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Sollten Frei.Wild jemals wieder auftreten dürfen?

Wir haben mit dem Verantwortlichen geredet, der ein Konzert der Südtiroler im deutschen Würzburg verhindern will.

Die beste Promotion für Frei.Wild scheint immer noch gesellschaftliche Ablehnung zu sein. Allein wenn sie vorhaben, irgendwo ein Konzert zu spielen, geraten sie unter öffentlichkeitswirksamen Beschuss. Das war im September beim Reeperbahn Festival so, das ist auch jetzt so, wo die Südtiroler im deutschen Würzburg spielen wollen. Die Tickets dafür waren bereits nach 80 Minuten ausverkauft—das ist noch lange kein Adele-Niveau, aber für eine volkstümelnde Band, die gröligen Deutschrock spielt, schon ganz beachtlich. Und beim täglichen Blick in den Newsfeed irgendwie auch keine große Überraschung. Immerhin scheint es offensichtlich ein großes Publikum zu geben, dass endlich mal wieder stolz auf das eigene Land sein will, sich aber selbst als unpolitisch einstuft und gerne gegen „Gutmenschen“,„Moralapostel“ und „Linksfaschisten“ wettert, sich also allzu gerne von selbst in die Opferrolle drängt.

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Da passt es zum Außenseiter-Image von Frei.Wild und ihrer Fans, dass auch jetzt wieder genau diese „Moralapostel“ den Veranstalter des Konzerts auffordern, das Ganze abzusagen. In einem offenem Brief argumentiert der studentische Arbeitskreis „Mehr als 16a“, dass Frei.Wild zwar keine Naziband sei, aber trotzdem „völkisches und nationalistisches Gedankengut, beides sind Grundpfeiler rechter Ideologie“ verbreiten und vertreten würden. Der Veranstalter will das ausverkaufte Konzert natürlich trotzdem stattfinden lassen, Frei.Wild machen sich auf Facebook über die „Weisheit der Gutmenschen [und] Moralapostel“ lustig und ihre Fans wiederholen unermüdlich, in was für einem „Land der Vollidioten“ sie doch leben müssten. Wir haben mit dem Arbeitskreis telefoniert, um zu erfahren, was hinter ihrem Protest steckt, welche Gefahren er von Frei.Wild ausgehen sieht und ob eine Verbotsforderung wirklich der richtige Weg ist.

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Altes Foto, alte Weggefährten und vor allem seeehr alte Leier. Hoch lebe die Weisheit der Gutmenschen… und die der…

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Frei.Wild

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Dienstag, 1. Dezember 2015

Noisey: Warum wollt ihr das Frei.Wild-Konzert in Würzburg verbieten?
Wir wollen damit zeigen, was hinter der Band steckt. Wir wissen, dass das Konzert wahrscheinlich nicht abgesagt wird, weil die Karten verkauft wurden und der Veranstalter es eben stattfinden lassen will. Auf der anderen Seite hatten wir hier in Würzburg letztes Jahr Plakatwände, auf denen das neue Album der Band beworben wurde. Aufgrund öffentlichen Drucks hat der Betreiber der Plakatwände sich dazu entschieden, diese Plakatwände wieder zu entfernen. Unsere Forderung wird jetzt vielleicht zwar nicht umgesetzt, aber wir wollen dem Veranstalter zeigen, dass es unnötig ist, einer Band—die Aussagen bringt, die für uns klar in eine gewisse Ecke gehören—eine Plattform zu geben. Es würden sich auch andere Bands finden lassen, die die Konzerthalle füllen, ohne dass damit politische Diskrepanzen verbunden wären.

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Also geht es eher darum, die Diskussion anzustoßen?
Wir wollen die öffentliche Diskussion anstoßen und die Menschen für dieses Thema sensibilisieren. Viele meinen, dass das nur eine Rockband sei, dass da nur Mainstream-Publikum sei, und möglicherweise ist da ja wirklich Mainstream-Publikum dabei, dass nicht genau weiß, was hinter der Band steckt und sich noch nie mit dem Hintergrund des Frontmanns befasst hat. Der hat früher in einer klar rechten Band gesungen. Er hat sich davon inzwischen distanziert, aber wenn man sich die Texte von Frei.Wild und die Aussagen auf ihren Shirts anschaut, und dann die Band sagt, dass sie Flüchtlinge willkommen heißen will, kommt mir das etwas polemisch rüber. Mehr als Verteidigung vor Kritikern, weil sie auf der anderen Seite sagen, dass unsere Heimat erhalten werden muss—das widerspricht sich ja.

