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Interviews

Wir haben mit der Frau geredet, die gerade im Internet als Crowdkiller-Killer bejubelt wird

„Heldin verprügelt Arschloch-Mosher“—Es ist nicht so einfach, wenn du ins Rampenlicht gezerrt wirst und dich Leute für etwas feiern oder beleidigen, was du nie so gemeint hast.

Thumbnail via Flickr | Stephen L Harlow | CC BY 2.0

Ein energetischer Moshpit gehört zu einer guten Hardcore-Show wie eine dünne Schicht Marmelade auf einem dick bestrichenen Erdnussbutter-Toast. Das Verhältnis muss eben stimmen. Packst du zu viel Marmelade drauf, ist der Spaß vorbei—genau wie ein einzelner Idiot, der sich zum Crowdkiller krönen will, jede Show versauen kann. Du weißt nicht, was zum Teufel Crowdkilling ist? Urban Dicitonary findet hier wie immer die richtigen Worte: „Wenn ein Pseudo-Though-Guy mit Ego-Komplexen jemanden im Publikum ins Gesicht schlägt, weil er sich dadurch wie ein Mann fühlt.“ Eben die Typen, die partout nicht kapieren, dass ihre Schläge und Kicks auf Konzerten nur eines treffen sollten: die Luft. Deswegen wurde immerhin von Hans-Werner-Werner Moshpit der Moshpit erfunden—ein Raum, in den man sich freiwillig begibt, um aufgestaute Energie auf kreative Art rauszulassen und das restliche Publikum gefälligst in Ruhe zu lassen.

Das klappt hierzulande ja auch ganz gut, ganz anders aber in den USA, wo Crowdkilling und -bashing sehr oft einfach dazugehört. Wenn du zu einer Show gehst und dich an den Rand des Pits stellst, weißt du einfach, dass dich jemand schlagen wird. Sieht von Außen wie der größte Schwachsinn aus, ist für Viele aber Teil des Spaßes. Deswegen ist es auch kaum verwunderlich, dass jetzt bei einer Show in Vista, Kalifornien, ein Crowdbasher fröhlich entlang des Moshpits zirkelte und eifrig Schläge verteilte. Erstaunlich aber, dass plötzlich eine Frau aus der Menge sprang und wild auf ihn einprügelte.

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Das Ganze wurde natürlich gefilmt, fand seinen Weg ins Internet und kurz darauf auf zahlreiche Metal- und Hardcore-Blogs. Und alle Websites waren sich bei der Interpretation des Vorfalls einig: Heldin verprügelt Arschloch-Mosher und erteilt ihm damit eine Lektion. Was zu sehr viel Lob an die vermeintlich Mutige, aber auch vielen Beleidigungen gegen sie führte. Frauen im Pit—2016 leider immer noch schwierig für manche Hardcore-Kids.

Wir wollten genau wissen, was da eigentlich passiert ist und haben der Crowdkiller-Killerin Amanda* ein paar Fragen gestellt:

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Noisey: Warum hast du den Crowdkiller geschlagen?
Amanda: Ich habe ihn wegen eines Vorfalls geschlagen, der zuvor passiert war. Er hat etwas gemacht, was ich wirklich nicht ertragen konnte. Ich konnte ihn damit nicht davonkommen lassen, also bin ich ausgerastet.

Was für ein Vorfall?
Er hat eine Freundin geschlagen, und es gab ein paar Missverständnisse und Worte wurden gewechselt, also habe ich meine Freundin auf die Toilette gebracht, um ihr Auge zu reinigen und sicherzugehen, dass mit ihr alles OK ist. Als ich wiederkam, habe ich nur darauf gewartet, dass er wieder den Pit entlangkommt und ihn geschlagen.

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Was, wirklich!? Hat er sie absichtlich geschlagen?
So schien es anfangs. Ich war zu wütend, um herauszufinden, ob das Absicht oder ein Unfall war. Aber jeder hat mir danach gesagt, dass es Zufall war, und er hat sich dann bei ihr entschuldigt und ich mich bei ihm.

Hat sich das Schlagen gut angefühlt?
Ehrlich gesagt, hat es das nicht. Ich bin nicht stolz darauf, weil ich eigentlich versuche, weniger aggressiv zu sein. An dem Tag ging das aber einfach nicht.

Was denkst du überhaupt über dieses ganze Crowdkilling aka „Leute schlagen, die einfach nur die Band sehen wollen“-Ding?
Ich habe ihn nicht deswegen geschlagen und habe auch kein Problem mit Crowdbashing. Wo ich herkomme, sind wir daran gewöhnt. Ich bin schon viele Jahre in der Szene unterwegs, bin damit aufgewachsen, also ist sowas kein großer Schock für mich. Ich will nochmal klarstellen, dass ich ihn nicht deswegen geschlagen habe.

Habt ihr danach nochmal geredet?
Ja, wir haben uns danach ausgesprochen. Das war ein lange vergessenes Thema—bis das Video viral gegangen ist. Mir war nicht einmal bewusst, dass jemand filmt.

Viele Metal- und Hardcore-Websites haben das Video gepostet und gemeint, dass du dem Typen eine Lektion erteilt hast. Ist dir die ganze Aufmerksamkeit unangenehm oder ist es cool, eine Art Vorbild zu sein?
Ich fühle mich nicht cool oder stolz oder glücklich, dass Leute sagen, ich hätte ihm eine Lektion erteilt. Ich fühle mich mit der ganzen Situation ziemlich unwohl, aber kann nichts dagegen tun.

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Weibliche Mosher sind in Österreich immer noch eine Seltenheit. Ist das bei euch ähnlich?
Naja, es ist nicht so selten, wie es mal war, aber es ist nichts, was du oft siehst. Normalerweise mögen es die Leute nicht, wenn Frauen im Pit sind.

Ich habe viele Kommentare gelesen, die dich dafür beleidigen, dass du überreagiert hast und den Typen in Ruhe lassen sollst. Was hast du diesen Leuten zu sagen?
Ich habe ihnen nichts zu sagen. Mir war bewusst, dass ich sowohl negative als auch positive Reaktionen auf das Video bekommen würde, aber ich kann Leute nicht dafür verurteilen, dass sie eine Meinung haben. Klar, die verletzenden Bemerkungen haben angefangen, mich zu berühren, aber es ist OK. Alles, was ich ihnen sagen kann, ist, dass es mir Leid tut, dass sie so fühlen. Ich hoffe, dass sie irgendwann realisieren, dass —obwohl ich in der Lage bin, mit den Angriffen umzugehen—manche Leute nicht so stark sind. Versucht, ab und zu mitzufühlen.

*Name von der Redaktion geändert

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