Von 187 bis Estikay – Der Fotograf eurer Lieblingsrapper nimmt euch mit in seine Welt
Alle Fotos mit freundlicher Genehmigung von Pascal Kerouche

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Pascal Kerouches Zwei Null Eins Sieben

Von 187 bis Estikay – Der Fotograf eurer Lieblingsrapper nimmt euch mit in seine Welt

187 Strassenbande, Estikay, von Jamaika bis L.A. – Pascal Kerouche fotografiert überall. Hier zeigt er euch exklusiv Fotos aus seinem neuen Bildband 'Zwei Null Eins Sieben' und erzählt die Geschichten zu großartigen Shots.

Pascal Kerouche wurde 1983 in Bremervörde geboren und lebt in Hamburg. Seit 2004 macht er hauptberuflich Bilder und reist als Lieblingsfotograf deutscher und internationaler Rapper und anderer Musiker um die Welt. Sein erster Bildband Snapshot Stories ist 2017 erschienen. Für Noisey gewährt er exklusive Einblicke in sein neues Buch Zwei Null Eins Sieben , das im Frühjahr 2018 erscheinen wird.


Vor einem Jahr stand an dieser Stelle noch "Im Hotel mit Snoop Dogg, auf der Bühne mit Eminem – Diese Fotos sind so groß wie Hip Hop selbst". Bei den Fotos, von denen der Noisey-Autor sprach, ging es um meine Bilder. Aber nicht nur auf Noisey wurde ich mit Lob überschüttet, auch andere Seiten hielten sich mit schmeichelnden Worten nicht zurück. Die Backspin betitelte mich als Lieblingsfotograf deines Lieblingsrappers. Der Auslöser dieser ganzen Lobeshymnen war mein Buch Snapshot Stories von 2017, welches im Grunde nicht mehr als ein persönliches Foto-Tagebuch der letzten zwölf Jahre meines Lebens war. Es ging so weit, dass Arte Tracks nach New York flog und Freunde von mir vor Ort besuchte und einen Beitrag über das Buch und mich gemacht hat, inklusive Originalmaterial aus meiner damaligen Zeit. Auf jeden Fall ein absolutes Highlight.

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Das Witzige an dem Ganzen ist, dass ich das Buch, um das es hier die ganze Zeit ging, gefühlt nicht einmal in der Hand hatte. Seit dem Release ging es eigentlich immer weiter nach vorne. Ohne viel Pause, ohne wirklich Zeit zum Durchatmen. Zu Hause sagte ich immer nur: "In zwei Wochen ist alles durch, dann steht nichts mehr an und wir haben Ruhe." Eine Ausrede, in der ich heute noch lebe. Die Pause kam nie. Was aber auch gut ist, Stillstand ist nichts für mich.

Ich mag die Idee eines Buches, ich mag es, ein fertiges Produkt in der Hand zu halten. Das passiert in der heutigen Zeit viel zu wenig. Darüber hinaus ist es eine Chance – so cheesy es klingt –, meinem Sohn irgendwann zu zeigen, was ich alles so getrieben habe. Vielleicht versteht er dann, warum ich den größten Teil seines Lebens nicht an seiner Seite war. Die Idee zu Zwei Null Eins Sieben – meinem zweiten Buch – formte sich. Ich überlegte lange hin und her, ob ich wirklich ein zweites Buch machen sollte. Die Erwartungen waren entsprechend groß und auf einmal entstand ein Druck, den es beim ersten Buch nie gab.

"Zwei Null Eins Sieben"

Eigentlich wollte ich Anfang Dezember 2017 fertig sein, so dass ich alles verpacken kann und jeder Vorbesteller sein Buch noch vor Weihnachten in der Hand hält … Jetzt haben wir Januar 2018 und ich bin erst zu 80 Prozent mit der Bildauswahl durch. In dem Moment, in dem ich dachte, ich würde das Jahr abschließen und den Rest chillen und mich auf das Buch konzentrieren, "musste" ich noch nach Ghana, London, Los Angeles und schließlich auf die Philippinen.

