Das Musikjahr 2016 auf Spotify in Zahlen, Listen und LOLs
Pia Schulz

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Das Musikjahr 2016 auf Spotify in Zahlen, Listen und LOLs

Der eine von One Direction, Rihanna, Justus Jonas und ganz ganz viel Drake. Der Streamingdienst Spotify ließ sich in die Karten gucken. Wer lag 2016 wirklich ganz vorne?

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„Danke 2016" präsentiert von Spotify

Wenn man sich an einen Partygast besonders gut erinnern kann, muss das nicht unbedingt heißen, dass jener einem der liebste Besuch war. Womöglich war er einfach bloß am lautesten oder verhaltensauffällig an der Schwelle zu Borderline. Apropos 2016.

Ein Jahr, das seinen Fußabdruck im Weichbild der Epoche wahrlich hinterlassen hat. Es produzierte mit großer Geste Populismus, Panik und Popstar-Leichen.

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Was dagegen musikalisch unterm Strich steht, darüber konkurrieren zum Jahresausklang dann wieder unzählige Charts. Zusammengestellt von diversen Medien, von Redaktionen oder von einigen hundert oder gar tausend Usern, die online irgendwo abstimmten. So kann sich jeder seinen eigenen Blickwinkel bestätigen lassen. Bloß was wirklich vom Pop-Jahr übrig bleibt, bleibt in diesem Puzzle verborgen. Wir haben uns daher die Auswertungen der Kollegen von Spotify angesehen. Denn bei allem Respekt für die Media-Control-Verkaufscharts, beim Streaming spielt einfach mittlerweile die Musik. Die Zugriffe gingen dieses Jahr in die Milliarden. Wenn also eine Statistik wirklich eine Aussage treffen kann, dann diese. Linus Volkmann hat sich durch viel Schmuse-Rap und Schunkel-R'n'B gepanzert, bis er hinten bei TKKG wieder rauskam. Doch der Weg hat sich gelohnt, im Gepäck hat er immerhin nichts weniger als die ultimativen Charts des Jahres 2016!

Die meistgestreamten Künstler (weltweit)

1. Drake 
2. Justin Bieber
3. Rihanna 
4. Twenty One Pilots 
5. Kanye West 

Die komplette Streaming-Abrechnung 2016 dominiert ein Künstler, soviel Spoiler muss sein. Es handelt sich um den Kanadier Drake. Sein dieses Jahr erschienenes Studio-Album „Views" brach alle Rekorde. Zusammengezählt kommen seine Streams auf Spotify mittlerweile auf die astronomische Zahl von 8,7 Milliarden. Er ist dort damit der meistgestreamte Künstler überhaupt.

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Mit Rihanna findet sich immerhin eine Frau in den Top5. Wohingegen deutsche Künstler sich schwer tun. Kunststück, es war einfach auch nicht das Jahr des hiesigen Pops – eher im Gegenteil [verlinken: https://noisey.vice.com/de/article/pop-ist-tot-es-lebe-die-dienstleistungber-die-deutsche-musiklandschaft-2016-teil-1]

Lediglich ein deutscher Künstler schaffte es in der Jahresauswertung für Deutschland unter die Top 5, statt Kanye West finden sich dort Bonez MC und Raf Camora.

Die Tracks mit den meisten Streams (weltweit)

1. Drake „One Dance" 
2. Mike Posner „I Took A Pill In Ibiza" (Seeb Remix)
3. The Chainsmokers „Don't Let Me Down (feat. Daya)
4. Rihanna „Work" (feat. Drake) 
5. Sia „Cheap Thrills" 

Auch hier ist Drake vorne. Sein „One Dance" stellt sogar den Song dar, der die meisten Streaming-Aufrufe überhaupt besitzt. Mit 970 Millionen Aufrufen löste er „Lean On" von Major Lazer ab.

