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Warum es nicht Punk ist, dass Death Grips bei ihren eigenen Konzerten nicht auftauchen

Nicht auf seine eigenen Konzerte zu kommen und das „Kunst“ zu nennen, ist nicht rebellisch oder subversiv. Das zeigt nur, dass du ein Arschloch bist.

Gestern kam raus, dass Death Grips eine Mini-Tour vorbereitet haben, bei der sie planten, nicht aufzutauchen. Losgehen sollte es mit einem Nicht-Konzert beim Lollapalooza am letzten Wochenende (letztlich wurde Death Grips dann aber von Shaun Whites Band ersetzt, was die Sache aber auch nicht besser macht). Der Plan war, statt eines Auftritts einen Selbstmord-Abschiedsbrief auf die Bühne zu projizieren und währenddessen ihre Musik über die Lautsprecher laufen zu lassen. Als sie sich dann möglichen Entschädigungszahlungen und Klagen der verarschten Booker und dem eigenen Publikum gegenübersahen, verwiesen sie auf ihre „Kunst“, mit der Begründung, dass die Nicht-Performance die eigentliche Performance sei.

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Ich würde gern glauben, dass dies die Wahrheit ist und dass diese Idee der Nicht-Konzerte rein durch ein sehr gesundes und sehr punkiges Kunstverständnis zustande kam, in dem es darum geht, Menschen zu zerrütten, durcheinander zu bringen und grundsätzlich einfach zu ficken. Leider kommt diese Geschichte einfach wie ein ziemlich elitäres Ding rüber, das Menschen in diejenigen aufteilt, die „es verstehen“ und diejenigen, die das nicht tun. Und das nennt man nicht Punk. Das nennt man eine Band, die komplett aus Arschlöchern besteht.

Death Grips sind berühmt dafür, dass sie sich mit den ganz Großen anlegen. Letztes Jahr leakten sie ihr Album selbst und veröffentlichten—nachdem ihr Major Label sie nach dem Leak nicht sofort fristlos kündigte—interne Emails, inklusive nicht-öffentlicher Kontaktinformationen eines sehr wichtigen Labelmitarbeiters und sorgten so endgültig für den eigenen Rausschmiss. Das ist alles großartig. Labels, insbesondere Major Labels, tun Bands wie Death Grips so gut wie nie irgendeinen Gefallen. Indem sie ihrem Label gesagt haben, dass sie sich ins Knie ficken können und ihre Musik einfach für umme ins Netz gestellt haben, haben sie ihren Fans etwas Gutes getan. Das aktuelle Tour/Nicht-Tour-Fiasko dagegen zeigt einen krassen Kontrast zu dieser Aktion: Death Grips tun ihren Fans bewusst und aus freien Stücken weh.

Egal, welche Gründe sie vorgeben, eine fadenscheinige Tour zu buchen und Kids dazu zu bringen, ihr Geld auszugeben, um auf einen bekackten Versuch einer Kunsthochschul-Thesis zu glotzen, ist einfach beschämend. Diese Menschen lieben Death Grips und haben sich auf die Konzerte gefreut. Wenn die Band ihre Fans wirklich aufwecken, schocken oder ficken wollte, dann wäre sie aufgetaucht und hätte ihnen mit ihrer Musik die Gehirne rausgeblasen.

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Was den „Kunstgehalt“ eines nicht stattfindenden Konzerts angeht, sollten sich Death Grips vor Augen führen, dass du in dem Moment, in dem dein Werk deine Hände verlässt, die Kontrolle über die Interpretation verlierst. Einen Abschiedsbrief auf die Bühne zu projizieren, sollte vermutlich symbolisch den Tod der Band darstellen, es ist aber ein ziemlich fauler Weg, dieses Ziel auszudrücken. Eine Band, die keine Band mehr sein will, nutzt den Symbolismus des Selbstmords, um möglichst viel Aufmerksamkeit für die Tatsache zu generieren, dass sie keine Band mehr sein will—statt sich einfach aufzulösen. Im Informationszeitalter, in dem Buzz die wichtigste Währung ist, ist es egoistisch und scheiße und erreicht genau das Gegenteil davon, tatsächlich deine Band aufzulösen.

Ich möchte jetzt nicht in der Erinnerung an eine Zeit schwelgen, in der ich nie gelebt habe, aber ich bin mir sicher, dass es so ein Bullshit in einer früheren Ära des Punkrock nicht gegeben hätte. Der Punk hat etwas entwickelt, das wir bei Noisey gern das „Shit-Fuck“-Verhältnis nennen. Ein „Shit"-Szenario, in dem du einen Shit gibst, wird passiv ausgeübt. Keinen Shit zu geben, bedeutet, dass etwas passiert ist, aber es dir so egal ist, dass du nichts dagegen tust. Fucks zu geben, sind hingegen in der Reichweite der Proaktiven. Wenn du keinen Fuck gibst, heißt das, du packst das Leben bei den Eiern und tust irgendetwas Verrücktes. Fugazi hätten keinen Fuck gegeben, ob sie vor vier oder viertausend Leuten gespielt hätten, sie hätten auf der Bühne alles rausgelassen. The Sonics haben so viel Fucks gegeben, dass sie verlauten ließen, keine alten Menschen auf ihre Shows zu lassen. Television haben so wenig einen Fuck gegeben, dass sie virtuos wurden und damit die Leute richtig anpissten. Und Death Grips, die ihre Nicht-Shows als ein seltsames Kunstprojekt verkaufen wollen, beweisen, dass sie keinen Shit geben. Und das ist scheiße. Wenn dich all die Shits und Fucks jetzt verwirrt haben, kannst du dir das in dieser anschaulichen Skizze noch mal verdeutlichen:

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Letzten Endes ist es doch so: wann immer eine Band—vor allem eine Punkband und besonders eine, die so cholerisch wie die Death Grips ist—solche unausgereiften Stunts risikiert, kommt es rüber, als wäre das ein Äquivalent zu einem Teenager, der ein Anarchie-Shirt trägt, das er bei einem Geschenkeladen gekauft hat, und der den Volvo seiner Mutter absichtlich gegen irgendeine Wand gesetzt hat. Das ist nicht rebellisch und das ist auch keine Lösung für etwas. Das ist einfach nur dumm.

Drew Millard ist richtig sauer und will sich das nicht mehr gefallen lassen. Folgt ihm bei Twitter@drewmillard

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