Foto: Junge SVP
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Benjamin Fischer: Ich hatte keinen Erweckungsmoment. Am Anfang stand bei mir ein allgemeines Interesse an der Gesellschaft: Warum ist unsere Gesellschaft so, wie sie ist und warum geht es uns besser als anderen Menschen an anderen Orten und zu anderen Zeiten? Davon ausgehend habe ich mich sehr für Geschichte und Philosophie interessiert, für die ganzen Utopien, die sich mit der Frage beschäftigen, was den besten Staat ausmacht.
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Benjamin Fischer: So ging es los, ja. Das wurde selbstverständlich konkretisiert. Zur SVP gefunden habe ich auch über die Migrationsthematik, die man in Volketswil stark erlebt hat. Schon in der Schule habe ich die Gruppenbildung auf dem Pausenplatz erlebt. Die Pausen wurden nach Nationalitäten verbracht und wir hatten mit Gewalt zu tun.
Ein Schüler kam etwa zur Lehrerin und meinte, er sei vom Ausländer verprügelt worden. Ihre Reaktion war: Es spielt keine Rolle, ob das ein Ausländer war oder nicht. Eigentlich hat sie natürlich richtig reagiert. Man erwartet von einer Lehrperson, zu sagen, dass die Nationalität keine Rolle spielt. Nur war die Problematik in dieser spezifischen Situation, dass jeder gewusst hat, dass die Probleme immer von den gleichen Leuten ausgingen. Der Begriff „Ausländer" wurde vor allem für Leute aus den Balkanstaaten verwendet. Wenn jemand gesagt hat, er wurde von einem Ausländer zusammengeschlagen, wusste also jeder, wer gemeint war. Als Schüler hat man rasch gemerkt, dass die Lehrer mit der Situation überfordert waren.Ich merkte, dass sich Kollegen im Umfeld in Richtung Rechtsextremismus radikalisiert haben. Ich habe das—auch eher aus einer beobachtenden und einordnenden Perspektive—mitverfolgt und mir gesagt, dass es nicht passieren darf, dass Leute denken, sie würden nicht ernst genommen und dürften nicht offen ansprechen, was ihnen passiert ist.
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Benjamin Fischer: Solche Dinge frustrieren mich nicht. Mich frustriert nur, wenn anschliessend—zumindest aus meiner Sicht—falsch kommentiert wird. Wenn gesagt wird, die Zivilgesellschaft sei aufgestanden und Flavia Kleiner habe als Helvetia die SVP niedergerungen. Wenn eine Partei als einzige gegen andere steht, hat sie es schwer—die meisten Abstimmungen zu Initiativen werden von ihren Initianten verloren.Du siehst die Operation Libero als Gegenspieler zur SVP also nicht als Gefahr?Nein, gar nicht. Ich finde es schön, dass es verschiedene Kreise gibt. Anscheinend hatten die Anderen nichts gegen die SVP zu bieten. Operation Libero sind die ersten, die es geschafft haben, der SVP die Begriffshoheit aus der Hand zu nehmen. Sie sind den Abstimmungskampf etwas frischer und besser angegangen.Wieso hast du trotzdem keine Angst? Es ist doch ein grosses Zeichen, wenn das jemand schafft.
Es stehen weitere wichtige Abstimmungen an, wir werden unsere Argumente bringen und die Operation Libero wird noch merken, was der raue politische Alltag bedeutet. Die SVP ist seit Jahrzehnten in den Gemeinden und den Kantonen verankert. Das ist nichts, das ein paar Studenten schnell einmal erreichen können.
Letzten Endes kämpfen wir politisch immer noch um die Sache. Wenn wir diese rein pragmatisch anschauen, haben wir heute nach einem über zehnjährigen Kampf eine härtere Ausschaffungspraxis.
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Benjamin Fischer: Wir leben nicht in einer theoretisch konstruierten, sondern in einer realen Welt. In dieser Welt ist es so, dass es ein Produkt gibt und das braucht—egal wie gut es auch sein mag—eine Marketing-Abteilung, die es an den Mann bringt. Du kannst die besten Ideen haben, sie interessieren kein Schwein, wenn sie nicht gut rübergebracht werden.
Ich möchte betonen, dass das Produkt stimmen muss. Aber ja, ich muss dieses Produkt verkaufen und dafür das passende Mittel verwenden—das ist nun mal das Polit-Marketing.
Es wird immer schwieriger, die Aufmerksamkeit der Menschen zu bekommen, das ist ein kleines Dilemma. Als Partei konkurrenzieren wir gegen die ganze Informations- und Werbeflut. Wir müssen keine Kampagne machen, um uns gegen die CVP durchzusetzen. Wir müssen die Leute erstmal überhaupt auf die Politik aufmerksam machen. Natürlich gibt es Grenzen und man muss immer wieder neu ausloten, was sinnvoll ist.
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Doch, auf jeden Fall. Das grösste Problem, wieso Junge nicht in der Politik aktiv sind, ist die Mobilität. Unser ganzes System ist darauf ausgerichtet, dass du in einer bestimmten Gemeinde wohnst, diese Gemeinde ist einem bestimmten Bezirk oder Kanton, der wiederum dein Wahlkreis ist.
Meine Freundin musste auch einen Kompromiss eingehen und aus ihrem schönen Dörfchen im Zürcher Unterland in die Agglomeration nach Volketswil ziehen. Ich hätte während meines Studiums zudem gerne ein Auslandssemester gemacht, das lag als Präsident der SVP in Volketswil aber einfach nicht drin. Mein Kompromiss ist nun, dass ich—wenn immer möglich—Reisen gehe. Ich war etwa auf Studienreise in China, mit der Jungen SVP in Israel, einmal in Ägypten, Marokko und in Südostasien.Du hast vorhin gesagt, du möchtest kein Berufspolitiker werden. Die Politik ist dir aber trotzdem wichtig genug, diesen Kompromiss einzugehen.
Genau, ich musste diesen Entscheid fällen. Darum stoppen viele Junge ihre politische Karriere, wenn es wirklich ernst werden würde. Steht man etwa bei einer Wahl auf der Parteiliste, muss man sich entscheiden, ob man sich vier Jahre lang verpflichten möchte. Dieser Entscheid ist auch im Alter von über 20 Jahren nicht einfach. Man muss Opfer bringen und Kompromisse eingehen—aber für mich war der Drang stärker, dass ich etwas mache, mich einsetze und mich nicht das ganze Leben lang darüber aufrege, dass ich nichts gemacht habe.Benjamin Fischer hat sich entschieden, diesen Kompromiss einzugehen und einen grossen Teil seines Lebens der Politik und dem Stil der SVP hinzugeben. Von der Zürcher Agglomeration aus möchte der Präsident der Jungen SVP die Schweiz mit seinen Visionen prägen und reiht sich damit in eine internationale Bewegung ein, die die Zukunft ganz Europas verändern dürfte. Wie man zu dieser Veränderung steht, ist jedem selbst überlassen—wichtig ist, dass wir uns intensiv mit der neuen Realität und ihren prägenden Köpfen auseinandersetzen.Sebastian auf Twitter: @seleroyaleVICE Schweiz auf Twitter: @ViceSwitzerland