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USA erlauben kostenlose Datenbank mit Waffenplänen für 3D-Drucker

Ein Waffennarr kämpfte fünf Jahre lang dafür, die Anleitung für eine DIY-Waffe ins Netz zu stellen. Dass er sich jetzt durchsetzen konnte, könnte auch mit Donald Trump zu tun haben.

Ein Schuss sollte dem Waffenaktivisten Cody Wilson genügen, um es mit der US-Regierung aufzunehmen. Diesen Schuss feuerte der Texaner 2013 auf einem Schießplatz ab, er kam aus einer Pistole, die Wilson mithilfe eines 3D-Druckers selbst gebastelt hatte. Euphorisiert von dem erfolgreichen Test, stellte er den Bauplan als kostenlose Open-Source-Datei ins Internet. Hunderttausende Downloads folgten in wenigen Tagen. Bis eine Woche später der Brief aus dem US-Justizministerium kam. Wilson dürfe seine Druckanleitung nicht veröffentlichen. Er nahm die Datei wieder von der Website seiner Firma Defense Distributed.

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Doch anstatt sich damit zufrieden zu geben, scharrte Wilson Unterstützer und Anwälte um sich, um gegen die Anweisung vorzugehen. Nach über fünf Jahren steht nun fest: Wilson hat gewonnen, er darf die Baupläne seiner ersten Pistole hochladen – und sogar noch einiges mehr. Das US-Magazin Wired berichtet in einem ausführlichen Feature über Wilson, dass das US-Justizministerium nachgegeben und sich in einem Vergleich mit Wilson geeinigt habe. Ein möglicher Grund für Wilsons juristischen Sieg: die neue US-Regierung unter Präsident Donald Trump. Unter Barack Obama war Wilson immer wieder vor Gericht gescheitert, der demokratische Präsident stand für strenge Waffengesetze und verschärfte Kontrollen.

Doch unter der neuen US-Regierung folgt das Justizministerium nun weitgehend der Argumentation von Wilsons Team von Anwälten, und stimmte einem Vergleich zu. "An der Spitze der Behörde herrscht jetzt ein anderes Management", zitiert Wired dazu Wilsons Anwalt. "Ziehen Sie Ihre eigenen Schlüsse." Wilson habe, so die Begründung, nicht nur auf sein Recht zum Tragen einer Waffe gepocht. Seine Anwälte gingen auch dagegen vor, dass ihm verboten wurde, den Programmcode zur Bau einer Waffe zu veröffentlichen. Und letztendlich sei die Veröffentlichung von Programmcode von dem Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

In Deutschland wäre der Besitz von Cody Wilsons 3D-gedruckter Waffe strafbar

Der Start eines solchen Portals dürfte auch globale Auswirkungen haben: Denn während sich Wilsons Anwälte auf die US-Verfassung bezogen, herrschen in den meisten Ländern strengere Waffengesetze als in den USA. Doch auch die Bewohner dieser Länder werden folglich in naher Zukunft einfachen Zugriff auf Blaupausen zum Waffenbau haben. In Japan wurde etwa ein Mann zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er sich selbst Waffen gebaut hatte.

Wer sich aus den Blaupausen aus Cody Wilsons Datenbank eine funktionsfähige Waffe druckt, macht sich auch in Deutschland strafbar. Denn der Besitz einer Schusswaffe ohne Waffenbesitzkarte ist in Deutschland illegal.

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Cody Wilson sieht seinen Kampf für selbstgebaute Waffen als politische Kampagne: Er sei ein radikaler Libertärer, sagte er Motherboard 2013 in einem Interview. Staatliche Eingriffe und Kontrollen lehne er ab. Sich selbst bezeichnet er als Krypto-Anarchisten, der eine Kontrolle von Waffen in Zeiten von 3D-Druckern nicht für möglich hält. Die Verbote des US-Waffengesetzes will er mit technischen Mitteln aushebeln – und das auch allen anderen Bürgern ermöglichen.

Wilsons 3D-gedruckte Waffen haben noch ein Feature, das dem Waffenaktivisten wichtig ist: Sie sind nicht registriert, wenn sie aus dem 3D-Drucker kommen. Es handelt sich um eine sogenannte "Ghost Gun". Wie einfach es ist, sich selbst eine solche unregistrierte und nicht zurückverfolgbare Waffe herzustellen, bewies der Journalist Andy Greenberg schon vor zwei Jahren in einem Selbstversuch. Er druckte sich mit Hilfe von Wilsons Technologie ein Sturmrumgewehr in seiner Redaktion.

Diese fehlende Registrierung macht es allerdings auch Terroristen, Kriminellen oder Menschen, die aufgrund psychischer Erkrankungen in den USA keine Waffe haben sollten, leicht, ihre eigenen Waffen herzustellen. Für Wilson wiegt diese Gefahr weniger schwer als sein radikal ausgelegtes Recht auf Waffenbesitz, wie er in Interviews betont.

Cody Wilson verdient Geld auf dem DIY-Waffenmarkt

Inzwischen verdient Wilson sein Geld mit den 3D-gedruckten Waffen: Nachdem er die erste Waffe gebaut hatte, schmiss er sein Jura-Studium und gründete die Organisation "Defense Distributed", die auf dem DIY-Markt für Waffen trotz Prozesskosten profitabel sei, wie er dem US-Medium "Inc" sagte. Top-Seller soll ein Apparat zum Bau von Sturmgewehren sein. Jetzt, nach dem juristischen Sieg, verkündete er, dass auch das Portal zum Download von Blaupausen für Waffen am 1. August online gehen werde.

Auch andere Nutzer sollen dort eigene Bauanleitungen hochladen können. Ob die Datenbank und die Dateien auch diesmal kostenlos sein werden, ist noch nicht klar. Wilson kündigte aber an, dass Nutzer auch eigene Pläne beitragen können. Bisher hat Wilson jedoch versucht, sein Projekt so stark wie möglich nach dem Open-Source-Prinzip aufzubauen und das Wissen um die Baupläne so weit wie möglich zu verbreiten.

Update, 01.08.2018, 09:13: Ein US-Bundesrichter in Seattle hat einen temporäre, einstweilige Verfügung ausgesprochen. Sie verbietet es der Firma von Cody Wilson, weitere Waffenpläne online zu stellen. Das berichtet die New York Times, die sich auf die Nachrichtenagentur Associated Press beruft. Um Waffen aus dem 3D-Drucker gibt es eine nationale Debatte in den USA, auch US-Präsident Donald Trump äußerte sich dazu auf Twitter.

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