Bushido ist der größte Troll, den das Internet zurzeit hat

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Bushido ist der größte Troll, den das Internet zurzeit hat

"Bushido macht keine Promo, er spielt Schach. Und er weiß, was ihr alle tun werdet, bevor ihr es wisst." Fler wusste das schon früher und auch im Moment zeigt sich wieder, wer der König auf dem Brett ist.

Foto: Imago

Promo-Phasen sind seit jeher eine Erfindung des Satans. Während gelangweilte Künstler Rauschgift konsumierend in Hotel-Suiten sitzen und ein Interview nach dem anderen über sich ergehen lassen müssen, stolpern nervöse Journalisten durch die Flure und überlegen sich, welche Frage kreativer ist: "Was hat dich noch nie jemand gefragt?" oder "Warum heißt ihr eigentlich Green Day?" Nun gibt es aber Künstler, die entweder nicht genug Geld oder Motivation für eine Hotelsuite-Session mit den versammelten Radiostationen sämtlicher Bundesländer besitzen. Für diese Künstler – meist Rapper – wurde die Promophase ohne wirkliche Promo erfunden. Und der Meister dieser Methode ist Bushido. Oder wie es der gute Fler – selbst oftmals Nutznießer oder Opfer dieser Vorgehensweise – erkannte: "Bushido macht keine Promo, er spielt Schach. Und er weiß, was ihr alle tun werdet, bevor ihr es wisst." Böse Zungen behaupten, dass Fler in diesem Spiel seit Jahren als Bauer herhalten muss. Ich persönlich halte ihn für den Turm.

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Auch aktuell ist Bushido mal wieder das Top-Thema. Von RapUpdate über Schlecky Silberstein bis Bento – überall werden seine Moves bis ins Detail analysiert. Und auch wir sind offenbar nicht davor gefeit, uns mit seinen meisterlichen Schlachtplänen zu beschäftigen. Denn was bisher niemand so richtig bemerkt hat: Es gibt bisher gar keinen wirklichen Content von Bushido. Keine Single. Kein Video. Kein Cover. Keine Plakatkampagne. Nix. Stattdessen zu Genüge besprochene Tweets über die Post. Kleiner Nachtrag: Eine gute Freundin, deren Mutter besagte Postfiliale seit jeher besucht, stellte unlängst fest: "Er hat halt Recht. Der Service dort ist unterirdisch. Bushido ist nur die Stimme der Straße für all diejenigen, die seit Jahren unter den unsäglichen Zuständen vor Ort leiden." Damit wäre alles zu diesem Thema gesagt.

Dachte man. Denn obwohl Bushido der Hohn und Spott einiger Witzbolde nur so um die Ohren flog, denkt er gar nicht daran, das entstandene Image des meckernden Senioren zu widerlegen und schimpft in seinen neuesten Ansage-Videos weiter mit einer merkwürdig anmutenden Engelsgeduld über die Post und ihre Mitarbeiter. Die Ruhe, die er dabei ausstrahlt, ist eines Troll-Pokals würdig. Denn dass er das Ganze immer noch ernst meint, glauben auch nur Menschen, die sich darüber beschweren, dass die Antifa Demogeld bekommt und es im Internet sogar offen zugibt. Als World of Warcraft-Spieler sollte sich der Ersguterjunge-Chef mit der Trollerei ja sowieso auskennen. Und der aktuelle Spießer-Bushido erfüllt sein Soll ja mehr als ausreichend. Auch wenn Bento mal wieder dachte, sie wären besonders schlau, wenn sie feststellen: "Bushido ist ein Spießer und wird dafür jetzt hart getrollt" - das Gegenteil ist der Fall. Ihr seid die Angearschten. Kommt damit klar.

