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Deshalb werden wir nie schöne Dinge besitzen: Ein offener Brief an die NPR-Praktikantin Emily White

Von einer Nachwuchsjournalistin zur nächsten - du lässt uns in der Öffentlichkeit sehr schlecht aussehen.

Liebe Emily White,

vor ein paar Tagen hast du einen »grüblerischen« Artikel für NPR geschrieben, in dem du behauptest, dass die sprichtwörtlichen "Kids von heute" niemals Geld für Musik bezahlen werden. Dein Beleg für diese Aussage ist, dass "sie von Anfang an nie irgendwelche Musik besessen haben". Du schreibst außerdem, dass du in deinen 20 Lebensjahren insgesamt vielleicht 15 Alben gekauft hast – was durchaus ein Zeichen sein könnte, dass du nicht über Musik schreiben solltest, aber lass uns fortfahren.

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Wenig überraschend fühlten sich eine paar Leute gezwungen, auf deinen Artikel zu antworten: Leute aus der Musikindustrie, alteingesessene Musikjournalisten, sogar ein paar der Künstler von denen du zugibst, Musik gesaugt zu haben. Ich schreibe das hier nicht, um auf ein totes Pferd einzuschlagen, auch nicht, um mich über dich lustig zu machen, sondern weil – naja – wir uns gar nicht mal so unähnlich sind, du und ich. Als Kollegin im Fach der jungen Journalisten, felsenfest davon überzeugt, eine wichtige Rolle in der Gestaltung der künftigen Musikindustrie zu spielen, denke ich, dass wir es sehr viel besser machen könnten.

Wenn du mich offen fragen würdest, könnte ich dir vermutlich nicht sagen, wann ich das letzte Mal ein Album im iTunes-Sinn "gekauft" habe. Dazu muss ich allerdings auch sagen, dass ich keine Ahnung habe, wann ich das letzte Mal eines illegal heruntergeladen habe. Über die letzten zweieinhalb Jahre als Teil der Musikindustrie hatte ich das unfassbare Glück, dass es die meisten begehrten Releases schon in meiner Postbox lagen, bevor sie überhaupt veröffentlicht wurden. Ich vermute, du hast einen ähnlichen Zugriff auf einen riesigen Katalog. Dies ist ein atypisches Privileg, dass dein Artikel außer Augen lässt. Aber der große Unterschied zwischen dir und mir ist, dass ich darüber schreibe, warum Bands gut sind, während du darüber schreibst, wie du von guten Bands klaust.

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Dear Emily White, someone around here can show you where to buy our records now. ps we just stole your bike. — Yo La Tengo (@TheRealYLT) June 18, 2012

Während die Wege, wie wir Musik konsumieren ständig wachsen, wachsen auch die Möglichkeiten, den Künstlern "etwas zurückzugeben". Manchmal bedeutet das, 5 Dollar springen zu lassen, auch wenn du normalerweise "0,00 $" bei den "Zahl-was-du-willst"-Downloads bei Bandcamp.com einträgst. Manchmal bedeutet es auch, dass man die 10 Dollar Eintritt für ein Konzert zahlt, auch wenn die Freundin vom Freund vom besten Kumpel deiner Ex in der Bar hinter der Theke arbeitet und dich vielleicht auf die Liste schreiben könnte. Manchmal heißt es einfach, seine Fresse zu halten und die 12-sekündige Werbung vor einem grandiosen Musikvideo einfach mal zu ertragen, es ist nicht das Ende der Welt. Im Gegenteil, das ist der einzige Weg, Musikvideos überhaupt zu finanzieren. Zu verlangen, dass man völlig umsonst bekommt, was man will, weil man es immer völlig umsonst bekommen hat, ist ein kindisches Argument und ändert überhaupt nichts.

Anstatt uns die Köpfe zu zerbrechen, wie wir irgendwie Musik zu Geld machen könnten (was, ehrlich gesagt, zu diesem Zeitpunkt kaum noch möglich sein dürfte), sollten wir uns vielleicht Gedanken über handfeste Entlohnung machen. Man könnte neue Systeme entwickeln, wie beim Fundraising-Projekt Kickstarter.com, wo das Geld erst dann abgebucht wird, wenn ein gewisser Betrag erreicht ist. Oder sie bekommen eine Art Belohnung, etwa Bonuspunkten für jeden Download. Wenn wir die Sache unter der Annahme betrachten, dass der durchschnittliche Musikkonsument wie ein kleine Kind tickt, wenn es darum geht, "etwas genau JETZT haben zu wollen", dann könnten Bonuspunkte die Funktion des Kekses übernehmen, den man bekommt, wenn man es pünktlich auf den Pott schafft. Eine andere Möglichkeit wäre es, einzigartige, unverwechselbare musikalische Hörerlebnisse zu entwickeln, wie Björks Biophilia, Nicolas Jaars Prism oder Gwilym Golds Bronze Format. Oder vielleicht hören wir aus, Bands anzugreifen, weil sie einen dicken Scheck angenommen haben, damit ihr Song in einem Teenie-Drama laufen darf. Aber hey, wir sollten es auch nicht übertreiben.

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Emily, es ist nicht mal im Entferntesten Robin-Hood-Style illegal Musik runterzuladen. Der Verhältnis zwischen Industrie und Konsument ist sehr viel komplizierte als "den Reichen etwas nehmen" (den großen, bösen Musikbossen) und "den Armen etwas geben" (dir, wie du glaubst). Du und ich und ein paar weitere, ambitionierte junge Leute haben die Möglichkeit, uns einen neuen Standard auszumalen und die Macht, di Industrie wieder mit aufzubauen.

Wir können hier nicht die Miesmacher sein und wir haben mehr verdient als uns nur auf den kleinstmöglichen Nenner zu einigen. Die Zukunft der Musik nur damit zu tun haben, nach vorne zu gucken und nicht auf deine Füße runterzustarren.

Eine der schädlichsten Charakteristika unserer Generation ist unsere Ungeniertheit, wenn es darum geht, unsere Privilegien zu ignorieren und sie einfach zu zerstören. Es ist an der Zeit, erwachsen zu werden, unsere Verantwortung als Teil einer beidseitig nutzbringendes Symbiose zu akzeptieren und dieses Schiff am Schwimmen halten. Auf diese Art wird es auch in zehn Jahren noch eine Industrie geben, die wir königlich platt machen können.

Und ihr Bands, bitte tut mir den Gefallen und besorgt euch eines dieser iPhone-Kreditkartenleser für eure Konzerte. Auf die Art werde ich viel mehr T-Shirts kaufen.

@sashahecht