Genau, auf Facebook hat sich die Band offen von Pegida, AfD und sämtlichen „Asylkritikern“ distanziert. Stand das bei euch auch zur Debatte?
Die Sache ist, dass Pegida, AfD und Co. sich auch nicht als Rechte sehen. Frei.Wild denkt aber trotzdem, sie müsse sich von denen distanzieren, um ein breiteres Publikum anzusprechen. Pegida war anfangs auch ziemlich erfolgreich, aber dann gab es einen Punkt—als es Übergriffe gab—dass sich auch Politiker davon distanziert und Stellung bezogen haben. Dann drehte sich die öffentliche Meinung. Da haben die Menschen überlegt, was eigentlich dahintersteckt und die Teilnehmerzahlen brachen zusammen. Vielleicht wäre sowas auch bei Frei.Wild möglich.

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Frei.Wild-Konzert 2015

In eurem Brief geht ihr auch auf die rechten Straftaten gegen Flüchtlinge ein. Inwieweit ist denn eine Band für Leute, die Straftaten begehen und nebenbei auch ihre Musik hören, verantwortlich?
Die Frage ist eher: Warum versammeln sich solche Menschen bei dieser Band? Man möchte sie natürlich nicht komplett dafür verantwortlich machen, aber warum drängt sich bei einer Band, die in keine radikale Ecke eindringen möchte, solch ein Publikum auf?

Ihr habt inhaltliche Parallelen zwischen den Parolen von Pegida, AfD und Frei.Wild-Texten gezogen.
Wir haben das ja sogar im Brief zitiert, da sind klare Parallelen vorhanden. Der Veranstalter hat uns gesagt, dass die Band nicht auf dem Index und nicht verboten sei und das es deshalb kein Grund geben würde, das Konzert abzusagen. Natürlich steht die Band nicht auf dem Index, das wäre auch der falsche Weg, weil ihnen das noch mehr Popularität geben würde. Die Sache ist, das sie nichts Verbotenes sagen, aber warum sollen wir den Menschen nicht zeigen, dass es Widerstand gegen ihre Aussagen gibt? Wir wollen nicht die Meinungsfreiheit anderer beschränken, wir wollen das einfach nicht unwidersprochen lassen.

Wenn eure Forderung nach einem Auftrittsverbot durchgehen würde, wäre es dann nicht ein Einschnitt in die Meinungsfreiheit?
Meiner Meinung nach nicht, weil das vom Veranstalter ausgeht. Er muss wissen, wem er eine Plattform gibt, die Band würde dann eben woanders spielen. Es ist von ihm unverantwortlich, jemanden eine Bühne zu geben, der Meinungsmache in eine Richtung treibt, die wir aktuell absolut nicht gebrauchen können. Wir haben aktuell ein Problem mit fremdenfeindlichen Übergriffen und diese Band sagt, dass wir unsere Heimat erhalten müssen. Das ist verantwortungslos.

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Frei.Wild-Fans

Nehmen wir an, in zwei Jahren würde sich die Lage wieder beruhigen, wäre dann ein Auftritt dann OK?
Die Aussagen der Band sind dann immer noch ausgrenzend. Auch in zwei Jahren werden noch Menschen zu uns fliehen und auf den Konzerten wird trotzdem Stimmung gemacht—wenn sie sich nicht vorher als links outet und auf linke Demos geht. Was nicht passieren wird. Dann würden sich viele Fans überlegen, ob sie der Band noch zuhören möchten. Denn auch wenn sich das Publikum als „unpolitisch“ bezeichnet, sind da einige dabei, die nichts mit Menschen zu tun haben möchten, die links sind.

Führt euer Verbotsversuch nicht auch weiter dazu, dass die Band ikonisiert wird? Sie sehen sich ja eh schon als verhasste Außenseiter. Da spielt das ihnen doch in die Karten?
Ich glaube nicht, die Band weiß genau, was sie sagt. Wir hatten es dieses Jahr beim Reeperbahn Festival, wo sie ein Konzert veranstalten wollten. Daraufhin hat sich das Festival davon distanziert. Nicht ohne Grund, die wussten genau, warum sie die Band nicht bei sich haben wollten.

In den Kommentaren wurdet ihr bereits stark kritisiert.
Die gleichen Kommentare, die immer aus der gefühlt rechten Ecke der kommen. Klar, die sagen nichts offen Rassistisches oder Nationalistisches, aber es sind doch die gleichen Kommentare, die man immer wieder liest, wenn Unterkünfte brennen oder in Freital Menschen auf die Straße gehen. Sagen Menschen, die als links eingestuft werden, etwas Kritisches, werden sie als Lügenpresse und Gutmenschen diffamiert.

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