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Rap als Zielscheibe: Wie Putin die russische Szene mundtot macht

Die Regierung in Russland hat sich schon länger auf die Rap-Szene eingeschossen. Nicht erst seit Putins Äußerungen vom letzten Wochenende.
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Rap und staatliche Behörden sind keine Freunde. Während sich in Deutschland manche Rapper mit der BPJM (Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien) rumschlagen müssen, steht der russischen Untergrund-Rap-Szene mit Präsident Wladimir Putin nun ihr Endgegner gegenüber.

Wie am Samstag bereits Sputnik News berichtete, will Putin Rap kontrollieren. Bei einem Treffen mit Kulturbeauftragten in St. Petersburg fauchte der russische Präsident am Samstag insbesondere gegen die russische Untergrund-Rap-Szene. Die bestehe aus "Sex, Drogen und Protest". Vor allem Drogen würden zum "Niedergang der Nation" führen. Damit fanden ohnehin schon starke Unterdrückungsmechanismen ihren vorläufigen Höhepunkt.

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Ende November verhafteten die Behörden den sibirischen Rapper Husky. Der Grund: Nach der Absage seines Auftritts im russischen Krasnodar begann er die Show aus Protest auf der Straße und kletterte auf Autos herum. Die russische Polizei nahm Husky wegen Rowdytum fest, er wurde zu 12 Tagen Haft verurteilt. Nach öffentlichen Protesten mit einem Solidaritätskonzert wurde der Rapper nach vier Tagen wieder entlassen. Damit sind die Hiebe seitens der Politik aber nicht vorbei.

Was Putin nicht gefällt? Rapper Husky ist sozialkritisch. Seine Bilder aus Russland sind düster und traurig. Die Szenerien in seinen Videos wirken wie Aufnahmen aus einer Geisterstadt. Bei ihm geht's um Drogen, Armut und all das, was man aus dem russischen Kreml nie hören würde. Ein krasser Gegensatz zu Putins Bild der großen, prächtigen Nation.

Dass gegen die russische Rap-Szene hart vorgegangen wird, ist nicht neu. In den letzten Monaten gab es für die Künstlerinnen und Künstler immer wieder Repressalien – allein im Oktober machte der russische Inlandsgeheimdienst so viel Druck, dass 15 Konzerte abgesagt wurden, unter anderem von Rapper Allj und dem Goth-Rap Duo IC3PEAK.

IC3PEAK steht genauso im Schussfeld des russischen Präsidenten. Mit "Go With The Flow" veröffentlichte das Duo 2018 ein klares Statement gegen die Homofeindlichkeit in Russland – insbesondere der russische Staat gießt hier immer wieder Benzin ins Feuer. Der Song "Death No More" verschärfte die Situation. Mit dem Verdacht auf Drogenbesitz nahm die Polizei IC3PEAK in Nowosibirsk fest und verhörte die beiden stundenlang. Ihr Konzert wurde schließlich abgesagt.

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Dann gibt es noch Rapper Allj. Er wird eher dem Mainstream zugeordnet und zeigt sich unpolitisch – mit "Politik" hatte er so lange nichts am Hut, bis in seinen Texten das Wort "Ecstasy" fiel. Nach einer Drohung von Unbekannten wurde auch eines seiner Konzerte abgesagt.

Rap ist ein Teil von Russland und seiner Jugendkultur – und dennoch wird er mit dem Rücken an der Wand in die Ecke gedrängt. Spätestens dann, wenn jemand es wagt den Gottstatus von Putin anzuzweifeln. So wie Husky: Er zeichnet nicht nur ein düsteres Bild der Nation, sondern schoss mit "Седьмое октября" (siebter Oktober) gegen Putin, dessen Geburtstag der siebte Oktober ist. Viel zu feiern hatte der Präsident allerdings nicht: In dem Song ist er ein Zar, der anderen das Geld aus der Tasche zieht und auf Kosten des Volkes lebt.

Die Rap-Szene in Russland ist groß, das zeigte sich nicht nur bei dem Solidaritätskonzert nach der Verhaftung von Rapper Husky. Während Putin 2009 noch unbeholfen zu PR-Zwecken auf der Bühne eines Rap-Battles stand, zielt er heute gezielt gegen alle, die es auch nur wagen, ihn und seine Politik in Frage zu stellen. Die Repressalien sind für Putin offenbar nur ein weiteres Puzzleteil des großen Bildes, wie Russland in seiner Vorstellung aussehen soll. "Drogen, Sex und Protest" scheinen da keinen Platz zu haben.

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