Politik

In diesem Bundesland schickt die AfD Dutzende Rechtsextreme ins Rennen

Mit Neonazis und Verschwörungstheoretikern bewirbt sich die Partei bei der Kommunalwahl in Brandenburg um insgesamt 1.200 Posten.
Ein paar blaue Gummistiefel mit AfD-Logo im braunen Matsch
Symbolfoto: imago | Manngold || Bearbeitung: VICE

Kommunalwahlen sind ein bisschen wie Haare aus dem Duschabfluss kratzen: nicht wirklich sexy – aber wenn man sich nicht drum kümmert, steht man plötzlich knöcheltief in braunem Brackwasser.

Und genau das kommt gerade auf Brandenburg zu. Wenn der Plan der AfD aufgeht.

Am 26. Mai ist für die Brandenburger nämlich nicht nur Europawahl, sondern auch Kommunalwahl. Dabei wählen die Brandenburger und Brandenburgerinnen Mitbürger, die sie dann ehrenamtlich in Hunderten von Kreistagen, Stadträten, als Bürgermeister und Ortsvorsteherinnen vertreten sollen, insgesamt 8.937 Posten sind zu vergeben.

Anzeige

Ihr seht schon: Der Glamour-Faktor ist dabei ziemlich gering.

Trotzdem setzt die AfD dieses Jahr alles daran, bei dieser Kommunalwahl so viel rauszuholen wie nur irgend möglich. "Die Kommunalwahl ist für uns die wichtigste der drei Wahlen in diesem Jahr", hat Daniel Freiherr von Lützow, der Vize-Landeschef der Partei, der Märkischen Allgemeinen gesagt. "Von ihr geht ein Signal für ganz Deutschland aus."

Also startete von Lützow eine Offensive mit dem Ziel, so viele Plätze in den Kommunen wie möglich zu besetzen. Für insgesamt 1.200 aller zu wählenden Posten treten deshalb jetzt 923 AfD-Kandidaten an (das geht, weil eine Person auch zwei Posten besetzen kann). Diese Kandidaten hat die Julius-Gumbel-Forschungsstelle an der Universität Potsdam einmal genauer unter die Lupe genommen – und eine ganze Menge ziemlich unangenehmer Dinge entdeckt.

Was folgt, ist eine (unvollständige) Liste von Personen, die für die AfD antreten und in der Vergangenheit bereits rechtsextrem oder mit Rechtsextremen in Erscheinung getreten sind. Ihre Äußerungen und Verbindungen hat die Julius-Gumbel-Forschungsstelle zusammengetragen:

Gründete den rechtsextremen Jugendverband 'Sturmvogel': Ralf Küttelwesch

Mittenwalde

Ralf Küttelwesch hat eine lange Karriere in rechtsextremen Gruppierungen hinter sich: Zuerst war er Mitglied der Burschenschaft Danubia München, deren Aktivitas vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet werden, dann trat Küttelwesch der neonazistischen "Wiking-Jugend" bei. Bevor die 1994 verboten wurde, hatte Küttelwesch sich bereits mit ein paar anderen Mitgliedern abgespalten und 1987 den "Sturmvogel" mitgegründet. 1990 veröffentlichte er zusammen mit der rechtsextremen Aktivistin Edda Schmidt ein Buch über eine "Sturmvogel"-Fahrt nach Rumänien.

Anzeige

Auch auf VICE: 10 Fragen an Palina Rojinski


Auch sonst war der Student Küttelwesch ein fleißiger rechtsextremer Netzwerker: Anfang der 1990er war er Mitglied eines sogenannten "Ost-West-Arbeitskreises", der unter anderem prominente Holocaustleugner wie David Irving nach Deutschland einlud.

Später arbeitete Küttelwesch in der Presseabteilung und Rechtsabteilung des Unternehmens, das die Neonazi-Lieblingsmarke "Thor Steinar" produziert. Küttelwesch hat auch einige Artikel für der neurechten Wochenzeitung Junge Freiheit geschrieben. Heute präsentiert er sich auf seiner Facebookseite als Hobby-Historiker – und kandidiert für die AfD.

Wollte für den Jugendverband der NPD ins Studierendenparlament: Daniel Pommerenke

Ostprignitz-Ruppin

Bevor er nach Brandenburg zog, war Daniel Pommerenke in der rechtsextremen Szene Sachsen-Anhalts aktiv: 2007 kandidierte er auf einer Tarnliste der NPD-Jugendorganisation JN für das Studierendenparlament der Universität Magdeburg. Fotos aus dem Jahr 2009 sollen Pommerenke an einem Transparent einer Neonazi-Kameradschaft namens "Sozialrevolutionäre Alternative Mitte" zeigen, schreibt die Julius-Gumbel-Forschungsstelle. Heute schreibt er neben Identitären und Mitgliedern der Jungen Alternative im Magazin Arcadi.

