Foto mit freundlicher Genehmigung von Matthias Fritsch
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Matthias Fritsch: „Technoviking" ist viel mehr als nur das Bild des Protagonisten. Es ist ein virales Phänomen, das tausend Variationen hat. Die meisten davon beinhalten Originalmedien aus meinem Film „kneecam no.1", aber er hat auch vollständig von Nutzern erschaffenen Content inspiriert, wie Comics, 3D-Animationen, Zeichnungen, Ölgemälde, Skulpturen, Actionfiguren, Blogs und Artikel.Warum, denkst du, sträubt sich der Technoviking so sehr dagegen, dass du sein Bild nutzt? Hast du mit ihm kommuniziert?
Ich habe es versucht, aber unglücklicherweise weigert er sich gegen jegliche Kommunikation und ich darf nur über seinen Anwalt mit ihm kommunizieren. Nachdem das Video viral ging, habe ich versucht, herauszufinden, wer er ist und wie man ihn erreichen kann, aber ich habe aufgegeben und war mir sicher, dass er mich früher oder später kontaktieren würde.
Ein Standbild aus Fritschs Dokumentation
Nein, die Kamera war nicht versteckt und hatte ein riesiges Weitwinkel-Fisheye-Objektiv. Ich habe sie in meinen Händen gehalten, auf Höhe meiner Knie. [Der Technoviking] sieht auch eine Sekunde lang in die Kamera, während er tanzt.Denkst du, dass das Urteil unfair war? Kannst du erklären, warum du den Prozess als „absurd" bezeichnet hast?
Ich denke, das Urteil hat gezeigt, dass die Richter den künstlerischen Teil meiner Arbeit nicht verstehen. Sie sehen den konzeptionellen Rahmen nicht. Trotzdem haben die Richter entschieden, dass die Nutzer, die Comics, Zeichnungen, Nachstellungen und andere Fan-Reaktionen erschaffen, die nicht das Originalmaterial nutzen, sich selbst ausdrücken dürfen. Das ist immerhin etwas. Der Prozess ist absurd, da [Technoviking] sich selbst nicht im Internet haben will, was mit so einem viralen Phänomen natürlich nicht möglich ist. Außerdem bringt der Streisand-Effekt dem Meme noch mehr Aufmerksamkeit ein. Es ergibt überhaupt keinen Sinn, zu versuchen, das im Gericht zu lösen. Es hätte viel mehr Sinn ergeben, zu versuchen, das auf menschlicher Ebene zu klären und die Einnahmen, die bereits gemacht wurden, als er an mich herangetreten ist, zu teilen.
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Bevor er seinen ersten Anwalt darauf angesetzt hat, habe ich 10.000 Euro in einer Zeit von zwei Jahren damit verdient, im Prinzip durch YouTube-Werbung.
Matthias Fritsch
Das Phänomen des Technoviking hat mich mit einer extrem schnellen und dynamischen Meme-Kultur in Kontakt gebracht, die sehr wahrscheinlich die intensivste Form der Popkultur heutzutage ist.Hast du zu den ersten Leuten gehört, die dafür verklagt wurden, dass sie ein Meme in Gang gesetzt haben? Gab es bestehende Gesetze, um die Internetkultur zu steuern, und denkst du, dass wir neue Gesetze benötigen?
In Deutschland war das der erste Fall eines Memes vor Gericht. Die Gesetze, auf denen das Urteil beruht, sind 100 Jahre alt. Sie funktionieren mit der Meme-Kultur nicht, da solche Phänomene global sind und nicht kontrolliert werden können. User, die virales Material remixen, agieren auf unsicherem Terrain. In Deutschland riskiert zum Beispiel jeder, der das Video vom Technoviking nutzt und dabei das Originalmaterial benutzt, in eine ähnliche rechtliche Situation zu geraten wie ich: tausende Euros bezahlen zu müssen, nur im Gericht herauszufinden, wie die rechtliche Lage ist. Und trotzdem hängt das Urteil vollständig von den Richtern ab. Das ist keine Basis für eine spielerische und lebhafte Remix-Kultur, wie sie im Netz zu beobachten ist. Die Gesetze hier in Deutschland müssen eine rechtmäßige Nutzung definieren, die eine einfachere Orientierung erlaubt, was möglich ist und wo die Grenze ist.
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[Technoviking] hat Berufung eingelegt und wollte die Comicvariationen und Silhouetten in einem bereits zensierten Film-Still, den ich auf meiner Website genutzt habe, zensieren. Es hat eine Weile gedauert beim Gericht, aber sie wollten seinem Einspruch nicht folgen und haben vorgeschlagen, dass er zurückzieht, damit er nicht so hohe Kosten tragen muss. Wenn das Gericht den Fall offiziell zurückweist, dann werden [die Gebühren] doppelt so hoch, wie wenn du zurück ziehst. Als Ergebnis seines Rückzugs wurde das Urteil von 2013 rechtskräftig.
Eine Statue des Technoviking von Künstler Shinya Yamaoka
Seit das Urteil rechtskräftig ist, kenne ich die Grenzen. Doch leider nicht zu Hundert Prozent, da das Urteil ein bisschen vage ist, wenn es darum geht, was es bedeutet, den Kläger ausreichend zu zensieren. Manche Anwälte glauben sogar, dass die Silhouette immer noch eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte ist.Wie sehr hat sich das Leben des Technoviking verändert, seit er viral gegangen ist?
Das kann ich nicht sagen. Auf dem Papier haben seine Anwälte geschrieben, dass rechtsradikale Leute ihn kontaktiert hätten, er Jobs verloren habe, dass ihn jemand erkannt habe, während er Fahrrad gefahren ist. Nichts davon wurde während des Prozesses jemals bewiesen.
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Das kann ich nicht sagen. Offiziell hat es zwei Jahre gedauert, bis er herausgefunden hat, dass er weltbekannt geworden ist. Vielleicht hat er keinen guten Berater, der ihm erklärt, was der Streisand-Effekt ist und wie die Dynamik von Internet-Communities funktioniert. Oder vielleicht hat er seine eigene Agenda.Hattest du in letzter Zeit irgendeine Art von Kontakt mit dem Technoviking?
Leider hatte ich nie die Möglichkeit, mit [ihm] zu sprechen. Ich habe seinem Anwalt immer und immer wieder gesagt, dass ich ihn gerne persönlich treffen würde, aber von seiner Seite bestand kein Interesse. Dieses Problem spreche ich am Ende des Films an. Ich hoffe, dass wir eines Tages die Möglichkeit haben, uns persönlich zu treffen. Letztendlich sitzen wir alle im selben Boot—wir haben beide die Kontrolle verloren, aber haben sehr unterschiedliche Ansätze, wie wir damit umgegangen sind.Dieser Artikel ist vorab bei unseren Kollegen auf THUMP erschienen.Michelle Lhooq ist Redakteurin bei THUMP. Folgt ihr bei Twitter.**Folgt Noisey bei Facebook und Twitter.