viele Kinder aus Hartz-IV-Familien in Deutschland erleben genau das.Sarah-Lee Heinrich ist mit Hartz IV aufgewachsen. Heute ist sie 18 und startet im Oktober ihr Studium. Mit 18, da denkt man ans Ausziehen von zu Hause, die erste WG, Nächte auf Erstsemesterpartys. Für Sarah-Lee ist das nicht selbstverständlich. Sie kann sich das eigentlich nicht leisten. Als Tochter einer alleinerziehenden Hartz-IV-Empfängerin gehört sie als Studierende zu einer Minderheit, die statistisch nicht einmal erfasst wird.
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In Statistiken zur Herkunft von Studienanfängern tauchen Kinder von Hartz-IV-Empfängern und Empfängerinnen nicht auf. "Weil es sie quasi nicht gibt", sagt Sozialwissenschaftlerin Daniela Schiek von der Uni Hamburg. Aber auch weil viele, die trotz Hartz IV eine Karriere hingelegt haben, sich später nicht "outen" wollen. Studierende mit Hartz-IV-Hintergrund bleiben quasi unsichtbar.Dabei zeigt Sarah-Lees Beispiel: Es gibt sie. Der soziale Aufstieg ist möglich, aber extrem hart. Wie kann man es schaffen? Sarah-Lee sagt, sie brauchte dafür Förderer, Förderinnen – und Glück.
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Denn: Das Problem sind nicht die Kinder, sondern die Umstände, in denen sie aufwachsen. Das Konzept Hartz IV reproduziere soziale Klassen, sagt die Wissenschaftlerin Daniela Schiek. "Die soziale Spaltung in Deutschland ist größer geworden. Die Einführung von Hartz IV hat sicher nicht zum Anstieg von Studienanfängern unter Sozialhilfeempfängern geführt." Lange glaubten Sozialwissenschaftlerinnen, das liege vor allem am "Klima in den Familien". In den Studien fallen Begriffe wie "Fatalismus", "erlernte Hilflosigkeit" oder "kurzfristige Bedürfnisbefriedigung". Die Aussage dahinter: Kinder von Eltern, die in Abhängigkeit vom Staat leben, wachsen entmutigt und antriebslos auf. Und die Armutsspirale dreht sich weiter – nach unten. Das kann man dann in Armutspornos wie Hartz und herzlich sehen.
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Denn: Das Problem sind nicht die Kinder, sondern die Umstände, in denen sie aufwachsen. Das Konzept Hartz IV reproduziere soziale Klassen, sagt die Wissenschaftlerin Daniela Schiek. "Die soziale Spaltung in Deutschland ist größer geworden. Die Einführung von Hartz IV hat sicher nicht zum Anstieg von Studienanfängern unter Sozialhilfeempfängern geführt." Lange glaubten Sozialwissenschaftlerinnen, das liege vor allem am "Klima in den Familien". In den Studien fallen Begriffe wie "Fatalismus", "erlernte Hilflosigkeit" oder "kurzfristige Bedürfnisbefriedigung". Die Aussage dahinter: Kinder von Eltern, die in Abhängigkeit vom Staat leben, wachsen entmutigt und antriebslos auf. Und die Armutsspirale dreht sich weiter – nach unten. Das kann man dann in Armutspornos wie Hartz und herzlich sehen.
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Über allem steht ein Faktor: Geld
"Ich hatte Lehrer, die mich gesehen haben"
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Und: "Die Gesellschaft müsste unterstützen, wenn jemand dazuverdient und sich aus seiner Abhängigkeit vom Staat herausarbeitet", sagt König. Stichwort Eigeninitiative. "Das ist momentan nicht möglich." Denn: Wer zu Hause bei den Eltern mit Hartz IV wohnen bleibt, muss einen Teil seines Einkommens als Mitglied der "Bedarfsgemeinschaft Hartz IV" an den Staat geben, kann also nichts ansparen. Auch ein Teil vom BAföG muss abgeben werden, weil das zum Einkommen hinzugezählt wird. Wer wiederum ausziehen will, muss Geld vorschießen können, da das BAföG erst nach Studienbeginn rückwirkend gezahlt wird. So auch bei Sarah-Lee: "Ich musste Kaution und Erstausstattung selbst zahlen, obwohl ich nie Geld ansparen konnte."Zur finanziellen kommt eine weitere Ebene dazu: Schuldgefühle. "Ich hatte lange Angst, meine Mutter allein mit Hartz IV zurückzulassen. Aber es bringt auch nichts, wenn wir zu zweit da drin stecken. Heute denke ich: Diese Hartz-IV-Sache raubt einem genug Selbstständigkeit und Normalsein, das man das nicht weiterführen muss, wenn man nicht will." Trotzdem fühlt sie sich zerrissen, "weil man die Erste in der Familie ist, die studiert". Und dann ist da noch die Angst zu scheitern, das Studium nicht zu packen und auf einem Berg von Schulden zu sitzen. Ohne Ausbildung. "Es muss nicht viel schieflaufen, dann sitze ich wieder zu Hause", sagt Sarah-Lee. "Es gibt ja nichts, worauf man zurück fällt. Und keinen, der mal eben kurz die Miete übernimmt."Deswegen fangen viele gar nicht erst an zu studieren, sagt Evamarie König vom Netzwerk ArbeiterKind.de, obwohl sie gut genug dafür sind und "damit auch zufriedener wären". Doch der Staat macht zu wenig, um die Kinder zu fördern. Stattdessen seien es oft Zufallsbegegnungen mit Unterstützenden, das "Glück", von dem auch Sarah-Lee spricht. "So darf es in Deutschland nicht sein", sagt König.
"Ich hatte lange Angst, meine Mutter allein mit Hartz IV zurückzulassen"
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