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Interviews

Dieses Interview wird Der Weg Einer Freiheit nicht helfen, ihr Hipster-Image loszuwerden

Wir haben die Sonnenfinsternis und das baldige Album-Release zum Anlass genommen, um mit DWEF über ihren Umgang mit rassistischen Fans und ihr Image als Hipster-Black Metaler zu sprechen.

Ich gestehe, ich habe mich relativ spät mit Black Metal beschäftigt. Einerseits, weil ich bis dahin einfach zu sehr im Metalcore -und Deathcore-Sumpf versunken war und mich lieber auf den nächsten stumpfen Breakdown freute, als mich auf zehnminütige Werke voller repetetiver Riffs einzulassen. Andererseits war mir auch die dreckige Produktion der kultigsten Vertreter meistens schlicht zu dreckig und hingerotzt, um mich wirklich zu fesseln. Dann habe ich irgendwann etwas über das Debütalbum von Der Weg Einer Freiheit gelesen. Von einer neuen Hoffung des deutschen Black Metals war die Rede, die die alten klischeehaften und fragwürdigen Vorstellunger der True Metaler hinter sich gelassen hatte, die zudem modern und klar produziert klang. Was ich las, machte mich neugierig und was ich hörte, haute mich um. Bis heute reagiert meine Gänsehaut empfindlich auf das Charlie Chaplin-Sample in „Neubeginn“.

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Vor ein paar Jahren hat Sänger Tobias die Band aus persönlichen Gründen verlassen, seitdem keift Songwriter-Mastermind Nikita Kamprad ins Mikro, während er parallel die unverkennbaren Akkord-Harmonien auf der Gitarre runterschreddert. Jetzt steht die Band aus Würzburg vor dem Release ihres dritten Albums

Stellar.

Ein perfekter Zeitpunkt also, mal mit ihm über ihre neue Platte, ihr selbstgewähltes Label als unpolitische Band, ihren Umgang mit rassistischen Fans und ihr Image als Hipster-Black Metaler zu sprechen.

Noisey: Ihr habt bereits drei Tracks und somit (ohne die beiden Bonustracks) bereits die Hälfte der kommenden Platte veröffentlicht. Warum habt ihr soviel preisgegeben?
Nikita: Im Prinzip ist das Label-Sache. Bei denen läuft diese Promo-Geschichte einfach so ab, dass immer im Abstand von zwei, drei Wochen jeweils ein neuer Track veröffentlicht wird. Ich finde es eigentlich nicht so toll, wenn schon die Hälfte des Albums im Internet ist. Wir haben aber halt zwei Monate vor Release mit dem ersten Track angefangen und da mussten wir ein bisschen nachlegen.

Was verbirgt sich hinter dem Albumtitel Stellar?
Stellar beutetet übersetzt „mit den Sternen zusammenhängend“. Als ich anfing, das Album zu schreiben, wusste ich nicht, in welche Richtung es gehen sollte. Weiß ich nie, weil ich finde, dass du der Musik viel Freiraum lassen musst, sich zu entwickeln und zu entfalten. Das Sternenthema hat sich dann langsam immer weiter herauskristallisiert. Da es eben sehr gut zu der Musik und zu den Texten passt. Im Prinzip zielt jeder Text Richtung Himmel und darauf, sich von dieser Welt zu lösen, sich von Zwängen und Regeln zu befreien, die einen einengen und die eigene Freiheit rauben. Jeder Mensch hat einen Wunsch, nachdem er sich sehnt, der aber eigentlich unerreichbar ist.

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Da passt das Coverbild der Sonnenfinsternis ja auch ganz gut.
Genau. Das war jetzt aber nicht die originellste Idee. Die Sonne als Stern wird vom Mond, einem schwarzen Fleck, verdeckt. Da ist also eine Grenze, durch die du nicht durchkommst. Trotzdem willst du da hin. Das bringt das Chaos in mir perfekt rüber.

