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jan böhmermann

Böhmermann vs. Merkel vs. Erdoğan: Die Schmähgedicht-Affäre geht weiter

Die Bundesregierung fand Böhmermanns Gedicht "bewusst verletzend". Aber warum eigentlich?
Foto: imago | Sven Simon

Der Penis des türkischen Präsidenten rieche nach Döner und schlechter als ein Schweinefurz und sei dabei auch noch sehr klein. Erdoğan konsumiere Kinderpornos und habe Sex mit Schafen, er sei schwul und der "Star auf Gang-Bang-Feiern". Das alles darf Jan Böhmermann laut einstweiliger Verfügung des Landgerichts Hamburg nicht mehr sagen. Alle Aussagen waren Teil seiner "Schmähkritik", seines Gedichts, das im Frühling 2016 über Wochen die Nation in Wallung brachte und die Deutschen bis zur Kanzlerin zu Satire-Interpreten machte.

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Seitdem beschäftigen sich Gerichte mit Böhmermanns Gedicht und immerhin soll in diesem Jahr noch die Abschaffung von Paragraf 103 beschlossen werden. Das heißt: Ab 2018—erst ab dann soll die Änderung in Kraft treten—dürfen wir also Organe und Vertreter ausländischer Staaten nach Herzenslust beleidigen.

Angela Merkel stellte sich im April 2016 aber gegen Böhmermann und bezeichnete das Gedicht als "bewusst verletzenden Text", bevor sie einige Tage später zurückruderte. Da war das Kind allerdings schon so lange in den Brunnen gefallen, dass es sich dort gemütlich einrichten konnte und Merkel nicht mehr los wurde, dass sie sich in die Niederungen der Text-Interpretation begeben hatte. Die Bundesregierung und das Auswärtige Amt kamen dann schließlich auch zu dem Schluss, dass gegen Böhmermann ermittelt werden müsste. Das Verfahren wurde im Oktober 2016 dann allerdings eingestellt—unter anderem steht in der Begründung, dass eine Karikatur oder Satire keine Beleidigung sei.

Für die Bundesregierung ist die Geschichte allerdings immer noch nicht vorbei. Am Montag entschied das Berlin-Brandenburger Oberverwaltungsgericht nach einer Klage des Tagesspiegel, dass offengelegt werden muss, warum ein Satire-Gedicht überhaupt für potentiell strafbar gehalten wurde.  Die Bundesregierung hatte bisher behauptet, dass die Offenlegung dieser Entscheidung die eigene Arbeit und das Verhältnis zur Türkei beeinträchtigen würde. Schon im letzten Jahr wurde vermutet, dass Angela Merkel den umstrittenen Flüchtlingsdeal mit der Türkei nicht gefährden wolle und sich deswegen gegen die "Schmähkritik" am türkischen Präsidenten gestellt habe.

Wir werden also auch noch 2017 über den Penis von Recep Tayyip Erdoğan reden müssen. Danke Merkel!

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