Dieser Mann tötet 20 Millionen Schweine jährlich – jetzt killt er auch die Veggie-Wurst
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Wurstdurst

Dieser Mann tötet 20 Millionen Schweine jährlich – jetzt killt er auch die Veggie-Wurst

Deutschlands größter Fleischproduzent erklärt den "Hype" um die fleischlose Wurst für vorbei.

Es gibts progressive Dinge, und es gibt Fußball. Im Stadion steckt Deutschland noch in den 80ern: mit Bier, Wurst und einer Prise Schwulenhass. Es ist daher nur konsequent, dass Deutschlands größter Fleischproduzent gleichzeitig der große Zampano bei Schalke 04 ist: Clemens Tönnies.

Tönnies ist 61 Jahre alt, kämmt seine Haare stets ordentlich nach hinten und hat nun – gleich zweimal – vegetarische Wurst probiert. Sie hat ihm nicht geschmeckt. An dieser Stelle wird die ganze Angelegenheit leider abrupt ernst. Weil Tönnies seinen Geschmack für einen guten Gradmesser hält, er habe laut eigener Aussage nämlich einen "Allerweltsgeschmack", hat er nun den fast vollständigen Veggie-Rückzug beschlossen. Nochmal sei betont: Das ist keine Satire. Tönnies sagt über vegetarisches Essen: "Der Hype ist vorbei."

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Wer gerne vegetarische Gutfried-Wurst bei Aldi Süd gekauft hat – die stammte nämlich aus seiner Fabrik –, wird nun umdenken müssen.


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Seine neue Strategie verkündete Tönnies im westfälischen Rheda-Wiedenbrück, wo er auch geboren wurde. Aus tiefer Verbundenheit mit seiner Heimat tötet Tönnies dort die meisten Lebewesen. Alleine 20.000 Schweine müssen dort, im größten Schlachthaus Deutschlands, täglich dran glauben.

Der Konzern von Tönnies gehöre "geächtet", erklärt beispielsweise PETA, auch Begriffe wie "rückwärtsgewandt" und "industrieller Massenmord" werden gebraucht. Ob ihn all das allzu sehr berührt, ist fraglich. Wirtschaftlich läuft es für Tönnies nämlich blendend. 2017 verzeichnete er 6,9 Milliarden Umsatz, über 20 Millionen Schweine wurden vergangenes Jahr in seinem Namen geschlachtet. All das sei auch noch "gegen den Markttrend" passiert, schreibt sein Konzern. Ob dies dazu berechtigt, gegen gesellschaftlichen Fortschritt vorzugehen, schreibt der Konzern in seiner Pressemitteilung allerdings nicht.

Clemens Tönnies befindet sich als Fußball-und-Fleisch-Mogul übrigens in bester Gesellschaft. Bayern-Präsident Uli Hoeneß ist nicht nur Wurstfabrikant, sondern auch ein Carnivore aus tiefster Überzeugung. Immer wieder wurde zuletzt kolportiert, er habe den asketischen Thomas Tuchel auch deshalb nicht als Bayern-Trainer haben wollen, weil der Vegetarier sei. Und die hätten nach Heoneß' immer miese Laune. Die alte Fleisch-Elite hält den Smoothie-Nachwuchs auf Abstand.

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Wie es auch ganz anders geht, zeigt übrigens einer der größten Konkurrenten von Tönnies. Rügenwalder Mühle erwirtschaftet schon mehr als ein Viertel seines Umsatzes fleischlos, bald sollen es 40 Prozent sein, 18 vegetarische Produkte führt die Firma, die als einer der ersten auf die veränderten Ernährungsgewohnheiten reagiert hat.

Trotz allem reagiert Tönnies aber auf wissenschaftliche Erkenntnisse und gesellschaftliche Entwicklungen auf eine ganz eigene Art und Weise. Parallel zum Veggie-Aus wurde die Online-Plattform toennies-tierschutz.de gestartet, in der das seit Jahren harsch kritisierte Unternehmen in schickem Design schonendes Schlachten propagiert.

Dort steht – Achtung, wieder keine Satire! –, dass "im Bereich des Wartesaals der Tiere Panflötenmusik" gespielt wird. Außerdem könnten sich die Tiere vor dem Gang zum Henker "in der Regel 120 Minuten ausruhen". So lange dauert übrigens ein Fußballspiel, das in die Verlängerung geht.

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