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Koch

Model am Tag, Koch in der Nacht

Rōze Traore hat zwei Vollzeit-Jobs, die ihm einiges abverlangen: Koch und Model. In der Theorie sind sie der komplette Gegensatz, also haben wir uns mit ihm unterhalten, um rauszufinden, wie er diese widersprüchlichen Welten unter einen Hut bringt.

Rōze Traore ist jede Nacht acht Stunden lang Koch im The Mark—ein Restaurant in New York, geführt vom weltberühmten Jean-Gorges Vongerichten—und ist umgeben von dekadenten kulinarischen Genüssen aus Frankreich, wie zum Beispiel Foie gras, schwarzem Trüffel und Gruyère.

Um neun Uhr morgens hat er dann seine schmutzige Küchenkleidung in den Korb für die dreckige Wäsche geschmissen und macht sich bereit für seinen Hauptberuf als professionelles Model. Während der New York Fashion Week war er komplett ausgebucht und eilte von Castings zu Anproben und Shows von Designern wie Bespoken, Telfar und Control Sector. Vor kurzem fand er auch Zeit, bei unserer Story über die Entwicklung der schwarzen Maskulinität durch Mode mitzmachen. Wenn er nicht gerade den Runway entlang läuft, dann schmeisst er private Dinnerpartys für die großen Namen im Modegeschäft.

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Alle Fotos bereitgestellt von Rōze Traore.

Man braucht schon einen sehr speziellen Charakter, um diese zwei widersprüchlichen Welten erfolgreich miteinander zu verbinden: zum einen die imagebewusste, schnelllebige Welt der Mode und zum anderen die gefräßige, nächtliche Welt der Restaurants, in der Köche normalerweise lange, erschöpfende Schichten in heißen Küchen schieben müssen und Verbrennungen von Töpfen und Pfannen einfach dazu gehören. Um alles noch komplizierter zu machen, bleibt da auch nicht viel Zeit für einen Trainingsprogramm. Als ehemaliger Lehrling in Washingtoner Restaurants wie CityZen, Urbana und Bibiana, hat Rōze in der Küche schon seine Erfolge gefeiert. Aber um sich auch in der Modelwelt durchzusetzen, benötigt er Selbstsicherheit und muss bei seiner Ernährung Kompromisse eingehen—gleichzeitig ist es aber von Nöten, dass er seine Speisen probiert, bevor er sie den Gästen vorsetzen kann. Ich habe mich mit Rōze unterhalten, um herauszufinden, wie er die Balance zwischen diesen beiden anspruchsvollen Vollzeitjobs findet, die—zumindest in der Theorie—komplette Gegensätze darstellen.

MUNCHIES: Wie kamst du zum Kochen? Rōze Traore: Ich kam zum Kochen, weil das eine Leidenschaft in meiner Familie war, aber niemand die Grundlagen kannte, so nach dem Motto ‚Warum passiert das und das, wenn du diese Zutat mit dieser mischst?'. Deshalb entschied ich mich dazu, auf die Le Cordon Bleu-Kochschule zu gehen. Dort war ich dann drei Jahre lang, um mir die ganzen kulinarischen Grundlagen anzueignen.

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Welches Essen kochst du am liebsten? Normalerweise stehe ich auf die französische, italienische und asiatische Küche. Ich vermische alles, um so einen moderneren Twist zu erhalten. Aber ich bin quasi süchtig nach Fisch, wie zum Beispiel Forellenbarsch mit gewürzten Pilzen in Yuzu-Saft.

Kochst du so was im The Mark? Im The Mark liegt der Fokus auf französischer und asiatischer Küche. Ich habe erst vor kurzem angefangen, dort zu arbeiten, weil ich erst vor einem Monat nach New York gezogen bin. Das Kochen ist für mich im Gegensatz zum Modeln nur ein Nebenjob, aber so kann ich meine Rechnungen bezahlen. Normalerweise halte ich Restaurants aus meinen privaten Angelegenheiten raus, da mache ich gerne eine Trennung.

Was meinst du mit ‚privaten Angelegenheiten'? Ich habe einen „Supper Club" ins Leben gerufen. Wenn ich bei verschiedenen Mode-Shootings bin, dann gibt es immer einen Kunden, der Interesse am Essen zeigt. Während der Fashion Week gebe ich Dinnerpartys. Ich zeige den Leute auch, dass ich Multitasking-fähig bin. Ich bin nicht nur Model und ich bin nicht nur Koch.

