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You Need to Hear This

Die DNA von Marsimotos ‚Halloziehnation‘

Marteria hat mit seinem neuen Album Kritiker und Muttis zugleich begeistert. Als sein erstes Marsimoto-Album erschien, war er zwar schon Kritiker-Liebling, aber eher ein Mutti-Albtraum. Ein Rückblick.

Marten Lanciny, besser bekannt als Marteria, hat mit seinem Anfang des Jahres erschienenen Album Zum Glück in die Zukunft 2 selbst den letzten HipHop-Muffel und die letzte Mutti daran erinnert, dass Rap nicht nur von Drogen und Bitches handeln muss. Dieses Album wird zuletzt ebenso wie Caspers XOXO oder Cros Easy dafür verantwortlich sein, dass Rapfans fürchten müssen, ihre Mutter auf einem Konzert zu treffen. Zum Glück in die Zukunft 2 ist ebenso wie der erste Teil ein hervorragendes Album geworden, wird im Radio gespielt und von Kritikern geliebt—der perfekte Mainstream-Erfolg.

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Die eine Sache, die wir aber besser wissen als die „Lila Wolken“-Radiohörer (und die uns von ihnen abgrenzt), ist, wie Marteria angefangen hat. Und dass es im HipHop letztendlich doch um Drogen und Bitches geht. 2006 hat Marteria sein erstes Album als Marsimoto beim Label Magnum12 veröffentlicht, Halloziehnation. Ein Album seines kiffenden Alter Egos, das ihn in der HipHop-Gemeinde bekannt gemacht hat. Nach Halloziehnation hat Marsimoto noch ein Zweit- und Drittwerk, Zu Zweit Allein 2008 und Grüner Samt 2012, veröffentlicht. Nach dem Marteria-Fast-Overkill wird auch das nächste, das wir von dem Rostocker hören werden, wieder ein Marsimoto-Album sein. Auf Halloziehnation hat sich Marsimoto—und auch Marteria (zusammen deine Weedlingsrapper)—bereits ausführlich der Nation, die ihm inzwischen zu Füßen liegt, vorgestellt. Halloziehnation ist noch immer eines dieser Alben, das wegweisend war, das so zeitlos ist, dass du es dir noch acht Jahre danach anhören kannst und willst. Ein würdiges Album für unsere DNA-Serie:

Die Inspiration

Das Offensichtliche zuerst: Die Künstlerfigur Marsimoto orientiert sich an dem amerikanischen Rapper Madlib und seinem Alter Ego Quasimoto, der ebenso in einer Helium-Stimme rappt. Als Marten anfing, zum Spaß als Marsimoto aufzunehmen und es in seinem Freundeskreis so gut ankam, wollte er folglich ein ganzes Album veröffentlichen—jedoch nicht ungefragt. Also ruf er bei Madlib an und fragte ihn, ob er cool damit sei. Quasimoto sagte ‚Ja‘ oder ,Salami’, jedenfalls bekam Marten ein Go und der Weg für Halloziehnation war geebnet.

„Quasimoto gibt es jetzt auch auf Deutsch. Ich war ganz brav, hab angerufen und gefragt. Er hat gesagt Salami aka ‚Du darfst‘.“ - „Halloziehnation“

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Die Themen

Marsimoto tut auf seinem ersten Album das, was er am besten kann: Kiffen. Dementsprechend handeln auch die meisten Tracks von Gras, vom high sein, aber auch von Essen, Rap, Fußball, Frauen und Berlin. Mit seinem gekonnten Wortwitz und der Zweideutigkeit—für die Marteria noch immer bekannt ist—behandelt er das eigentlich stupide Thema Kiffen alles andere als stupide und mit mehr Witz, als es die meisten anderen zugedröhnten Rapper schaffen. Anders als bei Marsimotos neuestem Album Grüner Samt ist auf Halloziehnation ebenso wie auf Zu Zweit Allein sein Alter Ego Marteria noch viel mehr intergiert. Alle Tracks beinhalten einen Dialog zwischen den beiden. Du hörst, wie sie über Gras, Rap und Berlin sprechen, sie spielen sich gegenseitig den Ball zu und sind ein eingeschweißtes Team. Auf Halloziehnation wurde auch der Begriff ‚Green Berlin‘ geprägt, die Crew um Marsimoto.

