FYI.

This story is over 5 years old.

Stuff

Austrian Problems zeigt uns, dass Österreich keine Probleme hat

In Österreich passiert nichts, also suchen wir uns einfach unsere Sorgen und Probleme selbst. Schnuffi lebt!

Titelblatt der Krone vom 6.12.2013

Österreich ist die Insel der Seligen. Das hat bestimmt jeder Politiker, Journalist und Krisenforscher des Landes schon einmal, sich den satten Bauch reibend, realisieren dürfen. Und trotzdem—oder gerade deswegen—liegt es uns im Blut, immer und überall über wirklich alles zu schimpfen. Ich bin zum Beispiel einmal zur Straßenbahn gerannt, die noch in der Station stand. Der Fahrer hat auf mich gewartet, nur damit er mich—nachdem ich eingestiegen war und mich nett bedankt hatte—anschreien konnte, dass man Straßenbahnen gefälligst nicht nachläuft, sondern auf die nächste wartet.

Anzeige

Es passiert auf unserer seligen Insel eben selten etwas wirklich Großes. Trotzdem haben wir gerne Probleme und Sorgen um beim Wellness-Wochenende oder am Schilift oberflächliches Mitleid zu ernten und deswegen machen wir uns ganz einfach die Probleme selber. So verwandelt sich langsam aber stetig unser ganzes Land in eines dieser „First World Problems"-Memes. Ja, es ist schrecklich: wir sind schlecht im Fußball, den ganzen Sommer hat es geregnet und wir haben natürlich alle schlaflose Nächte wegen der Hypo. Und was wäre gewesen, wenn Schnuffi nach seiner Odyssee nicht wieder nach Hause gekommen wäre?

Screenshot der Seite Austrian Problems.

Die Facebook-Seite Austrian Problems zeigt diese Probleme durch das auf, was sie am besten beschreibt: Schlagzeilen, die die Österreicher bewegen. „Kater Blacky ,markiert' neues Handy" zum Beispiel, in dem die junge Besitzerin erzählt, dass der Kater öfter einmal Dinge markiert, es dieses Mal aber das Handy getroffen habe und das nun nicht mehr zu retten sei. Wieso liest man diesen Artikel? Wieso lese ich diesen Artikel?!

Gut, 80 Prozent der Leser haben ihn vermutlich einfach nur aufgrund der Absurdität seiner Existenz angeklickt, aber die restlichen 20 Prozent wollen schlicht und ergreifend die angenehm harmlose Blase aus Haustier-News anstatt sich mit IS, der Ukraine oder den Sanktionen gegen Russland zu befassen. Oder sie wollen zumindest einmal eine Pause davon. In hochtrabenden Diskussionen am Stammtisch lässt es sich auch leichter über die neue Brutalo-Biber-Plage reden, als über das die Jesiden oder den Nahost-Konflikt.

Screenshot der Seite Austrian Problems.

Früher dachte ich immer, ich sei zu normal und fand Freunde aus kaputten Familien oder mit Drogenproblemen viel spannender. Dann wurde mir schnell klar, dass meine „behüteten" Teenager-Jahre ein scheiß Privileg sind. Gemütlich kiffend konnte ich mir—und kann es noch immer—über die wichtigeren Dinge im Leben wie Krieg, Existenz und Kultur Gedanken machen und prätentiös herumphilosophieren. Das ist ein Luxus, den der Großteil von uns in Österreich genießt und trotzdem gekonnt ignoriert—weil wir egozentrisch keinen Meter weiter als unsere Haustür denken wollen und eben nur über unser hartes Dasein schimpfen können. In einem Ausmaß wie es nicht einmal unsere Urgroßeltern getan haben, als sie mit dem Schlitten vom Berg zum Arzt ins Dorf gefahren sind.

Wir jammern, weil wir gestern zu lange im Lieblingsbeisl waren und deswegen heute verkatert sind oder weil wir zu viel gegessen haben und deswegen jetzt der Bauch wehtut. Wir haben ein langes Wochenende vor uns—also hört auf, euch über nichtige Probleme Gedanken zu machen und lernt zu schätzen, dass wir einen Helicopter zur Jagd von Taschendieben verwenden und nicht um tausenden Menschen das Leben zu retten. Aber nur weil manche Dinge nicht bei uns auf den Straßen passieren, heißt das nicht, dass sie gar nicht passieren. Aber froh bin ich trotzdem, dass Schnuffi gut nach Hause gekommen ist.