Bemerkenswert aber auch Platz 2. „I Took A Pill In Ibiza" von Mike Posner—was klingt wie Fahrstuhlmusik und eine Selbstanzeige bei der Drogenfahndung, ist bei genauerer Betrachtung nicht weniger als hohe Kunst. Die Einheit von Ort, Zeit und Handlung beschreibt das griechische Drama, im Video wird mit dem überdimensionierten Pappmaché-Kopf zudem an das japanische Kabuki-Theater erinnert. Wer das alles in diesem weichgespülten Bubblegum-Trance-Pop nicht erkennen kann, der muss einfach noch bisschen warten, bis die Pille endlich schiebt …

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Die meistgestreamten Alben (weltweit)

1. Drake ,Views' 
2. Justin ,Bieber Purpose'
3. Rihanna ,Anti'
4. Twenty One Pilots ,Blurryface' 
5. The Weeknd ,Beauty behind The Madness'

Ich möchte ja nicht angeben, aber ich war einmal im Besitz zweier goldener Schallplatten. Kein Scheiß. Einmal Jupiter Jones von Jupiter Jones (Das Album mit, natürlich, „Still") und XOXO von Casper. Beide hingen gerahmt über meinem Schreibtisch in den Büroräumen einer namhaften Musikzeitschrift, für die ich damals tätig war. Doch bevor sich nun Fanpost und Empörung ballen: Ich hatte natürlich nichts mit diesen beiden Releases zu tun. Viel mehr ist in der zauberhaften Major-Musikindustrie Folgendes üblich: Erhält ein Album eine solche Auszeichnung, glasiert man diverse Platten mit Katzengold, zwingt den Prakti zum Baumarkt, auf dass er paar Rahmen zusammenleime und geht mit dem Ergebnis dann in die Redaktionen, die über den Künstler seinerzeit berichteten. „Hier ist eure Goldene Schallplatte, ihr Fuzzis". Die Redaktion ist irritiert oder diffus stolz. Tja, und bei der käsigen Nachfolge-Platte zum Gold-Seller hat man so bereits einen Fuß in der Tür. Klingt wie semi-korruptes Kumpel-Business und lame? Exakt! Mindestens zwei Semester an einer teuren Pophochschule sind mit dieser Erkenntnis gespart.

Worauf der Absatz hier allerdings hinaus will, ich weiß wegen der Angaben auf diesen beiden Trophäen genau, wie viel verkaufte Alben eine goldene Schallplatte ergeben. Es sind über 100.000. Einhunderttausend!

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Diese Zahl bitte als Vergleichswert im Kopf behalten. Denn hier kommt nun das Album mit den meisten Streams 2016: Views von Drake—mit (weltweit) 2,45 Milliarden. Muss man nicht interpretieren, kann man einfach mal so stehen lassen.

EXKURS: Und wo stecken denn all die etablierten Pop-Senioren?

Wer sich bei Streaming-Charts fragt, ist das nicht bisschen diskriminierend—wo bleibt denn hier die ganze geschmäcklerische Opa- und Indie-Musik? Wo sind denn Radiohead und andere vinyl-selige Wertmarken, die sonst jegliche Jahrescharts dominieren? Nun ja, vermutlich da, wo man sie zum letzten Mal verlassen hat, vor dem Weltempfänger, am Grammophon, bei den The-Cure-Dates im Oktober diesen Jahres, oder auf dem Friedhof (beim Spazieren). In den Streaming-Charts jedenfalls haben sie weniger Eindruck hinterlassen. Obwohl … eine Band mit „Wetten, dass…?"-Flair ist selbst durch das neue Hörverhalten nicht effektiv unten zu halten. Der Sänger nannte seine Tochter Apple und aß nur so lange kein Fleisch, wie er mit Vegetarierin Gwyneth Paltrow ein Paar war—Gerhard-Schröder-Style. Genau, es handelt sich um Chris Martin, die singende Säge ohne Ehre. Mit seiner Berufsschullehrer-Combo Coldplay schaffte er es in die Top 5 der weltweiten Streaming-Charts in der Kategorie „Männliche Künstler" (auf Eins auch hier natürlich: Drake). Vor allem aber tritt Martin mit dieser Platzierung den Beweis an, dass man nicht per se jugendlich und angesagt sein muss, um im Streaming-Game mitzumischen.

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Breakout Künstler (weltweit)

1. Zayn 
2. Frenship 
3. Anne-Marie
4. Madeintyo 
5. Rob $tone

Soviel zu den Pop-Rentnern, jetzt wieder zurück ins wirkliche Leben: Die Newcomer-Rubrik fungiert bei Jahrescharts stets als eine der Zentralsten, ja, sie ist die vielleicht die am meisten Aufgeladene. Gar nicht mal wegen der jeweiligen saisonalen Künstler, sondern weil man sie als Gradmesser dafür nimmt, ob man sich selbst noch am Puls von Zeit und Jugend befindet, oder ob man sich doch eher bei all den genannten Interpreten nur noch ratlos am Kopf kratzt.

