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Vice Blog

Ein Südtiroler Imam zeigt auf, wie Integration geht

Ein Imam in Südtirol spricht über Islam und wie er reagieren würde, wenn jemand versuchen würde in seiner Gemeinde Muslime zu radikalisieren.

Screenshort von ORF Südtirol, via YouTube

Neben der Schule und der Kirche in Milland, einer Fraktion von Brixen, hat Abdeslam Termassi einen Raum zum Beten eingerichtet. An Feiertagen kämen laut dem Bericht des Südtiroler Wochenmagazins FF zwischen 50 und 100 Menschen zum gemeinsamen Beten zu ihm. Dort unterrichtet und predigt Termassi auf Deutsch, Arabisch und Italienisch. Er selbst spricht Tirolerisch, wenn er Deutsch redet und sagt, dass ihm Hochdeutsch eher schwer falle.

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In der Gemeinde Brixen, die manche vielleicht eher mit der Band Frei.Wild assoziieren, hat Termassi schon mehrmals bewiesen, dass der Islam kein ausgegrenzter Fremdkörper sein muss und auch mit der örtlichen Kirche gut zusammenarbeiten kann. Im Januar 2015 organisierte er eine Gedenkfeier am Domplatz gegen Terrorismus, an der auch der Dekan und sämtliche Mitarbeiter der Pfarre teilnahmen. Termassi ist in Brixen bereits bekannt dafür, klare Worte für den Islam und die Abgrenzung zum Islamismus zu finden. Durch sein Interview mit Südtirol Heute wird er jetzt auch über die Grenzen seiner Gemeinde hinaus bekannt und gefeiert.

Im Interview stellt er klar, dass Islamismus nichts mit dem Islam zu tun habe und für Allah ein Gräuel wäre. Er betont auch, dass es im Islam um Leben, Freiheit, Frieden und Zusammenhalt gehe und es entsprechend auch keinen Muslim geben könne, der Menschen töten würde und sich dabei mit „Allahu Akbar" auf Allah beziehen würde.

„Angst habe ich keine vor den Ausländern und ich hoffe, dass auch die Leute von Südtirol, nein ganz Italien, keine Angst haben" sagt der Imam gegenüber ORF Südtirol. „Ausländer sind nicht alle gleich, da gibt es die guten und da gibt es die letzten, so ist die ganze Welt."

Darum müsse man unbedingt wachsam bleiben. In seiner Glaubensgemeinschaft habe er noch nie Menschen gesehen, die versuchen würden, Muslime zu radikalisieren. Würde er doch etwas in diese Richtung mitbekommen: „Ich würde sofort zur Polizei gehen", sagt Termassi.

Der Imam von Brixen: So sehr kann (sprachliche) Integration gelingen!— Wolfgang Geier (@WolfgangGeier)15. Februar 2016

Wegen seines Südtiroler Dialekts wird der Imam jetzt im Netz als Beispiel für gelebte Integration gefeiert. Und tatsächlich ist das Interview natürlich auch beachtlich, weil es selbst eingefleischten Kritikern zeigen, dass „der Islam" kein Fremdkörper sein muss.

Das Interview mit dem Imam zeigt aber auch, dass die Integration von Muslimen für viele Menschen immer noch Hand in Hand mit der Abgrenzung von Muslimen gegenüber islamistischem Terror geht—und das geht eben häufig soweit, dass Muslime kaum noch über den Islam reden können, ohne einen symbolischen Disclaimer „Achtung, wir sind aber natürlich gegen Terrorismus" anzuhängen.

Mehr zum Thema Zusammenleben unterschiedlicher Volks- und Sprachgruppen in Südtirol seht ihr in unserer Videodoku Zwischen den Welten, die 2015 im Rahmen von VICE Alps Season 1 lief.