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Verbrechen

Ein Einbrecher und ein Juwelier erzählen, wie man eine 100-Kilo-Goldmünze zu Geld macht

Die vermeintlichen Täter des spektakulären Raubs sind gefasst, von der Riesenmünze fehlt aber nach wie vor jede Spur.
Foto: imago | Newscast

Sie hatte den Durchmesser eines Autoreifens, war aus purem Gold und 100 Kilo schwer. Wert laut aktuellem Goldpreis: 3,4 Millionen Euro. Im März wurde die Riesenmünze "Big Maple Leaf" aus dem Berliner Bode-Museum geklaut, am Mittwoch nahm die Polizei vier 18- bis 20-jährige Verdächtige fest. Immer noch ist unklar, was mit den Münzen passiert ist. Zerstückelt, eingeschmolzen, im Ausland verhökert – alles denkbar, sagt die Berliner Staatsanwaltschaft gegenüber VICE.

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Aber wie haben die Täter diesen Diebstahl angestellt? Wie kommt man an so einen Schatz heran? Und vor allem: Wie verwandelt man eine 100 Kilo schwere Münze in Scheine? Wir haben bei zwei Experten nachgefragt: dem ehemaligen Einbrecher Hammed Khamis und dem Berliner Goldschmied Gennadi Licht.

Schritt 1: Freunde

Das Ganze ist kein Kaugummi-Klau. Überwachungskameras und Alarmanlagen gilt es zu überwinden. Kurz: In ein Museum kann man nicht einfach reinspazieren. "Du brauchst jemanden, der dir einen Tipp gibt. Jemand, der sich auskennt", sagt Hammed Khamis. Er wurde kriminell, als seine Mutter starb. Mit seinem Bruder lebte er nach ihrem Tod auf der Straße. Er drehte erst kleinere Dinge, brach dann in Wohnungen ein und Autos auf. 100 Euro hier, 200 Euro da. Am Ende stahl er bei einem Einbruch 35.000 Euro. Danach hörte er auf, schrieb mehrere Bücher und begann, als Streetworker zu arbeiten. Seine Taten sind mittlerweile verjährt, wie Einbrüche ablaufen, hat er aber nicht vergessen. "Von alleine kommen 18-Jährige nicht auf so eine Idee", sagt Khamis. Tatsächlich, das steht nun fest, haben die Diebe einen Tipp bekommen – von einem Security-Mitarbeiter. Auch ihn nahm die Polizei inzwischen fest.

Hammed Khamis | Foto: imago | Horst Galuschka

Schritt 2: Werkzeug

Trotzdem kann man mit einer 100 Kilo schweren Münze nicht beim Kauf einer Villa auf den Malediven oder einer Yacht auf den Bahamas bezahlen. Irgendwie muss man das Ding auseinanderlegen. "Ich hatte einen Bekannten, der war Zahntechniker", sagt Khamis. "Der hat das Gold in eine Schale gelegt, in einen Ofen geschoben und eingeschmolzen. Für fünf Kilo braucht er eine halbe Stunde." Heißt: Für 100 Kilo würde der Zahntechniker zehn Stunden brauchen. Aber in welchen Ofen passt schon ein so großes Goldstück?

Praktikabler klingt, was Goldschmied Gennadi Licht vorschlägt: "Man muss die Münze auseinandersägen. Dafür braucht man nicht einmal eine spezielle Säge. Echtes Gold ist immer ein bisschen weich. Deshalb hat man ja früher draufgebissen, um zu sehen, ob es echt ist." Danach reiche ein Bunsenbrenner. Und Google weiß: Gold schmilzt bei 1064 Grad, ein Bunsenbrenner wird bis zu 1200 Grad heiß. Passt.

Schritt 3: Abnehmer

Einmal eingeschmolzen, da sind sich Ex-Verbrecher und Goldschmied einig, kann niemand mehr erkennen, woher das Gold ursprünglich stammt. "Wenn die Täter dann versuchen, das Gold an einen Juwelier oder Händler zu verkaufen, würden sie es gar nicht merken", meint Goldschmied Gennadi Licht. Das Gold könnte also noch irgendwo in Berlin sein, bei einem unschuldigen Juwelier, der gar nicht weiß, was er da angenommen hat? Unwahrscheinlich, sagt Licht: "Die haben es bestimmt aus Berlin weggeschafft. Nach Polen, Ungarn."

So oder so wäre die Münze mit dem Gesicht der britischen Queen für immer verschwunden.

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