Welche Art Kellner stellst du für deinen Supper Club ein? Normalerweise ein männliches und ein weibliches Model, die schon Erfahrung im Kellnern gesammelt haben. Ich schreibe dann „Rōze" auf ihren Bauch oder ihre Kleidung, während sie die Leute bedienen. Ich trage auch keine Kochkleidung, ich will auffallen. Normalerweise trage ich die Sachen, die mir meine Sponsoren geben, also hochwertige Kleidung und schöne Sneaker. Dieser ganze Uniform-Vibe, um zu zeigen, dass ich der Koch bin, liegt mir nicht. Das sollen meine Gerichte übernehmen. Die Kleidung verstärkt diese Einstellung.

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Sind keine hässlichen Kellner erlaubt? Meine Kellner werden immer Models sein. Die Aufgabe eines Models dreht sich nicht um das Aussehen oder das, was in der Gesellschaft dargestellt werden soll. Es geht um Selbstbewusstsein und Selbstzufriedenheit. Ich denke, dass das die Definition eines Model ist. Unser Selbstbewusstsein wird normalerweise als Arroganz oder Großspurigkeit wahrgenommen, aber es ist das, was ein Model über das Aussehen hinaus zu einem Model macht.

Wie kamst du zum Modeln? Das Modeln war etwas, das ich schon immer im Hinterkopf hatte. Ich wurde schon immer einfach so von fremden Leuten angesprochen, die mir sagten, dass ich gut aussehe und modeln solle. Vor einem Jahr konzentrierte ich mich dann ganz aufs Modeln und dachte mir: „Ich gehe nach Südafrika, weil ich dort einen Vertrag habe und so einfach meine Karriere da beginnen werde." Ich habe sechs Monate lang dort gelebt und veranstaltete schließlich einen privaten Supper Club für GQ South Africa.

Du hast also dort gekocht, während du Model warst? Genau. Ich hab auch kurz in den Restaurants La Colombe und Nobu gearbeitet.

Wie findest du die kulinarische Szene Südafrikas? Die ist toll. Wir Amerikaner wollen immer über den angesagtesten Koch und das trendigste Gericht Bescheid wissen. Dort sind die Köche entspannter.

Wie bringst du diese zwei Vollzeit-Berufe unter einen Hut? Der beste Weg, um mich auf beide voll konzentrieren zu können, ist meiner Meinung nach, nachts zu kochen—von 23 Uhr bis 7 Uhr morgens. Hier tanke ich mit neuen Rezepten und Konzepten wieder auf. Wenn ich mit dem Kochen fertig bin, geht für mich um 9 Uhr der Tag mit Castings, Anproben und Shootings los. Normalerweise komme ich vor 8 oder 9 Uhr abends nicht nach Hause, und dann geht alles wieder von vorne los.

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Das klingt anstrengend. Wo findest du da die Zeit, zu schlafen? Ich schlafe kaum. Nur so vier Stunden pro Nacht, ausser ich habe nicht viele Aufträge. Dann schließe ich mich einfach in mein Zimmer ein und schaue Filme.

Köche arbeiten lange und anstrengende Schichten, die es einem schwer machen können, noch die Zeit fürs Training zu finden. Gleichzeitig müssen sie aber auch probieren, was sie da kochen. Wie bleibst du in Form, wenn du dich im Kochmodus befindest? Essen ist da irgendwie ein echtes Laster für mich, weil ich immer eine Ausrede suche, um etwas essen zu können. Du musst dich … ähm … wie sagt man doch gleich …

Zurückhalten? Ja, du musst dich selbst kontrollieren können. Wenn ich zu einem Shooting gehe und dann ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen habe, dann funktioniert das nicht wirklich [lacht].

Also achtest du wirklich auf Kalorien? Das witzige daran ist, dass ich gar nicht so viel esse. Aber sagen wir mal, dass ich diese Chips oder die drei Fritten hier esse. Das macht mich dann echt verrückt, bis ich denke: „Oh Scheiße, das landet jetzt dort, wo es gar nicht landen soll." Als Model musst du mit allem vorsichtig sein. Das ist manchmal sehr frustrierend, lohnt sich aber.

Wenn dir das Aufpassen beim Konsum so viel Stress macht, warum modelst du dann? Wenn dir in deinem Leben etwas so viel bedeutet, dann musst du lernen, Opfer zu bringen. Für mich ist das Modeln nicht nur so ein Nebending—es ist etwas, in das ich viel Mühe reingesteckt habe. Du musst Opfer bringen, vor allem wenn du zwei Karrieren unter einen Hut bringen willst.