Ist euch bewusst, dass eure Platte nur wenige Tage nach einer Sonnenfinsternis rauskommen wird?
Das stimmt, haben wir aber erst später gemerkt. Die ist am 20. März und am 23. März kommt das Album raus. Da haben wir es knapp verpasst. Zufall.

Stellar ist das erste Album, auf dem du singt. Welche persönlichen Erfahrungen haben dich beschäftigt?
Beispielsweise geht es bei „Eiswanderer“ um eine nächtliche Wanderung mit einem Freund auf den Fløyen, einem Berg in Bergen, Norwegen. Wir sind gegen elf Uhr nachts losgelaufen und waren gegen drei Uhr wieder in der Stadt. Auf dem Hügel war es arschkalt, aber diese Stille und der sternenklare Himmel haben mich so beeindruckt, das daraus der Text entstanden ist.

Diese Wandergeschichte erinnert mich an die VICE-Doku mit Gaahl, wo sie auch mitten in der Nacht auf einen Hügel gewandert sind.
Ich glaube, das war auch in der gleichen Gegend. Er kommt ja auch aus Bergen. Also kann man das fast miteinander vergleichen, ja (lacht).

Müsst ihr euch eigentlich noch oft den Vorwurf anhören, eine Hipster-Black Metal-Band zu sein?
Ja, durchaus (lacht) und ich glaube, da wird das Interview hier noch einiges dazu beitragen. Weil Noisey den Hipster-Ruf schlechthin hat?
Ich finde cool, was ihr macht, aber wenn du dir die True Metal-Schiene anschaust, gefällt denen sowas gar nicht.

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In die Ecke wurdet ihr ja schon allein durch eure Frisuren und Bandshirts gedrückt.
Ja eben. Abstreiten kannst du das ja sowieso nicht, wollen wir auch gar nicht. Ist egal.

Ihr positioniert euch klar als unpolitische Band. Warum ist euch das so wichtig?
Wir haben privat mit Politik wirklich überhaupt nichts am Hut. Es ist super, wenn sich jemand engagiert und gute Meinungen vertritt. Man darf jetzt auch nicht glauben, dass wir die falsche Meinung vertreten. Ganz und gar nicht. Dadurch, dass unsere Musik einfach Musik sein soll und kein Medium, das irgendwelche Ideologien verbreitet, sehen wir uns als unpolitische Band. Bevor da irgendetwas reingedichtet wird, sage ich auch immer, dass wir eher im linken Feld angesiedelt sind. Das ist ganz klar. Für uns hat das mit der Musik nichts zu tun. Deswegen sagen wir „unpolitisch“. Weder in der Musik noch in den Texten gibt es Anhaltspunkte dafür, irgendetwas reinzuinterpretieren.

Ist dieses Label nicht schon eine Positionierung und begebt ihr euch damit nicht in eine Grauzone? Ist euch die politische Haltung eurer Fans denn egal?
Wenn man sich nicht klar positioniert, ist man in der öffentlichen Wahrnehmung manchmal das Gegenteil von dem, wofür man eigentlich steht. Wobei man uns niemals unterstellen würde, dass wir eine rechte Band sind. In Deutschland haben wir damit kein Problem. Wir haben hier auf gar keinen Fall rechte oder NS-Black Metal-Fans. Das hätten wir auf Konzerten schon gemerkt. Aber wenn wir weiter im Osten und Russland spielen, sehen wir leider öfter auch Leute, die mit NSBM-Shirts rumrennen. Die uns aber augenscheinlich gut finden. Die haben uns abgefeiert und nach dem Konzert die Hand geschüttelt. Dann denkst du: „Okay, der hört Musik, mit der wir eigentlich nichts zu tun haben wollen“. Kann man natürlich spontan nichts dagegen tun. In Deutschland kann man auf Festivals oder Konzerten Eintrittsverbot für Leute verteilen, die bestimmte T-Shirts oder Patches tragen. Das finden wir schon gut, wobei man da auch differenzieren muss. Wenn es wirklich eine Band wie Absurd ist, kann der ruhig draußen bleiben. Aber bei Bands wie Drudkh, die unsere Label-Kollegen sind und sich halb in der Grauzone bewegen, kann man viel reininterpretieren, was gar nicht da ist. Sowas fänden wir dann zu viel des Guten.