Sagte, Merkel würde zur "Verwesung" des Landes beitragen: Christoph Berndt

Golßen

Berndt ist der Vorsitzende des südbrandenburgischen Vereins "Zukunft Heimat", in dem noch eine ganze Menge seiner Parteifreunde mitmachen. Durch Veranstaltungen und Aktionen des Vereins halten die Brandenburger AfDler engen Kontakt zu den rechtsextremen Identitären und dem rechten Projekt "Ein Prozent", in dem sich neurechte Akteure wie das Compact-Magazin und Götz Kubitscheks "Institut für Staatspolitik" organisieren. Das ist auch dem Brandenburger Verfassungsschutz aufgefallen.

Anzeige

Kein Wunder, dass bei Berndt ziemlich extremes Zeug rauskommt, wenn er den Mund aufmacht: Am 29. August 2017 hielt er in Cottbus eine Rede, in der er behauptete, Angela Merkel verfolge ein "Programm zur Abschaffung der Nation" und zur "Verwesung" des Landes. Das geschehe über einen "Bevölkerungsaustausch" – eine Idee, die auch den Attentäter von Christchurch antrieb. Außerdem behauptete Berndt, die deutsche Regierung würde "irrwitzig aber planmäßig die Zerstörung unseres Landes und unseres Kontinentes" betreiben.

Für die Landtagswahl im Herbst kandidiert Berndt auf Platz zwei der AfD-Liste.

Organisiert Demos, zu denen vor allem Neonazis kommen: Lars Günther

Märkisch-Oderland

Lars Günther hat nicht nur gute Kontakte zum Compact-Magazin: Er arbeitet da nach eigenen Angaben sogar als persönlicher Assistent des Chefredakteurs Jürgen Elsässer. Günther hat ein Faible für Bürgerkriegs-Fantasien: "Die Zeiten, in denen wir unser Land friedlich zu einem immer besseren Land" gestalten könnten, zitiert ihn die Forschungsstelle, seien wegen "Millionen von Migranten" "definitiv vorbei".

Was Günther nicht davon abhält, einiges zu unternehmen, um das Land in seinem Sinne umzugestalten: Er selbst will bereits 50 bis 60 Demonstrationen angemeldet haben, darunter den "Merkel muss weg Mittwoch" in Berlin. Oder die "Ostbrandenburg erwacht"-Demo, bei der hauptsächlich Neonazis von der NPD und der "Rechten" aufschlugen. Oder die extrem rechten Kundgebungen unter dem Motto "Heimatliebe" in Eberswalde.

Anzeige

Teilt auf Facebook gerne Beiträge von NPD-Kadern: Ralf Maasch

Rathenow

Maasch gehört eher zu der neueren Generation von Rechtsextremen, die aus der Anti-Flüchtlings-Bewegungen hervorgegangen ist – in seinem Fall das rechtsextreme "Bürgerbündnis Havelland". Außerdem bekundet er auf Facebook Sympathien für die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck und teilt Beiträge von NPD-Leuten. Im Januar diesen Jahres verkündete Maasch, er werde sich aus dem "Bürgerbündnis" zurückziehen, um sich in Zukunft wohl ganz seiner Arbeit bei der AfD widmen zu können.

Nennt politische Gegner gern "Parasiten": Mario Kuczera

Märkisch-Oderland

Auch Kuczera teilt bei Facebook gerne NPD-Beiträge, unter anderem einen Kommentar namens "Wann wacht Ihr auf, Deutsche?" des NPD-Vorsitzenden Frank Franz aus der NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme. Politische Gegner nennt Kuczera schon mal "Parasiten und Verräter".

Außerdem scheint er zu glauben, dass Deutschland keine Schuld am Zweiten Weltkrieg habe: "Groß Britannien [sic] und Frankreich erklärten dem Deutschen Reich am 3. September 1939 den Krieg, nicht umgekehrt!", schreibt er auf Facebook. Aber das wisse natürlich niemand, denn: "Die Greuelpropaganda der Sieger gegen die Deutschen wird in der BRD mit dem Strafgesetz geschützt."

… und das sind nur die größten Blasen im Sumpf

Wie gesagt, diese sechs sind nur ein sehr kleiner Teil der Brandenburger AfD-Kandidaten, die mit rechtsextremen Äußerungen oder Nähe zu Rechtsextremen aufgefallen sind – die Liste, die die Julius-Gumbel-Forschungsstelle zusammengetragen hat, ist deutlich länger und umfassender. Hier könnt ihr sie euch anschauen.

Folge Matern auf Twitter und VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.