Das Konzept

„Drei Joints, vier Becks—erst dann produzieren sie Marsimoto-Tracks.“ - „Soundcheck“

Die Tracks

Halloziehnation hat eher den Charakter eines Mixtapes, die Tracks sind kurz und zahlreich. Der längste Track „Underdogz“ mit 4:22 Minuten ist eine Ausnahme auf dem kompletten Album. Von den 30 Tracks sind zwei Drittel nicht länger als zwei Minuten. Auch die Diversität der Tracks ist so breit wie auf keinem anderen Marsimoto/Marteria-Produkt. Die Referenzen fangen bei alten HipHop-Tracks und anderen Liedern der Zeit („Mein Block“, „Vorschlaghammer“) an, gehen über Filme (Spiel mir das Lied vom Tod, Gegen die Wand) und enden auf gesellschaftlich relevanten Themen—alles im Zeichen von Mary Jane, die einzige Frau, die Marsi liebt. Die beiden Tracks „Der Döner in mir“ und „Der Nazi und das Gras“ aus Halloziehnation wurden sogar für die Juice-EP 2011, die im Zuge des Grüner Samt-Releases erschien, in dem Track „Der Döner & das Gras“ fusioniert.

„Unsere Tracks sind nicht zu kurz, 2010 ist der Standard“ - „Halloziehnation“

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Die Titel

Auch ein Blick auf die Titel spiegelt das allumfassende Thema wider. „Haze of Base“, „Deine Weedlingsrapper“, „OC Beatz“, „Spiel mir das Lied vom Dope“ oder „Bongladesh“ weisen alle ganz klar auf das kleine Grüne hin.

Die Produktion und die Features

Halloziehnation wurde natürlich von Marsimotos Hausproduzenten Dead Rabbit produziert—der King vom Prenzlauer Berg wird er genannt. Dead Rabbit hat bis jetzt auf jedem Marsimoto-Album mitgearbeitet. Während er bei Halloziehnation allerdings noch weitgehend alleine war, hat er beim letzten Marsi-Album Gesellschaft von The Krauts, Robot Koch, Kid Simius, Nobody's Face und Rabih Abou-Khalil bekommen. Zudem war bei Halloziehnation ein gewisser DJ Focut beteiligt. Auch er ist kein Unbekannter, sondern der heute unter dem Namen Nobody's Face bekannte Produzent. Er war, wie bereits erwähnt, auch bei den folgenden Marsimoto-Alben am Start, ist ein fester Teil der Green Berlin-Crew. Die Features kommen von GabReal, Underdog Cru und Mobla. Das wichtigste Feature auf dem ersten Marsimoto-Album bleibt aber auf jedem Track Marteria, der durch das ganze Album allgegenwärtig ist.

„Dead Rabbit macht den Sound fett“ - „Soundcheck“

Der Türöffner

Mit Halloziehnation hat Marten Lanciny nicht nur den ersten Schritt in Richtung Albumrelease und Öffentlichkeit gemacht, das Album hat ihm auch in anderer Weise die Tür geöffnet, um heute den wahnsinnigen Erfolg als Marteria feiern zu können. Halloziehnation wurde nicht nur von der Presse gut aufgenommen, auch zu der Zeit bekannte Künstler haben mit dem Album Marsimoto lieben gelernt. Jan Delay hat Marten allein deshalb mit auf Tour genommen, weil er dieses Album so gefeiert hat.

„Ich bin wie gute Aktien, einfach hochgestiegen.“ - „OC Beatz“

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Da bleibt eigentlich nur noch zu sagen: Zieh’s dir rein und bleib dope!

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