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Wo warst du, als Jörg Haider gestorben ist?

Weil sich der Todestag Jörg Haiders heuer zum 6. Mal jährt, haben wir Leute gefragt, wo sie zu besagtem Moment waren und wie sie ihn wahrgenommen haben.

In der Nacht zum 11. Oktober 2008 fuhr Jörg Haider mit 1,8 Promille Alkohol im Blut und mit einer Geschwindigkeit von 142 km/h seinen Dienstwagen gegen einen Betonpfeiler. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Politiker, der zuerst langjähriger Vorsitzender der FPÖ, dann des BZÖs, später nur mehr Landeshauptmann von Kärnten und dann doch wieder auch Spitzenkandidat des BZÖ war, polarisiert wie kaum ein anderer Mensch des öffentlichen Interesses in Österreich.

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Unbestreitbar ist, dass der plötzliche Tod zur Legendbildung Jörg Haiders beigetragen hat, bei der die katastrophale finanzielle Situation in Kärnten und das Hypo-Fiasko oft ausgeblendet werden. Verschwörungstheorien wurden geschaffen, Inszenierungen vermutet und auch die sexuelle Orientierung Haiders zum Thema gemacht. In Kärnten fiel die Sonne vom Himmel, die Uhren blieben stehen und Stefan Petzner hat mit seiner Rede die Meinungen gespalten. Heute pilgern noch immer Menschen zum Unfallort, um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen, während sich andere über die „falsche Sentimentalität" mokieren. Der Tod von Jörg Haider ist anscheinend für viele so etwas wie die Opec-Geiselnahme oder das Einstürzen der Reichsbrücke. Also haben wir Leute gefragt, wo sie zu besagtem Moment waren und wie sie dieses Ereignis wahrgenommen haben.

Erik, 26

VICE: Wo warst du, als Jörg Haider gestorben ist?
Erik: Keine Ahnung, ich kenn Haider leider nicht. Ich bin nicht von hier, ich studiere nur hier.

Heinz, 45

VICE: Wo warst du, als Jörg Haider gestorben ist?
Heinz: In Kärnten. Ich hab damals in Kärnten gearbeitet

Und wie war das für dich?
Na ja, irgendwie wars schon tragisch. Ist ja ein Mensch, wurscht was er gemacht hat.

Fabian, 20

VICE: Wo warst du, als Jörg Haider gestorben ist?
Fabian: Zu Hause.

Und wie war das für dich?
Es war schon sehr schockierend, weil es sehr plötzlich und unerwartet kam. Ich konnte es am Anfang gar nicht glauben.

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Meere, 31

VICE: Wo warst du, als Jörg Haider gestorben ist?
Meere: Zu Hause.

Und wie war das für dich?
Es ist tragisch, egal wem es passiert. Vor allem, wenn es in den Medien so präsent ist unddu die Bilder vor den Augen hast. Da fühlt man natürlich mit. Das, finde ich, versteht sich von selbst. Es ist egal, ob es Jörg Haider passiert oder deinem Nachbarn.

Phillip, 24

VICE: Wo warts du, als Jörg Haider gestorben ist?
Phillip: Ich glaub ich war in Wien. Wahrscheinlich mitten im Alltag. Aber so genau kann ich das nicht sagen. Wäre mir das ganze besonders nahe gegangen, könnte ich mich sicher noch erinnern.

Und wie war das für dich?
So gravierend war das Ereignis ja auch nicht, fern ab also von einem österreichischen „Where were you when JFK died?" Ich bin mir sicher, dass ich mich jetzt nicht ur gefreut hab, zumal der Tod Jörg Haiders keine negativen Auswirkungen auf die Popularität des Rechtspopulismus in Österreich hatte. Leute, die ihm persönlich nahestanden, haben natürlich jeden Grund zum Trauern. Ich fand es aber befremdlich, dass sogar bei Gegnern der Politik Haiders eine gewisse Sentimentalität einsetzte. Trauer und Sentimentalität konnte ich jedenfalls nicht verspühren. Es war so ein Mix aus „egal" und „Bad News is Good News".

Phil, 23

VICE: Wo warst du, als Jörg Haider gestorben ist?
Phil: Wo ich war, weiß ich nicht.

Und wie war das für dich?
Es war vor 10 Jahren oder so, kann das sein? Ich komm nicht aus Österreich.

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2008.
Ich weiß es ehrlich gesagt nur wegen dem K.I.Z. Lied. Ich hab das auch in der Zeitung gelesen, aber hab jetzt eigentlich kein Bild vor Augen.

Jakob, 32

VICE: Wo warst du, als Jörg Haider gestorben ist?
Jakob: Als Jörg Haider auf der Loiblpass-Straße tödlich verünglückte, hatte ich ein paar Freunde zu Besuch. Kurz nachdem das letzte Stück Schweinsbraten aufgegessen war, plauderte ein Freund seiner Freundin gegenüber aus, ich hätte Jörg Haider einen Brief geschrieben. Unter Gejohle und Gelächter wurde er dann vorgelesen. Da ich 20 Cent zu wenig drauf geklebt hatte, kam er zurück zum Absender. Ja, ich hatte ihm geschrieben, weil er für mich eine sehr interessante Person war. Außerdem bin ich immer noch der Meinung, man kann erst dann etwas wahrlich ablehnen, wenn man die Faszination daran versteht oder auch die positiven Seiten sieht. Nun gut: Ich las den Brief vor und egal, wie die Leute am schnaps-stinkenden Wohnzimmertisch dachten, fragte sich einjeder, wie Haider wohl darauf antworten würde. Um 01:15 Uhr bekam einer der Anwesenden einen Anruf, den er nicht beantwortete. In der Früh wurde ich um 8:00 Uhr angerufen. Halb benebelt hob ich ab und man sagte mir: „Weißt was passiert ist? Der Haider ist gestorben." Vielleicht wäre er noch am Leben, hätte er diesen Brief eines sich andienenden links-intellektuellen Akademiker-Revoluzzers gelesen.

Evy, 27

VICE: Wo warst du, als Jörg Haider gestorben ist?
Evy: Dass die Sonne für immer und ewig vom Kärntner Himmel gefallen ist, hab ich in Mariazell, der frommsten Stadt Österreichs erfahren, im Halbschlaf.

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Und wie war das für dich?
Es war diesmal keiner der üblichen Scherze, die Kärntnern gern und häufig entgegengebracht werden. Zwei Jahre später hab ich aus Jugendsünde, Jux und Tollerei einen Engel gefladert, ihn verunstaltet und Haiders Totenruhe gestört. Lasst euch das eine Lehre sein, Grabgeschenke sind keine Souvenirs! Das beleidigte Karma hat in der folgenden Woche gleich mein Pferd und meinen Wohnwagen zu sich geholt, das war kein fairer Tausch. Jetzt sitzt das Engelchen wieder an seinem angestammten Ort und ich glaub an Karma—felsenfest.

Steffi, 32

VICE: Wo warst du, als Jörg Haider gestorben ist?
Steffi: Ich war mit einer Gruppe von Freunden in Luxemburg auf einem Wochenendausflug. Wir lagen noch im Bett, als es an der Tür klopfte, mein Freund P. einen breiten Grinser im Gesicht hatte und mit dem Satz „Haider ist tot" herausplatzte.

Wie war das für dich?
Irgendwie war es surreal. Wir haben dann relativ viel Zeit vor dem Fernseher verbracht und alle hin und wieder verträumt gegrinst.