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Gzuz

Das zweite Buch hat zwei riesige Schwierigkeiten. Snapshot Stories spielte hauptsächlich in New York und Los Angeles, mit einem kleinen Ausflug nach Kapstadt und Äthiopien. Die Bilder waren sehr nah an der Straße – weil ich auch in der Hood lebte – und zeigten eine Realität, die viele nur aus der Musik oder aus Filmen kennen. Ein deutscher Fotograf in der Hood? Der "Schockmoment" war klar auf meiner Seite. Dazu noch ein paar größere Namen wie Snoop Dogg, Kanye West oder sogar Eminem, die das Ganze abrundeten und eine interessante Sache draus machten. Ein recht einfaches Prinzip – es soll sich jetzt auch nicht so anhören, als ob alles so geplant war. Es fiel mir im Nachhinein einfach nur auf, weil es für mich eher die Realität war und immer sehr langweilig angehört hatte (darum kam das Buch auch erst zwölf Jahre später raus, denn so lange hat es gedauert, bis ich gecheckt habe, dass das jemanden interessiert).


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Diese Momente gibt es bei Zwei Null Eins Sieben nicht. Es spielt vor allem in Deutschland und ist viel näher am Zuhause der Leser. Die Spannung zu halten und zu vermeiden, dass es ein einfaches Bilderbuch wird, ist schwierig. Vor allem ist es alles vermischt. Jamaika, Chefboss, Estikay, Ghana, 187, … Wo ist die Verbindung? Wie stellt man sie her?

Shy Glizzy

Eins der Bilder im Buch wird dieses sein. Shy Glizzy in seiner Heimatstadt Washington D.C. am 31. Dezember 2016. Ich war eher durch Zufall in Washington und schrieb Shy Glizzy aka Jefe und die Glizzy-Gang, dass ich in der Stadt sei. Ich fragte, was bei ihnen gehe. Sie luden mich ein, mit ihnen Silvester zu feiern. Wir trafen uns in seiner Hood und gingen dann weiter, er hatte eine relativ große Suite in einem Hotel gemietet, um das Feuerwerk über Washington zu sehen. Leider schaute das Zimmer in die falsche Richtung und man sah nichts vom Feuerwerk. Kurz nach Mitternacht machten wir uns auf den Weg nach Baltimore, weil er dort noch einen Clubauftritt hatte. Kurz vor der Abfahrt ist dieses Bild entstanden. Baltimore ist ein hartes Pflaster, gerade zu Silvester wird die "Unruhe" auf den Straßen oft ausgenutzt. Die Gang wollte sich absichern und hatte eine Sporttasche voll mit Maschinengewehren dabei. Vor ein paar Monaten wurde einer von Jefes besten Freunden – 30 Glizzy – genau in der Gegend von Baltimore erschossen, wo wir uns aufhielten. Long Live 30.

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Estikay

Die erste Cover-Idee zu Zwei Null Eins Sieben entstand mit diesem Bild. Ich fand und finde es immer noch sehr passend. Es zeigt einen Künstler, der nicht aufdringlich in die Kamera schaut, sondern alles einfach stattfinden lässt. Die perfekte Stimmung. Das Foto ist 2016 in Los Angeles entstanden, genauer gesagt im Hinterhof der Mint Room Studios, wo unter anderem schon Kendrick Lamar, Fashawn oder Crooked I aufgenommen haben. O.T. Genasis hat zum Beispiel "CoCo" in diesem Studio eingerappt.

