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So viel verdient eine Bestatterin mit dem Tod

“Den Leichenwagen parke ich woanders. Vor meiner Haustür sieht er komisch aus.” – Merel
Merel Westermann, Bestatterin, auf einem Friedhof
Alle Fotos von der Autorin

Du kannst mit dem Tod ziemlich gut verdienen. Eine durchschnittliche Beerdigung kostet ungefähr 7.500 Euro. Davon bekommt die Bestatterin 1.500 Euro. 

Wenn dich das noch nicht von deinem neuen Karriereweg überzeugt, hör’ dir das an: Du brauchst weder in den Niederlanden noch im Vereinigten Königreich einen Abschluss, um Bestatter zu werden. Auch in Deutschland musst du nur ein Gewerbe anmelden. Jeder darf sich als Bestatter bezeichnen. 

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Obwohl sich fast alle Bestatter weigern, eine Preisliste rauszurücken oder Fragen über ihre Bezahlung zu beantworten, war die selbstständige Bestatterin Merel Westermann dazu bereit, mit uns zu sprechen. Wir trafen die 52-Jährige am Zorgvlied Friedhof in Amsterdam.

Blonde Frau

VICE: Hi Merel, wie bist du Bestatterin geworden?
Merel Westermann: Vor ungefähr siebzehn Jahren ist mein bester Freund gestorben. Seine Beerdigung war gewöhnlich: drei Sprecher, drei Lieder, Kaffee und Kuchen. Es fühlte sich nicht besonders gut an. Zu der Zeit arbeitete ich als Hebamme. Ich kündigte den Job und entschied, Familien zu helfen, die jemanden verloren hatten – anstelle von Familien, die gerade ein Baby bekommen haben. 

Was ist alles Teil deines Jobs?
Es ist mit der Planung einer Hochzeit vergleichbar. Ich kümmere mich um alles. Ich schicke Karten an die Verbliebenen, schalte eine Anzeige in der Zeitung, buche den Ort, die Bewirtung, mache die Leiche zurecht, organisiere den Gottesdienst, die Musik und so weiter. Weil ich da bin, muss die Familie sich um nichts selbst kümmern. Ich nehme auch alle Rechnungen entgegen. Im Endeffekt bekommt die Familie von mir eine große Rechnung mit den ganzen Kosten und meinem Honorar. Die Höhe dieser Rechnung liegt meistens zwischen 2.500 und 8.000 Euro.

Was kostest du?
Für einen Auftrag, für den ich zwischen 18 und 25 Stunden aufwende, berechne ich 1.850 Euro brutto. Wenn die Beerdigung sehr aufwendig ist, berechne ich mehr. In einem durchschnittlichen Jahr arbeite ich mit 50 bis 60 Familien, also ungefähr einer Familie pro Woche. 

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7.400 Euro brutto – das ist doch ein gutes Monatsgehalt.
Ja, das stimmt. Aber ich habe auch hohe Steuerabgaben. Ungefähr einmal pro Monat stelle ich außerdem eine freiberufliche Bestatterin ein, um einen Auftrag zu übernehmen. Diese Freiberufler erhalten zwischen 1.000 und 1.100 Euro von meinem Honorar. Den Rest behalte ich, damit ich trotzdem noch eine angemessene Summe behalte, weil ich auch Ausgaben habe. Wenn alle diese Ausgaben beglichen sind, verdiene ich zwischen 2.500 und 3.000 Euro im Monat. 

Wie hoch sind deine monatlichen Kosten?
Mein Büro kostet 350 Euro im Monat. Ich habe ein Auto und einen eigenen Leichenwagen: einen 1977er Mercedes. Der kostet mich alleine 100 Euro pro Monat, aber ich vermiete ihn auch regelmäßig. Ich miete einen Parkplatz für den Leichenwagen, weil er vor meiner Haustür komisch aussieht. Der Parkplatz kostet 650 Euro im Monat. Ich habe eigenes Equipment, um die Leichen zu kühlen und sie für die Beerdigung herzurichten. Infomaterialien und ein Abonnement für ein professionelles Magazin kommen dazu. Außerdem habe ich in Kondolenzbücher, Briefpapier und eine schicke Website, die auch ab und zu mal erneuert werden muss, investiert.

Merel Westermann auf dem Friedhof

Wie findet man dich?
Viele meiner Aufträge kommen von Menschen, die auf einer Beerdigung waren, die ich organisiert habe. Da ich viele Freunde und Bekannte habe, sorgen auch die für zahlreiche Aufträge.

Nimmst du weniger Geld, wenn es die Beerdigung einer befreundeten Person ist?
Normalerweise gebe ich Freunden einen Rabatt von fünfzig Prozent. In diesen Fällen nehme ich mir auch mehr Zeit für die Beerdigung. Und wenn Leute gerade etwas knapp bei Kasse sind, nehme ich auch nur die Hälfte meines normalen Honorars. 

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Machst du auch Deals mit den Gastronomen, wenn du weißt, dass Menschen sich nicht so viel leisten können?
Nein, aber ich kann helfen, günstigere Optionen zu finden. Letztens habe ich eine Beerdigung auf einem offenen Feld geplant, weil die Leute sich nicht so viel leisten konnten. Wir errichteten ein großes Zelt und die Gäste saßen auf Heuballen. Die Kuchen und der Sarg waren selbstgemacht – das kostet fast nichts, aber ist sehr einzigartig. 

Wie fühlst du dich dabei, Geld mit dem Tod zu verdienen?
Ich kümmere mich mehr um die Familien als die Leichen. Und wenn Leute wirklich nicht viel Geld übrig haben, nehme ich weniger. Ich begleite Menschen. Ich nutze sie nicht aus.

Hast du Pläne für deine eigene Beerdigung?
Ich hätte sie gerne im Freien, mit einer Feuerstelle. Ich möchte auch keinen Sarg, ich möchte viel lieber in Stoff eingewickelt sein. Mir gefällt die Idee einer Hippie-Beerdigung. Aber meiner Meinung nach ist die Beerdigung eher für die Hinterbliebenen, deswegen können meine Freunde und Familie alles entscheiden.

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