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Großes Thema ist da auch immer wieder Burzum.
Burzum auch, ja. Wobei der Typ einfach einen an der Klatsche hat und eigentlich in die Psychiatrie müsste.

Ist denn Rassismus, Sexismus, Homophobie unter den Black Metal-Bands noch ein großes Thema?
Mit den allertruesten und übelsten Black Metal-Bands spielen wir ja nicht. Da kann ich nicht viel zu sagen. Wir spielen oft mit Bands, die aus dem neueren Umfeld kommen. So aus dem Crust-, Punk-, Hardcore-Umfeld. Wie jetzt zum Beispiel auch Downfall of Gaia, mit denen wir touren. Das ist auch ein Umfeld, indem wir mit keiner Band spielen, die offensichtlich positiv zu Sexismus, Rassismus oder Homophobie eingestellt ist. Wir hatten noch keine Erfahrungen damit gemacht, mit einer Band zu spielen, die offensichtlich in so eine einschlägige Richtung geht.

Ein Merkmal, was euch schon immer rein akustisch von vielen Genre-Vertretern abhebt, ist die klare Produktion. Ist es euch wichtig, Black Metal nur mit einer guten Produktion zu spielen?
Mir ist das schon wichtig. Wir haben beim Mastering darauf Wert gelegt, dass nicht alles gegen die Wand gefahren wird und alles laut ist, sondern dass die Dynamik erhalten bleibt. Das Master ist nicht so laut wie vielleicht andere derzeitige Metal-Master. Eben ein bisschen leiser, aber dynamischer. Mir persönlich ist es wichtig, dass du die Harmonien und Melodien der Gitarren so hören kannst, wie sie eingespeilt wurden. So viel produziert oder besser gemacht, haben wir da gar nicht.

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Tatsächlich war die Produktion damals für mich als Deathcore -und Metalcore-Hörer ein Hauptgrund, euch zu hören und meinen Weg in den Black Metal zu finden. Hört ihr das oft?
Ja, das hören wir recht oft von den unterschiedlichen Leuten aus der Hardcore -oder Metalcore-Ecke. Von wegen, dass wir den Leuten Black Metal wieder schmackhaft machen. Das ist aber nicht unser Hauptziel. Wir wollen das machen, was uns gefällt. Wenn wir damit unterschiedliche Leute erreichen und auch zusammenbringen können, ist das natürlich super.

Als 2009 euer Debüt erschien, wurdet ihr als neue deutsche Black Metal-Hoffnung gehandelt. Wurdet ihr dem Hype in der Rückschau gerecht?
Das ist subjektiv natürlich schwierig zu sagen. Wir haben schon von vielen Seiten gehört, dass wir vor Jahren so hochgelobt wurden, jetzt aber noch immer nicht wirklich was passiert sei. Mir ist es lieber, einen langsameren, stetigen Aufschwung zu haben, als von Null auf 100 plötzlich ganz oben und genauso schnell wieder ganz unten zu sein. Wir wollen dem Zeit geben und in Ruhe die Songs schreiben. Also nein, wir haben die Hoffnung nicht ganz erfüllt. War auch nicht unser Ziel.

Stellar erscheint am 23. März. Du kannst es bei Amazon, Season of Mist und Bandcamp vorbestellen.

Falls du Julius beschimpfen willst, weil er keine Ahnung von Black Metal hat, er ist bei Twitter@Bedtime_Paradox

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