FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Verschwundener Flug MS804: Facebook-User reagieren mit abstrusen Theorien

Ein Überblick über die abstrusesten Verschwörungstheorien zur verschwundenen EgyptAir-Maschine.
Symbolbild eines Airbus A333 von EgyptAir. Bild: Aeorprints.com | Wikimedia | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Es gab mal eine Zeit, als sich Verschwörungstheoretiker noch Mühe gaben, ihre Geschichten so zu stricken, dass sie zumindest einen gewissen Grad an gedanklicher Tiefe hatten. Ein Minimum an dramaturgischem Anspruch galt als Voraussetzung, um von potentiellen Followern überhaupt ernst genommen zu werden.

Im Zeitalter von Social Media werden aufwendig gestaltete Verschwörungs-Blogs mit supergeheimen Protokollen und langfaserigen Analysen zunehmend verdrängt von Facebook-Kommentarspalten, in denen Fans alternativer Weltberichte nicht nur mitlesen, sondern gleich mitdiskutieren können. Das plötzliche Verschwinden einer Passagiermaschine der ägyptischen Fluggesellschaft Egypt Air am frühen Morgen des 19. Mai belegt dies einmal mehr eindrucksvoll.

Anzeige

Flight #MS804, carrying 56 passengers, 10 crew members disappeared above the Mediterranean https://t.co/ZigJTWScWA pic.twitter.com/hPNilLoBEB
— RFE/RL (@RFERL) May 19, 2016

Der Airbus A320 war am späten Mittwochabend in Paris nach Kairo gestartet und verschwand gegen 2.45 Uhr (MESZ) vom Radar. Schon kurz nachdem bekannt wurde, dass die Maschine mit der Flugnummer MS804 plötzlich die Kommunikation abbrach und über dem Mittelmeer zwischen Kreta, Zypern und der ägyptischen Küste spurlos verschwand, wucherten bereits die ersten Verschwörungs-Einsilber durch die Facebook-Kommentarspalten.

Obwohl die Maschine erst wenige Stunden verschwunden war und aktuell mehrere nationale Luftfahrtbehörden fieberhaft versuchen herauszufinden, was überhaupt passiert ist, waren die Facebook-Kommentatoren bereits im Morgengrauen zur Stelle.

Das Makabere: Keinem der Verschwörungskommentatoren scheint es um die Opfer zu gehen.

Worin die Verschwörung genau besteht, ist gar nicht das Entscheidende, der Inhalt, so scheint es, ohnehin zweitrangig. Wichtig ist, dass möglichst viel geraunt und vermutet wird, was sich in Hinterzimmern der Herrschenden abspielt, also: irgendwas mit Macht.

Während manche Kommentatoren noch auf etwas setzen, das im entferntesten Sinne als „Analyse" durchgehen könnte—beispielsweise der wunderschön konstruierte Konnex zwischen CIA, FED, Ölscheichs, Sarko und Faschismus—, verzichten andere mittlerweile vollständig auf Begründungen—oder auf den Bezug mit dem eigentlichen Thema.

Anzeige

Wer jedoch richtige viele Likes bekommen will, sollte auf jede über den eigentlichen Sachverhalt hinausgehende Beobachtung verzichten.

Was derzeit viel besser ankommt in den Kommentarspalten bei Bild, Spiegel und Co, gewissermaßen der letzte Schrei in der Verschwörungsgemeinde, ist die reine Mutmaßung, die ohne jeden Begründungs-Schnickschnack auskommt. (Einfach einen Fakt in eine Frage umformulieren und schon ist man sich der Zustimmung der anderen sicher.)

Dass auch hochmoderne Radarsysteme nicht immer perfekt funktionieren, wie beispielsweise bei dem mysteriösen Verschwinden des Flugs MH370, fällt ebenso wenig ins Gewicht, wie die Tatsache, dass es bei technischen Aus- oder Unfällen naturgemäß eine gewisse Zeit dauert, bis zweifelsfrei festgestellt werden kann, was überhaupt Sache ist.

Auf dem Höhepunkt des konspirativen Denkens braucht man eigentlich auch keine Verschwörungstheorie „mehr", wie etwa dieser User, in einer Art unbewusster Selbstreferentialität, behauptet. Am Ende steht, folgerichtig, die reine Behauptung, der Fakten verdächtig sind. Das Gefühl, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zugeht, und irgendein „jemand" seine Finger in irgendeinem Spiel hat, ist völlig ausreichend. 26 Personen gefällt das.

Das Makaberste an all den Thesen: Fast keinem der Verschwörungskommentatoren geht es um die Opfer, die möglicherweise gerade bei einem Absturz ums Leben gekommen sind. Die ägyptische Luftfahrtbehörde erklärte inzwischen, dass "die Möglichkeit, dass das Flugzeug abgestürzt ist, bestätigt werden" könne, da der Airbus auf keinem Flughafen gelandet sei. An Bord befanden sich 66 Passagiere. Zahlreiche Schiffe sind im Mittelmeer inzwischen unterwegs, um nach dem Wrack des Airbus zu suchen.