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Neuseelands Regierung meint, Odd Future seien eine Gefahr für die öffentliche Ordnung

Wir leben in den 50ern und Jugendkultur macht uns Angst.
Ryan Bassil
London, GB

Nimm dir einen Moment Zeit und denke über die ganzen Grausamkeiten nach, die zu diesem Zeitpunkt überall auf der Welt passieren. Das Atomkraftwerk in Fukushima ist kurz davor, die ganze Menschheit auszulöschen, in Nigeria werden homosexuelle Männer zu Tode geprügelt und in Florida ist es für Obdachlose illegal, sich zuzudecken. Ziemlich beschissen, oder? Dann gibt es da noch Neuseeland, ein Land das gerade mit dem Verweis auf die Gefährdung der öffentlichen Ordnung Odd Future daran gehindert hat, seinen geheiligten Boden zu betreten.

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Natürlich ist Rap die Ursache für alles Schlechte, was guten Menschen seit den frühen 90ern wiederfahren ist. Sobald du eine Platte mit einem Parental Advisory Sticker hörst, legt sich bei dir ein Schalter um. Du bist plötzlich nicht mehr damit zufriedengestellt, den ganzen Tag in der Bude zu hocken und zwischen Twitter, Hip-Hop-Foren und Diskussionen über Young Thug hin und her zu switchen; du treibst dich auf der Straße herum, verprügelst irgendwelche Opfer, dealst mit Koks und vergewaltigst jedes weibliche Wesen in deiner Reichweite. Vielleicht auch nicht ganz, das ist nämlich nur ein beschissenes Vorurteil, dass sich die Abendnachrichten und die Regierung ausgedacht haben, um sicherzugehen, dass die amerikanische Mittelschicht nicht von jungen schwarzen Männern besudelt wird. In den letzten zehn Jahren ist diese Rhetorik etwas abgeflaut, nachdem die Leute festgestellt haben, dass das hören von Gangester-Rap dich nicht Spiderman-Biss-mäßig in einen GTA-Charakter verwandelt.

Aber in Neuseeland fürchten sich alte weiße Menschen offensichtlich weiterhin vor Rappern. Die neuseeländische Einwanderungsbehörde veröffentlichte, kurz nachdem sie Odd Future eine Stunde vor deren Abflug trotz gültiger Visa die Einreise verweigert hatte, folgendes Statement:

Der Immigration Act 2009 bevollmächtigt dann die Einreise zu verweigern wenn anzunehmen ist, dass eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Meinung vorliegt oder diese mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

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Es wird angenommen, dass Odd Future aus mehreren Gründen eine potentielle Gefahr für die öffentliche Ordnung und die öffentliche Meinung darstellen. Dazu gehören Vorfälle bei vergangenen Auftritten, während denen die Band zu Gewalt anstachelte. Bei einem Vorfall musste ein Polizeibeamter in ein Krankenhaus eingeliefert werden, nachdem Odd Future zu Ausschreitungen ausgerufen hatten.

So, wie das Statement geschrieben ist, wird hier suggeriert, dass ein neuseeländischer Polizist ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, weil Odd Future die Polizei hassen und sie einfach Bock haben Riots zu starten, einfach überall Chaos verursachen, wo sie auftreten. Ich gehe aber mal schwer davon aus, dass der Vorfall, von dem hier berichtet wird, sich vor drei Jahren in Boston bei einer Autogrammstunde in einem Comicbuchladen ereignet hat. Ein Vorfall, der sich nicht ereignete weil Odd Future ihre Autogrammstunde nur als Vorwand nahmen, um anti-autoritäre Schläger zu rekrutieren, sondern weil so viele Fans auftauchten, dass die Polizei den ganzen Laden dichtmachen musste. Das machte die Leute sauer. Warum sollte es ihnen nicht erlaubt sein, ihre persönlichen Helden zu treffen? Und das machte Odd Future sauer. Warum sollten sie ihren Fans in Boston nicht ihre Anerkennung zeigen dürfen?

Tyler und Co sind dann auf dem Dach des Ladens erschienen und haben von dort der Menge zugerufen während sie von Dach zu Dach sprangen. Im Grunde haben sie dort so etwas wie eine Performance für die ganzen Fans abgeliefert, die sich stundenlang die Beine in den Bauch gestanden hatten, nur um sie zu sehen. Eigentlich nichts anderes als das Savile Row Konzert der Beatles mit der Ausnahme, dass Paul McCartney noch immer nach Neuseeland einreisen darf, obwohl auch dieser Auftritt von der Polizei beendet wurde. Dieses Arschloch darf sich auch einfach alles erlauben.

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Eigentlich sollten Odd Future beim Rapture Festival spielen. Eminem ist Headliner der Veranstaltung und auch Action Bronson tritt auf. Action Bronson ist der Typ, der vor kurzem einen Security in Portland und schon mehrere Leute aus dem Publikum angegriffen hat . Bronsolino, wir lieben dich wirklich, aber wenn irgendjemand Neuseelands Sicherheitsapparat in Angst und Schrecken versetzen sollte, dann doch du.

Die Entscheidung, die Band nicht in das Land zu lassen, kam nachdem Stop Demand, eine Organisation, die sich gegen sexuelle Gewalt einsetzt, 2013 Aucklands Stadtrat unter Druck setzte, die Gruppe zu verbieten. In dem Schreiben der Gründerin Denise Richie an den Stadtrat war zu lesen: „Wir lehnen es zutiefst ab, die frauenverachtenden Hassbotschaften dieser Gruppe als Zeichen künstlerischen Ausdrucks zu verharmlosen.“ Aber, dass Eminem als Headliner auftritt, ist ihnen komplett egal? Das ist der gleiche Typ, aus dessen Feder auch folgende Lyrics stammen “Shut up slut, you're causing too much chaos / Just bend over and take it like a slut, OK Ma?”

Kommendes Wochenende werden einige Kids, die eine Menge Geld ausgegeben haben, um ihre Lieblingskünstler zu sehen, mal wieder sehr enttäuscht sein. Und das ist alles eure Schuld, liebe Menschen von der neuseeländischen Einwanderungsbehörde. Das nächste mal, wenn ihr einen Roman Polanski oder einen Woody Allen Film sehen, ein Phil Spector Album anhören oder was auch immer machen wollt, das euch Freude bereitet, hoffe ich, dass euch das jemand vor der Nase wegschnappt weil euch nicht zugetraut wird, eure Alltagsentscheidungen auch abseits von dem zu treffen, was man gerne auf einer künstlerischen Ebene konsumiert.

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