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Zorry

So sagst du erfolgreich 'Sorry': Der Guide nach Mark Zuckerberg

Regel 2: Nimm dein Gegenüber ernst – oder tu zumindest so.
Foto: imago | ZUMA Press (bearbeitet)

Jeder von uns baut mal Scheiße, das lässt sich nicht vermeiden. Umso besser also, wenn man weiß, wie man sich richtig entschuldigt. Denn das ist eine Kunst, die einen im Leben wirklich weiterbringt: Wer sich gut entschuldigt, der kann Beziehungen reparieren, wirkt reif, reflektiert und bescheiden und ist am Ende drei Milliarden Dollar reicher.

Das ist zumindest gerade Mark Zuckerberg passiert. Der Facebook-Gründer hat sich gestern zum ersten Mal einer Anhörung vor dem US-Kongress gestellt, um sich dafür zu entschuldigen, dass eine externe Firma die Daten von mindestens 50 Millionen Facebook-Nutzern (wenn nicht mehr) einsammeln und zu Geld machen konnte.

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Und Zuckerberg hat das so gut gemacht, dass nicht nur die US-Abgeordneten offenbar zufrieden waren, sondern auch die Börse: Nach einem massiven Kurssturz in den letzten Wochen ging der Aktienkurs von Facebook nach der Anhörung um vier Prozent nach oben, was Zuckerberg um die drei Milliarden Dollar reicher machte. Ein guter Grund, sich bei dem Mann ein paar Tricks abzuschauen:

1. Bereite dich gut auf die Entschuldigung vor

Zuckerberg beweist, dass man die Demut nicht spontanen menschlichen Regungen überlassen sollte. Öffentliche Auftritte sind für ihn immer eine Herausforderung, weil er ungefähr so viel zwischenmenschlichen Charme besitzt wie ein Retina-Scanner. Aber weil er um seine Schwächen weiß, hat der Facebook-Gründer sich von einem ganzen Team von Kommunikationsberatern und Coaches drillen lassen, um menschlicher und nahbarer zu wirken. Das hat auch ganz gut funktioniert – in gewissen Grenzen:

2. Nimm dein Gegenüber ernst – oder tu zumindest so

Nichts lässt einen Konflikt schneller eskalieren, als wenn sich eine Seite nicht ernst genommen fühlt. Zuckerberg ist das bewusst, als Besitzer eines Vermögens von rund 70 Milliarden Dollar hatte er es bis zu diesem Zeitpunkt ja auch nicht nötig gehabt, Kritiker ernst zu nehmen. Vor allem deutsche Politiker haben sich in der Vergangenheit immer wieder beschwert, dass sie sich von Facebook-Vertretern wie Vollidioten behandelt fühlen.

Nun steht allerdings Zuckerbergs Lebenswerk auf der Kippe, das heißt, er muss seine Methode anpassen. Dadurch, dass er jetzt persönlich erschienen ist, hat Zuckerberg dem US-Kongress signalisiert, dass er das Anliegen für voll nimmt. Die haben sich allein darüber schon enorm gefreut. Ein Senator grüßte den Facebook-CEO sogar von seinem 13-jährigen Sohn Charlie, weil der "sehr engagiert auf Instagram" sei.

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Die Abgeordneten machten es Zuckerberg nicht immer leicht, sie als ebenbürtige Gesprächspartner für Digitalthemen ernst zu nehmen: Einer fragte zum Beispiel wiederholt, ob die Firma denn die "E-Mails" lesen könne, die er über WhatsApp verschicke. Zuckerberg gelang es trotzdem außerordentlich gut, geduldig die Fassade von respektvoller Hilfsbereitschaft zu wahren – was aber auch einfach daran liegen könnte, dass er augenscheinlich kaum Zugang zu menschlichen Emotionen wie zum Beispiel Schadenfreude hat.

3. Übernimm für alles uneingeschränkt "die Verantwortung", es kostet nix

"Das war mein Fehler, und es tut mir leid", sagte Zuckerberg in seiner vorbereiteten Eröffnungsrede. "Ich habe Facebook gegründet, ich leite es, und ich bin verantwortlich für alles, was hier passiert." Das kam natürlich gut an: Kein Wegducken, keine Ausflüchte, der Mann steht zu seinen Fehlern.

Andererseits ist es aber auch eine wunderbare Methode, um Verantwortungsbewusstsein zu simulieren, ohne irgendwas an den Verhältnissen ändern zu müssen. Facebook wird weiter die Daten über Nutzer sammeln, teilweise ohne deren Einverständnis oder ohne dass sie überhaupt ein Profil auf der Plattform haben. Und auch wenn Zuckerberg immer wieder betont, dass die Nutzer die Kontrolle über ihre Daten haben müssen, wird er wohl nie freiwillig erlauben, dass Nutzer ihre Daten, Fotos, Erinnerungen und Posts dann auch wirklich besitzen – und damit zum Beispiel zu anderen Plattformen umziehen können. Dass Zuckerberg so vollmundig die Verantwortung übernimmt, bringt dem Nutzer am Ende bis auf einige sinnvolle Updates also erstmal wenig.

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4. Betone immer wieder, dass du nur das Beste wolltest

"Facebook ist eine idealistische und optimistische Firma", erklärte Zuckerberg, man habe nie etwas anderes gewollt als "Menschen verbinden". (Dass die Seite ursprünglich mal entwickelt wurde, damit Harvard-Studenten ihre Kommilitonen nach Hotness bewerten können, erwähnte er überraschenderweise nicht.) Aber mittlerweile, so der reuige Facebook-Chef, habe man gemerkt: "Es reicht nicht, Menschen zu verbinden, wir müssen auch sichergehen, dass diese Verbindungen positiv sind."

Die Botschaft ist klar: Blauäugig und voll guten Glaubens haben die cleveren Tüftler von Facebook sich daran gemacht, ein tolles System zu bauen, mit dem sich Menschen auf der ganzen Welt "verbinden" können. Allein, die Menschen waren nicht gut genug für das System. Sie verbinden sich zwar, aber offenbar auch, um sich gegenseitig mit Fake News, Gemeinheiten und russischer Propaganda zu bombardieren. Der einzige Fehler von Facebook, so der edle Gründer kopfschüttelnd, war also, zu naiv an das Gute im Menschen zu glauben.

Was dabei unter den Tisch fällt: dass die Algorithmen der Plattform de facto unsere schlechtesten Seiten ansprechen – um aus unserer Empörung, unserer Wut und unserem Hass "Engagement" zu machen. Das ist es, was der stets freundlich blinzelnde Zuckerberg in seiner Entschuldigung natürlich nicht unbedingt breittreten wollte.

Aber deswegen kannst du ja auch von ihm lernen: Die Kunst der überzeugenden Entschuldigung liegt in der selektiven Darstellung der Wahrheit.

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