FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Forscher wollen eine Impfung gegen Pädophilie entwickeln und testen

Schwedische Wissenschaftler wollen pädophilen Übergriffen eine Prophylaxe entgegensetzen.
Bild: Shutterstock

Hunderte von Fällen pädophiler Übergriffe könnten jährlich verhindert werden, wenn es eine wirksame Therapie gäbe, die Menschen mit pädophilen Neigungen davor schützen würde, ihre Taten zu begehen. Forscher des schwedischen Karolinska Instituts, einer der größten und angesehensten medizinischen Universitäten Europas, meinen nun, eine ziemlich konkrete Idee für solch eine Therapie gefunden zu haben: Eine Impfung, die den sexuellen Trieb unterdrücken soll, bevor potentielle Täter straffällig werden können.

Anzeige

Den Schlüssel zu ihrem Ansatz stellt ein bereits existierendes Krebsmedikament dar, welches die Grundlage für die Entwicklung ihres Impfstoffs darstellt. Die nötige Studie zu dem Medikament wollen der Mediziner Christoffer Rahm, der Neurowissenschaftler Benny Liberg und der Endokrinologe Stefan Arver nun per Crowdfunding finanzieren.

Pädophile outen sich auf Reddit

Die Mediziner haben bereits konkrete Fälle vor Augen, in denen ihre potentielle Impfung zum Einsatz kommen könnte: Immer wieder wenden sich an Pädophilie Erkrankte an das Karolinska Institut und suchen nach Hilfe, um von ihrer Neigung los zu kommen. Aus eigener Erfahrung in der Klinik wissen sie, dass der Leidensdruck sehr hoch ist und sich zahlreiche Patienten freiwillig zur Impfung bereit erklären würden.

Einige britische Gefängnisse verabreichen pädophilen Straftätern zwar bereits Mittel zur Eindämmung der Testosteronproduktion, doch der Erfolg setzt zum Teil erst nach Monaten ein und gelegentlich steigt die Hormonproduktion plötzlich auch wieder rapide an. Die Forscher wollen nun zum ersten Mal ein wirkungsvolles Mittel bei einer akuten Pädophilie bieten. Die Basis dafür leistet Degarelix, ein Medikament, das bei Prostatakrebs eingesetzt wird, die Produktion von Testosteron im Gehirn blockiert und sehr gleichmäßig in seiner Wirkung ist. „Das Medikament beeinflusst temporär die Balance des Testosteronsystems", so Christoffer Rahm, der Initiator des Projekts im Kampagnen-Video.

Anzeige

Als Methode entschieden sich die Wissenschaftler für eine randomisierte kontrollierte Studie (RCT), welche dafür bekannt ist, den besten empirischen Nachweis der Wirksamkeit medizinischer Behandlungen zu bieten und auch als „Goldstandard" bezeichnet wird. Dabei wollen die Forscher audrücklich auf eine Förderung durch die Pharmaindustrie verzichten und setzen daher auf die Methode des Crowdfunding. Warum die Forscher ihre Entwicklung unabhängig von der industriellen Förderung vorantreiben wollen, erklärten sie nicht.

In ihrer Studie wollen die Forscher auch mit Hilfe von neuropsychologischen Untersuchungen, Bluttests und Hirnscans die biologischen Risikomerkmale ausfindig machen, die zu solch einer Störung führen. Diese Ergebnisse sollen nicht nur als Grundlage für effektive Behandlungsmöglichkeiten dienen, sondern ebenfalls eine Methode zur Risikoabschätzung liefern.

Kinderporno-Avatar Sweetie sorgt erstmals für Verurteilung eines Pädophilen

Für ihr Projekt mit dem Namen Priotab (Paedophilia at Risk—Invstigations of Treatment and Biomarkers) benötigen die Schweden nun 47.000 Euro und natürlich Probanden. Sobald sie das Geld beisammen haben, wollen sie anfangen und 2018 mit ihrem Forschungsprojekt fertig sein.

Selbstverständlich ist ein Medikament für akute Situationen nicht geeignet, um Pädophilie zu „heilen." Trotz einer möglichen Impfung würde ein Pädophiler ein Pädophiler bleiben, lediglich sein bzw. ihr Drang, sich sexuell an Kindern zu vergehen wird effektiv eingedämmt. Um Personen mit pädophiler Neigung zu behandeln, sind psychotherapeutische Hilfe und soziale Betreuung zusätzlich genauso wichtig, betont Christoffer Rahm außerdem.

Trotzdem sollten wir jeder Behandlungsmethode eine Chance geben und sie für sich testen—und wenn sie sich denn als wirksam erweist, in einem nächsten Schritt über die Bedingungen nachdenken, unter denen eine solche Entwicklung medizinisch, ethisch und praktisch umsetzbar ist.