Anzeige
Anzeige
Anzeige
Die abschliessende Antwort darauf kennen wohl nur die Sonnenpartei und ihre Strategen selbst. Eine mögliche Begründung dafür könnte aber die Folgende sein: Im Herbst, als sich die SVP noch aktiver gegen die Änderung des Asylgesetzes wehrte, konnte sie auf einer Welle der Polarisierung mitschwimmen. Praktisch jeder bildete sich im Rahmen der Flüchtlingsströme eine Meinung zu Asylsuchenden, war entweder für eine vermehrte Aufnahme oder für die Einschränkung des Asylrechts—sprich: war entweder gegen die SVP oder für die SVP.Damals hat der Partei das Referendum etwas Wertvolles gebracht, nämlich mehr Aufmerksamkeit. Heute aber würde ihr genau diese Aufmerksamkeit im Weg stehen. Denn natürlich weiss die SVP, was die Änderung des Asylgesetzes in erster Linie mit sich bringen würde: schnellere Verfahren. Und natürlich weiss die SVP auch noch genau, was sie vor wenigen Jahren konsequent gefordert hatte: schnellere Verfahren. Sogar die SVP ist sich also bewusst, wie absurd und unnötig ihr eigenes Referendum ist. Wohl als Pflichtübung bewirtschaftet sie die möglichen Enteignungen und die "Gratisanwälte", die nach einer GFS-Umfrage zu den stärksten Argumenten für ein Nein gehören.Neben diesen taktischen Gründen, gibt es aber auch ganz praktische: Thomas Milic schreibt in seinem Handbuch der Abstimmungsforschung, dass politische Propaganda ihre Wirkung nur richtig entfalten könne, wenn ein Thema nicht schon endlos durch die Öffentlichkeit gepeitscht wurde und die Meinungen dazu deshalb schon gefestigt seien. Wie wir aber alle wissen, haben wir uns spätestens bei den Wahlen im Herbst unsere Meinung zur Flüchtlingspolitik gebildet.Es ist pragmatisch gesehen auch so, dass Behördenvorlagen grundsätzlich gute Chancen haben, angenommen zu werden, wie Thomas Milic schreibt. Bei der Änderung des Asylgesetzes liegen die Zustimmungswerte je nach Umfrage aktuell etwa bei 55 oder 60 Prozent—oder in Worten ausgedrückt: vor allen Kampagnen steht ein grundsätzliches Ja, gegen das die SVP anstürmen müsste.Und so haben sich auch gut eine Woche vor dem Abstimmungssonntag weder Renzo Blumenthal, noch der eine rechtsgesinnte Facebook-Freund aus dem Heimatdorf zu Wort gemeldet. In den Medien herrscht gähnende Leere und trotzdem scheint nur eines ebenso klar zu sein wie das prognostizierte Ja am 5. Juni: Asylsuchende bleiben für die SVP nur ein weiterer Ball auf dem Spielfeld der politischen Macht. Dass die Änderung des Asylgesetzes die Situation für die grosse Mehrheit der Beteiligten verbessern würde und es am Ende um Menschen geht, scheint ihr entweder egal oder allzu klar zu sein.Sebastian auf Twitter.
VICE Schweiz auf Facebook und Twitter.