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Kaum jemand, der nicht auf den Zug aufspringt und dem Rapper mit dem Album in den Startlöchern durch Verbreitung seines Namens behilflich ist. Man muss sich einfach mal bewusst machen: All das wurde ausgelöst durch einen Tweet über eine Postfiliale. Nicht mal Donald Trump erreicht in Woche 7 seiner Regentschaft soviel Aufmerksamkeit durch 140 Zeichen Nonsens. Musste der "Skandal-Rapper" sich in der Vergangenheit immerhin noch einen Paris-Pullover kurz nach Charlie Hebdo anziehen oder Claudia Roth und andere Grünen-Politiker beleidigen, hat er diesmal sein Meisterstück abgelegt. Denn nachdem er das öffentliche Interesse komplett auf sich gelenkt hat, wurde die nächste Schachfigur aufs Spielfeld geschickt: Laas Unltd.

Der Backpacker, der seit Längerem mit Shindy und Fler an deren Alben arbeitet, steht jetzt offensichtlich unter dem Schutz von Bushido. Subtile Andeutungen in Richtung Kollegah und Farid Bang sind nun der Content für die sogenannte Rap-Szene, die nichts mehr liebt, als im Internet Stellung zu beziehen und sich gegenseitig zu beschimpfen. Laas Unltd, seit jeher etwas geknechtet durch den ein oder anderen Fitness-MC, ist also der Springer, der nun aufs Feld geschickt wird. Er erinnert dabei unfreiwillig an Figuren wie Cosimo, einen schwäbischen Naivling, den sich Bushido als Hofnarr hielt. Oder ist es etwa vorstellbar, dass der König sich ernsthaft für einen Springer einsetzt? Vielleicht sind wir etwas zu misstrauisch, aber auch diese Aktion riecht mal wieder nach dem Ali As-Motto "Dissen für Promo". Aber sämtliche Rochaden der letzten Tage sprechen für sich: "Bushido liked Instagram-Post mit Hashtag #BangerLutscher". Oder etwa: "Laas pöbelt gegen Kollegah. Der Berliner Rapper nutzt die Gefällt mir-Funktion und zeigt somit, was er von dem Post hält." Das sind Nadelstiche, die in Zeiten von Rap-Livetickern nicht unentdeckt bleiben. Zufall? Natürlich nicht.

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Noch bevor der Beef überhaupt richtig losgeht, hat Fler natürlich schon eine Meinung dazu. Auch Farid Bang schreibt auf Facebook, dass er Laas auch weiterhin beleidigen wird und Shindy retweetet Laas' Angriffe auf Kolle, den Ex-Boss. Kollegah läuft wahrscheinlich fuchsteufelswild in einem ledernen Cäsar-Kostüm durch ein geschmacklos eingerichtetes Reihenhaus in Düsseldorf und überlegt sich, ob er einen 145 Minuten Disstrack schreiben soll, in dem es ausschließlich um begeisterte Aquarien-Händler und bärtige Warcraft-Zocker geht. Man wird das Gefühl nicht los, dass Bushido sich währenddessen den Bauch hält vor Lachen und beobachtet, wie Deutschland sich mal wieder hart trollen lässt. Und wenn er fertig ist, steht er einfach auf und lässt euch grübelnd vor dem Schachbrett zurück. Fragte Eko Fresh einst "Willst du mich savasen?", ist es vorstellbar, dass kommende Generationen von einem Bushido-Move sprechen, wenn der Klassenkamerad mal wieder die ganze Schule an der Nase herumgeführt hat.

Abschließend kann man feststellen: Stress ohne Grund? Mitnichten! Bushido macht, was er will. Mit euch. Mit uns. Mit seinen Kollegen. Er erzählt von Service-Wüsten und Telekom-Affären, beleidigt und bedroht Rapper, Journalisten und Politiker, fängt Streit an, bestreitet, Probleme mit irgendwem zu haben und schaut sich dann aus seinem Villenareal in Kleinmachnow an, wie wir alle durchdrehen. Und das Ganze kostet nicht mal etwas. Außer die Nerven der Beteiligten.

Update: Inzwischen hat Bushido sogar Musik veröffentlicht – in Form der ersten Single "Fallout":

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