Die Auswertung der „Breakout Künstler" bei Spotify lädt vermutlich viele zu Letzterem ein. Doch Kopf hoch, den Sieger ZAYN kann man auch jenseits der Zahnspange kennen. Er war in der Popper-Boygroup One Direction.

Überflüssiges Wissen: Die Fans von One Direction (Selbstbezeichnung: Directioners) besitzen sogar ein eigenes geheimes Handzeichen. Die Finger formen eine Eins und ein D. Am Puls der Jugend zu sein fühlt sich gar nicht mehr so erstrebenswert an, wenn man diesen Quatsch hört? Nichts zu danken!

Hörbücher und Hörspiele (Deutschland)

1. Die drei ???
2. TKKG
3. Fünf Freunde
4. Sherlock Holmes 
5. Bibi Blocksberg 

Für Hörspiel-Ultras war es die Nachricht des Jahres, als im Frühjahr 2016 bekannt wurde, dass die traditionsreiche Firma Europa ihre eigenen Serien nun auch bei Spotify einspeisen werde. Allen voran natürlich Die drei ??? und TKKG, jene unkaputtbaren Serien, die bereits seit den späten Siebzigern Kinder- und Jugendzimmer beschallen.

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Somit fallen Tarzan und Friends genau wie Justus Jonas und seine beiden Handlanger nun erstmalig in eine Streaming-Auswertung—und es kann der seit fast 40 Jahren tobende Streit entschieden werden: Welche Jugenddetektive sind denn nun beliebter? Die Liste hier bringt es an den Tag: Rocky Beach vor der Millionenstadt. Wobei Erstere einen derartigen Seller darstellen, dass es selbst die „Me Too"-Produkte in die Top 10 spült—auf Platz 8 und 9: „Die drei !!!" und „Die drei ??? Kids". Kann man sich ja schon richtig freuen auf weitere Sequels wie „Die drei &&&" oder „Die drei ###".

Beliebteste Playlists (Deutschland)

1. „Top Hits Deutschland" [Anm. d. Red. Nena?] 
2. „Today's Top Hits" [Anm. d. Red. Rod Stewart?]
3. „Chilliger House" [Anm. d. Red. Soundtrack zum umfallenden Sack Reis]
4. „Top of the Morning" [Anm. d. Red. Vogelgezwitscher vs. Müllabfuhr]
5. „Chillout Lounge" [Anm. d. Red. Dasselbe wie „Chilliger House" bloß für Besserverdienende?]

Auf Spotify befinden sich insgesamt mehr als zwei Milliarden Playlisten—es hat also etwas gedauert, bis ich mich durch alle durchgehört habe, aber das war mir einfach wichtig, um diese Auswertung hier im Kontext zu sehen.

Die Sieger klingen dabei wie jene Radiosendungen, die zu hören man tunlichst zu vermeiden sucht, aber der kleinste gemeinsame Nenner ist nun mal eben kein Spezialist. Liegt in der Natur der Sache. Wer sich für eher kleinteiligere Zusammenstellungen wie „Besoffen ist das neue nüchtern" oder „Black Metal zwischen Tromsø und Skarsfjord" interessiert, muss in dieser Liste eben ein paar Millionen Plätze nach hinten blättern. Auch gut!

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Beliebtester Song in Sex-Playlists (weltweit)

Cheat Codes feat. Kriss Kross Amsterdam „Sex" 

Ein Hoch auf den Roboter. Ihm ist es möglich, aus all den von den Usern gestreamten Songs mehr Listen auszuwerfen, als man je verarbeiten könnte. Aber OK, wenn er mit den „Top-Songs in Sex-Playlists" um die Ecke kommt, hat er doch nochmal die ungeteilte Aufmerksamkeit. Ganz vorne dort also „Sex" von Cheat Codes featuring Kriss Kross Amsterdam.

Aus ranzigen Vorfreude-Tröpfchen einen galaktischen Bums-Hit schustern? Warum nicht. Wer sich allerdings seine erotischen Höhepunkte von solcher Musik untermalen lässt, der verdient all die sexuellen Tragödien, die mit diesem Stück unweigerlich einhergehen. Daher ein Angebot zur Güte: Wer trotz seines vom Fickwunsch zerfurchten Gesichts noch etwas Würde bewahren will, sei das ebenfalls verfügbare Original des Songs empfohlen: „Let's Talk About Sex" von den wunderbaren Salt-N-Pepa.

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