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Bengalische Tiger: Marteria macht Stress mit Kunst

BaddaBoomBaddaBäng—Marterias neuer Song und das dazugehörige Video sind eine massive Ansage: inhaltlich, klanglich, optisch. Eine Analyse.

Marteria ist zurück. Und wie. Sein neuer Song „Bengalische Tiger“ und das zugehörige Video sind eine massive Ansage, inhaltlich, klanglich, optisch. Der düstere Beat und die erste Textzeile schaffen sofort die richtige Stimmung:

„Schwarze Kapuze, Flutlicht brennt, Stempel drauf: Hooligan.“

Marteria macht auf Anhieb deutlich, worum es ihm geht: Schluss mit Lila Wolken, jetzt kommt‘s hart auf hart. Marten meint es ernst. Der Hinweis auf seine Fußball-Vergangenheit, die mit dem einen Wort „Kapuze“ beschworene Ultra-Ästhetik, untermalt mit dem Setting: Flutlicht. Sofort hat man ein Bild im Kopf, die harten Jungs im Block, versteckt in schwarzen Hoodies, Halstücher, Schals, Flaggen. Das Video liefert uns als erste Einstellung quasi das bildliche Gegenteil dazu. Statt schwarze Ultras im Block, sehen wir Kids in ihrem jeweiligen Zuhause.

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Der Beat, die Farben und vor allem das Licht machen allerdings klar, dass in den nächsten drei Minuten keine Grundschulklasse beim Schulausflug begleitet wird. Die Kids sind auch deutlich in Aufruhr. Zur Sicherheit folgt diese Einstellung:

„Müssen raus hier, weil‘s uns auffrisst, hin wo‘s laut ist, im Blaulicht getränkte Kulisse“

Textlich arbeitet Marteria sich mit jeder Zeile mehr und mehr von losen Andeutungen in Richtung eines konkreten Szenarios: „Sind wie Hunde, rennen alles übern Haufen“. Oberflächlich macht Marteria wie Bushido Stress ohne Grund, doch man ahnt dahinter eben doch einen Grund. Nur nennt er ihn (noch) nicht. Der große Unterschied zu Bushido ist zudem der künstlerische Anspruch: Im Video, wie im Text.

Man erkennt noch immer nicht viel—Kids, die durch dunkle Straßen rennen, Mülltonnen umtreten, über Geländer springen, skaten. Die Bilder transportieren Wut, genau wie der Text—ohne allerdings einen Adressaten zu nennen.

„Jetzt wird Goethe zitiert, also Faust hoch“

Bildlich hier wieder ganz deutlich die Ultra- bzw. Hooligan-Ästhetik, vermummte Jungs, die Pyro abfackeln. Das Video steht in bester Tradition von Justice's „Stress“, düster, wütend, aggressiv. Und alles auf höchstem Niveau. Im Refrain dann auch textlich eine Konkretisierung der Wut, ein Aufruf zur Revolution, noch immer im typischen Ultras-Slang: „Wenn die da oben versagen, in ihren Logen wird die Luft dünn zum Atmen.“ Marteria beschreibt „die da oben“, aus den „Logen“, gegen die gekämpft wird, um sich „unsere Straßen“ wieder zu holen.

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Untermalt wird dieser Aufruf mit dem Bild eines Jungen auf der Straße mit einer weißen Flagge, auf die der bengalische Tiger gesprüht ist. Die weiße Flagge symbolisiert, dass die Jungs nichts Böses wollen, sondern auf der richtigen, der guten Seite stehen. Der Tiger, der in der Folge auch an Wände gesprüht wird, ist das Zeichen der Bewegung: „Tätowier'n ein Tier, das zu uns passt.“

„Evolution wird mit R geschrieben“—Marteria ruft seine Kids-Armee zur Revolution auf, aber friedlich, mit dem deutlichen Verweis auf Friedens- und Freiheitsprediger und erneut der Nennung eines Friedenssymbols: „Sind die Zeugen Mandelas, Zeugen Martin Luther Kings, Käfige auf, lasst weiße Tauben fliegen“.

Die Bilder dagegen wieder ein Kontrast: Feuer, Gewaltbereitschaft, Baseballschläger und brennende Autos. Gewalt kann notwendig sein, wenn sie der Sache dient. Auch das wieder ein Hinweis auf Überzeugungen der Hooligan-, genauso wie der Linksautonomen Szene, Stichwort: Schwarzer Block. „London, Berlin—jetzt brenn' wieder Autos“. Ein Hinweis auf die Ausschreitungen in Tottenham im Sommer 2011 und die Welle von Anschlägen auf Autos in Berlin zur gleichen Zeit.

Am Ende erkennt man Marteria selbst, sozusagen als Anführer der revolutionären Kids-Brigade. Die Welt um ihr herum brennt: „BaddaBoomBaddaBäng“.

Marteria auf Tour:
06.03.2014 Rostock | Stadthalle
07.03.2014 Dresden | Alter Schlachthof
08.03.2014 Magdeburg | Stadthalle
09.03.2014 München | Tonhalle
11.03.2014 Wien | Arena
12.03.2014 Zürich | Komplex
14.03.2014 Stuttgart | Porsche Arena
15.03.2014 Frankfurt | Hugenottenhalle
16.03.2014 Köln | Palladium
18.03.2014 Hamburg | Sporthalle
10.04.2014 Erfurt | Stadtgarten
11.04.2014 Hannover | Capitol
12.04.2014 Berlin | Max-Schmeling-Halle

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Tickets gibt es hier.

Ladet euch den Song „Bengalische Tiger“ hier runter.

Ayke pumpt seit heute nur noch das neue Album von Marteria. Falls ihr Glück habt, droppt er mal ne Line bei Twitter: @tamidemusic

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