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Hip-Hop

Wie wärs mit Wu Tang-Clan-Macarons oder Snoop Dogg Semifreddo?

In Göteborg kreiert die Pasteleria 413 Desserts, die von Rap-Musik inspiriert sind: Wu Tang-Clan-Macarons, Baggys mit Karamell und frittiertes Eis als Tribut an Flavor Flav.

Göteborg an der schwedischen Westküste ist besonders unter Freunden der nordischen Kultur und Küche bekannt. Die Stadt hat eine aufregende kulinarische Szene mit einem Schwerpunkt auf Meeresfrüchten und seit diesem Jahr auch beeindruckenden sechs Michelin-Sternerestaurants. Gar nicht so übel für eine Stadt mit weniger als einer halben Million Einwohner.

Trotzdem ist und bleibt der krönende Erfolg ein Gericht, das als „halv special" bekannt ist und aus einem Hotdog mit zwei Schöpfern Kartoffelpüree oben drauf besteht—und wenn man es sich richtig gut gehen lassen will, mit einem Garnelen-Salat dazu. Trotzdem ändern sich die Restauranttrends in Göteborg in beeindruckender Geschwindigkeit. Das Food Truck-Fieber hat fest zugepackt und ständig schaffen es neue Geschmäcker, Techniken und Zutaten auf die Speisekarten der ganzen Stadt.

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Eine Auswahl von Cookies der Pasteleria 413.

Eines der interessantesten neuen Food-Projekte der Stadt lässt sich nur schwer in eine Kategorie einordnen: Es ist ein Kunstprojekt, ein Pop-up-Fine-Dining-Erlebnis, ein aufkommender Social Media-Kanal, eine Dessert-Bäckerei und ein lebendes Mixtape in einem. Es heißt Pasteleria 413 und wurde von den Dessert-Fans und Schwägern Jimmy Wigh und Kalle Silfverleijon ins Leben gerufen. Die beiden lieben Essen und Rap und bringen mit ihrem neuesten Vorhaben eine Gruppe von gleichgesinnten Designern, Musikern, Künstlern und Köchen unter einem Dach zusammen.

Pasteleria 413 macht sich die Dessertküche zunutze und vermischt sie mit HipHop-Kultur.

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GZA, "B.I.B.L.E" Sudachi-Macaron, Jasmin-Sabayon, Miso-Cremeux.

Die Idee dahinter kam Wigh vor ein paar Jahren, während er am Strand Treibholz für einen Freund sammelte, der es für seine Kreation für die Dessert-Weltmeisterschaften verwenden wollte. „Er fragte mich, mit was ich antreten würde, wenn ich mitmachen würde. Mein erster Gedanke war, dass das nie passieren werde. Aber dann begann ich darüber nachzudenken, und dachte mir, ich würde eine Platte aus Schokolade machen und Musik bei meiner Präsentation abspielen, während andere meist statische Dinge wie Bilder zeigen."

Ausgehend von dieser Idee dachte er eingehender darüber nach, wie man Desserts servieren könnte, die einerseits seine Liebe zur Musik widerspiegeln, andererseits sein Bedürfnis, den Leuten etwas zu bieten, das sie genießen können und das ihnen im Gedächtnis bleibt, nachkommen.

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Raekwon, „Ice Cream". Vanillemousse, Pekannuss-Granola, Honigwabe, Rumpraline, Schokoladeneis, Karamell-Cremeux.

„Das Wichtigste, das man beachten muss, ist, dass man nicht nur sagen kann, ‚Oh, das ist toll'", erklärt Wigh. „Es muss auch noch lecker schmecken." Auf den Tellern der Pasteleria 413 ist jede einzelne Zutat und Methode mit einem Element auf der Platte oder des Künstlers, um den es geht, verbunden.

Um Gerichte zu kreieren, die nicht nur Schnickschnack sind, bedarf es einer Balance. Wie die Popularität des „We Want Plates"-Twitteraccounts zeigt, haben die Leute die Nase voll von Essen, das auf unnötigen Gegenständen serviert wird. Wie wirkt sich das auf Gerichte wie ihre aus? „Wenn ich an Flavor Flav denke, könnte man einen Käsekuchen auf eine Uhr legen", sagt Wigh. „Aber das allein ist nicht cool."

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Snoop Dogg, „Serial Killer." Semifreddo, Himbeer- und Minus8-Tapioca, Vanilleschaum.

Sie haben eng mit Mia Martinius von Västergården zusammen gearbeitet, um Teller mit Visier-Motiv à la Public Enemy herzustellen. Martinius hat auch Teller mit goldenen Bissen, Geschirr im Graffiti-Stil und Teller mit Schlagringen gebrannt. Ein weiterer Freund, Måns Nilsson, wurde beauftragt, Screenprinting-Logos für die Pasteleria sowie für die Biere mit Yuzu- und Tonkabohnengeschmack, die sie bei ihren Pop-up-Events verkauften.

Diese Accessoires lassen erahnen, dass die beiden Gründer hauptsächlich Gangsta Rap hören und deshalb könnte der Pasteleria 413—mit den Schlagringen, den Uzi-Schablonen, den Baggys voll Karamell und den rauchenden Utensilien auf den Tellern—vorgeworfen werden, bestimmte Elemente der Rap-Musik zu verherrlichen, was manche vielleicht als gewalttätig, aggressiv oder einfach nur klischeehaft interpretieren.

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Wigh weist diese Anschuldigungen aber schnell zurück: „[Wir verwenden den] Schlagring, um den Songtext von Busta Rhymes zu repräsentieren. Der Schlagring hat ein wunderschönes Design. Es ist eine sehr feige Waffe, in der so viel Hass steckt. Wir nehmen das Design, das für etwas steht, an dem wir Interesse haben—die Musik—und wir füllen es mit Liebe. Mit Zucker. Es gibt nichts Reineres als Zucker."

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Ein „zwei Minuten ohne Zucker"-Jeton.

Bisher hat die Pasteleria 413 Veranstaltungen in und um Göteborg herum abgehalten, momentan arbeiten die Jungs daran, ein Wochenend-Event auf der Tredje Långgatan, einer Straße mit einem belebten alternativen Nachtleben, zu organisieren. Briefe mit Baggys voll Karamellstaub—mit Lakritzgeschmack, der vor dem Event über Eis gestreut werden soll—werden gerade als Vorbereitung verschickt. Jetons im Stil der Anonymen Alkoholiker, auf denen „zwei Minuten ohne Zucker" steht, wurden lasergeschnitten und dienen entweder als Erinnerungsstück an die Veranstaltung oder können danach gegen „Rückfall-Trüffel" eingelöst werden.

Das große Finale wird perfektioniert: eine Eiscreme mit dem Namen „röda sten" (in Anspielung an die gleichnamige Kunstgalerie/Graffiti-Zentrum), die zum Teilen mit den Sitznachbarn gedacht ist; im Zeitraffer gefilmte Graffiti-Kunst von Ollio und mehr.

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„Röda Sten." Schokoladenhülle mit Vanilleeis.

Ihre Gerichte sollen nicht nur in Göteborg erhältlich sein: „Wir wollen ein bisschen von unserem Hood in euer Hood bringen", sagt Wigh. Bisher war die Reaktion der Presse so wie der Gästen überwältigend. Wigh und Silfverleijon wollen aber nicht vor einer Menschenmenge stehen und ihnen die Grundlagen des HipHops erklären, bevor sie ihre Desserts essen dürfen. „Den Leuten sind die Details vielleicht egal. Manchmal wollen sie einfach nur einen Kuchen."