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Schwesta Ewa hat sich selbst das beste Deutschrap-Interview seit Langem gegeben

Zum ersten Mal seit ihrer vorläufigen Entlassung erzählt Ewa auf Instagram 40 Minuten live die Geschichte hinter ihrer Verhaftung und was im Gefängnis passiert ist.
Screenshot via YouTube aus dem Video "Schwesta Ewa, das Statement" von Cashpablo

Vier Monate lang hat Schwesta Ewa keine Interviews gegeben, alle Termine abgesagt und großes Schweigen über das gelegt, was für die 33-Jährige, wie sie selbst sagt, "zu ihrem schlimmsten Albtraum" wurde. Die Polizei hatte die Frankfurter Rapperin und ehemalige Prostituierte im November 2016 verhaftet. Die Anklage der Frankfurter Staatsanwaltschaft lautete damals: Verdacht des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, Verdacht der Zuhälterei, Körperverletzung sowie Verstoß gegen die Abgabenordnung. Verurteilt wurde sie im Juni zu zweieinhalb Jahren Haft, vor allem wegen gefährlicher Körperverletzung und Steuerhinterziehung.

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Am Sonntagabend ging Ewa also zum ersten Mal live auf ihrem Instagram-Kanal, um pünktlich zur Prime-Time um 20 Uhr vor zeitweilig über 6000 Live-Zuschauern alles aus ihrer Sicht zu erzählen. Hier die wichtigsten Erkenntnisse in der Zusammenfassung:

Auslöser ihrer Verhaftung sei die Anzeige einer Stalkerin gewesen, die Ewa über ein Jahr verfolgt habe, für sie anschaffen wollte und die Ewa aufgrund ihrer psychischen Labilität ("die hatte ADHS und Schizophrenie") abgelehnt habe; aus Rache habe diese Frau ihr bei der Polizei Körperverletzung und Zwangsprostitution vorgeworfen und sich Hämatome selbst geschminkt

Die Polizei überwachte Ewa daraufhin ein Jahr mit Wanzen und allem drum und dran; bei der Verhaftung sei Ewa im Studio gewesen, habe geschlafen und sei vom SEK nackt aus dem Bett gerissen worden ("Es hat sich angehört als würden Bauarbeiten stattfinden, aber das waren die Bullen")

Sie habe nach der Verhaftung direkt gestanden, habe keinerlei Vorstrafen gehabt und gibt zu, eine illegale Eskortfirma geleitet zu haben, für die zahlreiche junge Frauen gearbeitet hätten ­– aber laut ihrer Aussage keine Minderjährigen und keine sei dazu gezwungen worden


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Viele der Frauen würden "jetzt gerade in diesem Moment einen Schwanz in der Fotze haben" – will sagen: Die angeblich zur Prostitution gezwungenen Frauen seien längst wieder selbst im Gewerbe tätig, was Ewa als eindeutiges Argument GEGEN die Anklage der Staatsanwaltschaft deutet

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Den Vorwurf der Körperverletzung räumt sie ein: Ohrfeigen zum Beispiel, "weil eine Nutte mal aus dem Müll gefressen habe oder sich Speed oder zu viel Koks gezogen hatte", seien schon vorgekommen

Sie sei als Kind im Alter von sechs Jahren vergewaltigt worden und mit 16 als Prostituierte gelandet auf der Straße. In ihrer Phase als Crackabhängige sei ihr Leben besonders hart gewesen: "Ich stand da vollgekackt und vollgepisst auf'm Strich und wollte nur ne Kippe."

Selbst die Musik habe ihr bis dato nicht komplett geholfen, ganz mit den illegalen Geschäften aufzuhören, was sie bereue und was sie seit der Haft ändern wolle

Im Knast hätten "mehrere Justizvollzugsbeamte nachts versucht sie zu bumsen" (O-Ton), sie habe große Angst im Gefängnis gehabt: "So viel zur Rechtstaatlichkeit in Deutschland!"

Sie arbeite an neuer Musik, ihr Album AYWA (Anm.: Arabisch für "ja") soll im Januar 2018 kommen, bevor sie den Rest ihrer Haftstrafe absitzen muss (Stand jetzt: Ein Jahr und zehn Monate) und "Xatar soll mir Vorschuss geben"

Ewas größte Angst sei, dass die Staatsanwaltschaft mit ihrer Forderung von über vier Jahren Haft doch noch durchkommt. Ein Antrag beim Bundesgerichtshof läuft derzeit, Ausgang noch ungewiss

Das Einzige, was auf der Liste der Scheiße, die ihr zeitlebens passiert sei, noch fehlen würde: "angeschossen zu werden"

"Nur weil ein Mensch den steinigen Weg gegangen ist, heißt es nicht, dass er nicht den geraden gehen kann" – Ewa sieht sich als geläutert und betet zu Gott, dass der BGH der Forderung der Staatsanwaltschaft nicht nachgibt Dass die Rapperin kein Unschuldslamm ist, steht auch nach diesem emotionalen Geständnis außer Frage. Für die 60.000 Euro Steuerbetrug und die Körperverletzungen wurde sie letztlich ja auch verurteilt. Auch rechtfertigt eine schwere Kindheit kein gewaltsames Verhalten als Erwachsene – was Ewa allerdings selbst einräumt. Wie ernst es ihr um ihren Wandel und um den richtigen Weg ist, wird sich spätestens nach Verbüßung der restlichen Haftstrafe zeigen. Wie heißt es doch so schön: "Man bekommt den Menschen von der Straße, aber nicht die Straße aus dem Menschen." Es wäre Ewa Malanda zu wünschen, dass sie sich künftig tatsächlich nur noch der Musik und legalen Geschäften widmet.

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