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Das war 2014

Das Jahr 2014 in: HipHop

Rap ist überall. Doch was ist dieses Jahr passiert, dass plötzlich jeder HipHop-Fan sein will?

Rap ist überall. Dafür reicht ein Blick auf die Kopfbedeckung der heutigen Jugend, oder in die Sendung von Jan Böhmermann oder in die bescheuerte Werbung von Supermarktketten. HipHop ist Mainstream geworden, was man als langjähriger Rapfan mit gemischten Gefühlen betrachtet. Natürlich ist es schön, wenn die breite Öffentlichkeit die Musik als Kunst akzeptiert, doch mit dem schnellen Aufstieg stellen sich auch Probleme ein. Jeder, der sich ein Mikro leisten kann, kann auch anfangen zu rappen und gefühlt macht das auch gerade jeder, was definitiv nicht heißt, dass Qualität da ist.

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Aber fangen wir mit amerikanischem Rap an, damit werden wir nämlich relativ schnell durch sein. Denn irgendwie ist Ami-HipHop dieses Jahr auf der Stelle gestanden. Wer hat denn bedeutsame Alben rausgebracht? YG, Schoolboy Q, J. Cole, vielleicht noch Future und Riff Raff, joa… Ansonsten haben ein paar alte Hasen wie Common, Jeezy oder T.I. gute Dinger gebracht, doch die große Offenbarung war auch das nicht. Auf Kendrick und Wayne durften wir vergeblich warten. Irgendwie waren Nicki Minajs Arsch und Drakes generelle Lächerlichkeit die Themen der Spielzeit. 2014 abhaken, 2015 wird dafür umso geiler.

Bei Deutschrap läuft, und zwar richtig. Neben Schlager ist Rap mittlerweile das lukrativste Genre geworden. Und über allem steht natürlich der Boss. Kollegah hat mit seinem Album King Verkaufsrekorde gebrochen, dadurch, dass er das Thema Promo auf ein neues Level hievte, indem er die Kunstfigur einfach nur etwas sympathischer präsentierte und damit ein ganz neues Publikum einsammelte. Daraus ist eine komplett neue Kaufdynamik entstanden: Die Qualität des Albums: egal. Solange die meist junge Hörerschaft durch Promovideos unterhalten werden kann, kauft sie. Quasi als Belohnung. Das ist auf der einen Seite beeindruckend, andererseits werden dadurch künstlerische Missmutanten wie Majoe erschaffen, die wir in fünf Jahren peinlich berührt totschweigen werden.

Was war noch? Marteria hat Campinos Muttifans abgeholt und sich schön im Pop eingenistet. Was auch in Ordnung ist, solange er weiterhin spontan bei Bushido auf die Bühne geht, um mit seiner Verlobten zu performen. Apropos Bushido—gerade brennt ja wieder die Luft beim wohl letzten echten, verbliebenen Gangsterrapper, den wir noch haben. Man kann ja über ihn sagen, was man will, aber den unterhaltsamen Spießrutenlauf mit dem Boulevard würde es nicht geben, wenn Bushido musikalisch nicht mehr relevant wäre. Mit Sonny Black hat er Anfang des Jahres ein beeindruckendes Comeback abgeliefert, das wir so auch nicht erwartet hätten. Genauso wenig, dass sein Labelpadawan Shindy mit amerikanischen Sample-Beats Gold gehen könnte. Der wiederkehrende Erfolg von EGJ ist allerdings unmittelbar mit dem Thema Kay One verknüpft.

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Der hat nämlich alles getan, um dieses Jahr seine Karriere mit 200 km/h endgültig vor die Wand zu fahren. Seine Bachelor-Show auf RTL 2, der ermüdende Diss gegen Bushido—all das hat sein künstlerisches Grab nur noch weiter geschaufelt. Das andere Mobbingopfer war Fler, der einem ja eigentlich Leid tun könnte. Tut er aber nicht. Wenn du rechts oder nationalistisch bist, dann bist du zwar ein Idiot, aber du bist ein Idiot aus Überzeugung. Fler allerdings schwingt die Nazikeule nur, damit man über ihn berichtet. Und das ist nicht nur gefährlich, das ist vor allem lächerlich.

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Beitrag von Graphizzle novizzle.

Aber da liegt das Problem: Dadurch, dass Deutschrap so gut läuft, muss jeder schauen, dass er bei der gewachsenen Konkurrenz irgendwie an Aufmerksamkeit kommt. Durch kluge Promomoves ist das vielleicht leichter als durch gute Musik. Aber natürlich gab es die dieses Jahr auch.

Allen voran Haftbefehl, der endlich gezeigt hat, wie weit ihn sein künstlerisches Potenzial tragen kann und dem nicht nur Rap, sondern auch die selbstproklamierte Multi-Kultigesellschaft dankbar sein kann. Weitere Highlights: Karate Andi, Olexesh, Audio88, Kalim etc. In der Breite hat sich die Qualität definitiv gebessert, wobei wir auf das ein oder andere Rap-Opa-Comeback hätten verzichten können.

Ich merke gerade, dass ich vergessen habe, über Cro zu schreiben, der hat ja dieses Jahr auch ein Albums rausbracht. Ich habe Ende letzten Jahres mit einem Menschen aus der Musikindustrie gesprochen, der meinte: „Cro hat den HipHop-Boom ausgelöst und Cro wird ihn mit seinem nächsten Album auch wieder beerdigen.“ Nach dem Motto: Rap hat sich dem Pop so weit angebiedert, dass die neuen Fans es eh nicht mehr als HipHop erkennen und weiterhin Pop hören. Ich glaube das nicht. Eigentlich interessiert es kaum jemanden in der Rapwelt, was Cro gerade macht, dafür sind die Texte dann doch sehr belanglos. Doch was er geschafft hat, war es eine ganz neue Generation für Rap zu begeistern und dafür gebührt ihm Dank. Den Rest hat HipHop selber geschafft. Warum? Weil Rap verdammt nochmal geil ist!

Folgt Toni bei Twitter: @sopranovic