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Antisemitismus

Ein St. Galler Neonazi lobte den Holocaust vor der Polizei und muss jetzt 21.500 Franken zahlen

Zuvor beschimpfte er an einem Neonazi-Polterabend jüdische Bewohner von Zürich-Wiedikon.
Foto von antifa.ch

Es war ein Samstagabend im Juli 2015, als sich eine Gruppe von rund 20 Schweizer Rechtsextremen aus dem Umfeld der Organisation "Blood and Honour" zu einem Polterabend in Zürich-Wiedikon traf, wie das jüdische Wochenmagazin tachles berichtet. Ausgerechnet in Wiedikon, das Zürcher Stadtquartier, das als eine der grössten orthodox-jüdischen Gemeinden Europas bekannt ist. Dann passierte, was passieren muss, wenn ein paar betrunkene Nazis durch die Strassen eines jüdischen Quartiers spazieren: Als die Rechtsextremen auf Mitglieder der dortigen jüdischen Community trafen, streckten einige von ihnen ihre Arme in unangemessenem Winkel in den Himmel, riefen "Heil Hitler", bespuckten die jüdischen Passanten und deckten sie mit antisemitischen Sprüchen ein.

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Gegen vier Rechtsextreme eröffnete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren, wobei zwei davon aus Mangel an Beweisen eingestellt wurden. Ein 24-Jähriger aus dem Kanton St. Gallen wusste sich nicht einmal in Anwesenheit der eingerückten Polizei zu benehmen: Vor den Polizisten habe er sich gefreut, "dass im Zweiten Weltkrieg fünf Millionen Juden gestorben seien." Mindestens zwei Juden soll er dazu körperlich bedroht und sie mit antisemitischen Aussagen beschimpft haben. Jetzt sprach die Zürcher Staatsanwaltschaft den Beschuldigten wegen Rassendiskriminierung schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von 21.500 Franken.

Das Urteil gegen den Hauptverdächtigen des ausgearteten Polterabends steht dabei noch aus. Der Sänger der Neonazi-Band "Amok" soll einen Juden geschubst, bespuckt und antisemitisch beleidigt haben, wie die NZZ berichtete. Weil der beschuldigte Frontmann der Neonazi-Band bereits vorbestraft ist, drohen ihm bis zu zweieinhalb Jahre Haft.

Der Hitlergruss ist in der Schweiz gemäss einem Gerichtsurteil nicht grundsätzlich verboten. Ein Rechtsextremer, der 2010 auf einer Veranstaltung der rechtsnationalen Partei PNOS für 20 Sekunden den Hitlergruss zeigte, wurde in zweiter Instanz zum Vorwurf der Rassendiskriminierung freigesprochen. Der Grund: Er habe nicht für nationalsozialistisches Gedankengut geworben, sondern nur seine Gesinnung kundgetan. Wer demnach unter Gleichgesinnten den Hitlergruss zeigt, macht in der Schweiz nichts Verbotenes, folgerte die NZZ. Hätten die Neonazis also auf dem Polterabend ihre Hitlergrüsse in der Bar unter sich behalten, anstatt sie gegen Juden zu richten, wären sie womöglich sogar straffrei geblieben.

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