Estikay hatte kurz vor dem Trip nach Los Angeles sein Debütalbum Auf Entspannt fertig aufgenommen und es fehlte noch das Cover. Nachdem zwei andere Fotografen schon das Cover geschossen hatten, aber weder Esti noch Sido noch Four Music so richtig happy waren, riefen sie mich an. Eigentlich war die Ansage, dass sie schon zweimal geshootet hätten und das Budget knapp sei, aber ich habe alles auf eine Karte gesetzt und gesagt, dass ich das Cover in Los Angeles sähe, ansonsten würde ich es nicht machen. Das Album hat ja auch ein entspanntes Sommergefühl – und wo kommt dieses Gefühl bitte besser rüber als in L.A.?

Estikay, Sido und Crew

Four Music schickte mich zuerst zu einem Videodreh mit Estikay und Sido, um dort ein wenig zu shooten. Wahrscheinlich haben sie gehofft, dass genau da auch das Cover für das Album entsteht. Klappte aber nicht. Kurz darauf saßen Estikay und ich im Flieger – zwei Wochen Los Angeles!

"Eine andere Idee für das Cover war das Bild in einer Indoor-Plantage"

Direkt nach der Ankunft sind wir feiern gegangen. Aus irgendeinem halb unerklärlichen Grund landeten wir in einem Club in West Hollywood und Esti teilte sich eine Bühne mit 21 Savage (die komplette Geschichte bekommt ihr im Buch). Um sechs Uhr waren wir zu Hause und legten uns nach gefühlten 48 Stunden endlich pennen. Nach vier Stunden weckte mich ein Anruf von Estikays Management. Das Album-Cover müsse ran, wir hätten zwölf Stunden Zeit! Zu dem Zeitpunkt war nicht mal sein Koffer angekommen (der steckte seit mehreren Tagen irgendwo in London oder so), also mussten wir erstmal einkaufen gehen. Das erste Foto, das wir schossen, wurde letztendlich auch das Cover zum Album Auf Entspannt. Eine andere Idee für das Cover war das Bild in einer Indoor-Plantage. Ich rief jeden Rapper an, den ich kannte, und fragte, ob irgendjemand Beziehungen zu einer Plantage hätte. Zu meinem Bedauern lachten alle nur über die Vorstellung und meinten, dass niemand ihnen zeige, wo eine Plantage ist, weil alle Schiss hätten, dass die am nächsten Tag leergeräumt wäre. Macht Sinn! Eine Freundin, Lil Debbie, erzählte sogar, wie sie mal auf einer geshootet hätte und dazu mit einem Sack über dem Kopf hingebracht worden wäre.

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Nach ewigem Hin und Her fand sich doch jemand. Bevor er uns die Location verriet, musste ich bestimmt fünf Mal mit ihm telefonieren und versichern, dass wir nicht aus L.A. kämen. Dann wollte er wissen, wen wir so alles kennen und mit wem ich rumhänge. Irgendwann bekamen wir die Adresse. Als wir durch die Tür traten, rannte ein kleiner Chihuahua (oder was auch immer) bellend auf uns zu. Ganz klassisch trug er den Namen "Gangster". Mike, der Besitzer der Plantage, sah weniger aus wie ein Drogendealer, sondern eher wie ein Student. Auf der Couch chillte ein Homie und spielte PlayStation. In der Küche, die sich im gleichen Raum befand, standen zwei halbnackte Frauen (sie hatten nur T-Shirts an) und schnitten Hash.

LX 187

Neben Geschichten zur Los Angeles-Reise von Estikay geht es mit ihm "Auf Entspannte Tour". Dazu wird es in Zwei Null Eins Sieben noch Reisen nach Jamaika, Ghana und auch Einblicke in meine Zeit mit der 187 Straßenbande geben. Nächste Woche geht es schon wieder los auf Tour, diesmal mit Raf Camora. Bis dahin muss die Bildauswahl zum Buch stehen.

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Bis "Zwei Null Eins Sieben" erscheint, dauert es noch eine Weile. Seid gespannt und freut euch bis dahin auf den nächsten Teil unserer Fotokolumne von Pascal Kerouche!

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