FYI.

This story is over 5 years old.

Words

Etnik hält dir tagsüber die Tür auf und lässt dich nachts den Alltag vergessen

Etnik sprach mit uns über seine neue EP „Unclassified“, über Drogen und seine Beziehung zu Major Labels.

Etnik wäre von meiner Oma in die Schublade „adretter junger Mann" hineinkategorisiert worden. Seine Haare sind sauber zur Seite gegelt, zur schwarzen Hose trägt Etnik ein weißes Hemd, das er sich bis unters Kinn zugeknöpft hat. Unterm Ärmel blitzt eine goldene Uhr hervor. Etnik fragt mich fünf Minuten vor Interviewstart, ob er noch schnell eine Zigarette rauchen dürfe. Steht da jetzt ein Freak vor mir oder ein Spießer? Na ja, erstmal auf eine leichte Marlboro im Hof einladen lassen und dann weiterschauen.

Anzeige

THUMP: Hallo Etnik, Du trägst saubere Klamotten und hältst allen Leuten hier die Tür auf, was ist los mit dir?

Etnik: (lacht) Ich bin halt so von meinen Eltern erzogen worden und auch froh darüber. Es ist mir egal wie das auf die Leute wirkt, für die ich auflege. Das bin ich—sowohl im Privaten als auch im Etnik-Leben. Und das überträgt sich auch auf meine Musik. Bei meinen Produktionen bin ich genau so perfektionistisch.

Stimmt, da ist jeder Übergang innerhalb der Tracks nahezu perfekt ausbalanciert.

An der Balance meiner Tracks arbeite ich manchmal 90% der Zeit, auch wenn das Grundgerüst schon nach Stunden oder Tagen fertig ist. Sobald die Basis steht, beginnt für mich eigentlich erst die Herausforderung: Ich will dann aus der Komposition mit Frequenzanhebungen, Filtern und Kompressoren das Beste herausholen.

Das habe ich zuletzt von einem Typen gehört, der niemals fertig wird und dann auch niemals einen Song veröffentlicht hat.

Ja, da muss man dann professionell denken. Ich würde auch echt gern noch tausende Sachen auch an den älteren Tracks ändern, aber es kommt bei mir auch ein Punkt, an dem ich weiß: Jetzt ist es gut genug, es meinen Fans und dem Label zu präsentieren.

Einer der aktuellsten Songs, die du uns präsentiert hast, ist ja „Unclassified". Wie bist du auf die Idee gekommen, einen HipHop-Song zu produzieren?

Ich bin schnell gelangweilt von meinen Sachen, während ich produziere. Dann versorge ich meine Ohren mit frischen Sachen. Ich swoppe einfach das Genre.

Anzeige

Und warum diesmal HipHop?

Als ich so zwölf, vierzehn Jahre alt war, haben alle meine Freunde HipHop gehört, ich war eigentlich der Einzige von uns, der Techno hörte. Mit „Unclassified" wollte die alte Zeit wieder aufleben lassen, aber trotzdem etwas Neues und Spezielles schaffen. Dass der Song zusammen mit Mykki Blanco entstand, hat da natürlich geholfen. Überleg dir das einfach mal: Der Typ ist eine Diva und er macht HipHop, das alleine ist schon ziemlich speziell.

Wie war der Videodreh mit Mykki, hattest du Angst? 

Mykki ist sehr professionell, aber es gab schon ein paar so Aktionen … die kannst du auch im Video sehen. Einmal ist er auf das Auto geklettert, hat da oben ziemlich wild rumgeturnt und sich dann kopfüber auf den Boden runtergeschlängelt. Da dachte ich schon kurz: „Mikky, hör bitte auf damit, wir brauchen dich noch."

Habt ihr Euch über das Label kennengelernt?

Ja, das ist echt ein Vorteil, wenn du Partner mit einem großen Netzwerk hast. Warner Music hat vorgeschlagen, Mykki Blanco über meinen Beat rappen zu lassen, ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen.

Major Label, … dann hast du jetzt also deine Seele verkauft, oder? 

Zu dieser ganzen Diskussion kann ich nicht viel sagen. Es ist echt angenehm mit Warner zusammenzuarbeiten, wir haben im Team alle die gleichen Ziele und das Label schränkt mich bei meinen Tracks, Remixes, Releases überhaupt nicht ein. Ich bin auch keine fixen Verpflichtungen eingegangen oder so. Vielleicht war das früher anders, aber ich persönlich kann da keine Nachteile erkennen.

Anzeige

Als Techno-DJ bist du ja dafür zuständig, dass die Leute glücklich durch die Nacht kommen—wenn alle komplett abstürzen, war es eine gute Party. Wie passt das zu deiner Geisteshaltung?

(lacht) Das passt sehr gut, jeder geht in den Club, um sich vom Alltag zu distanzieren, ein bisschen zu tanzen, sich frei zu machen, und ich helfe den Leuten dabei mit meiner Musik so gut ich kann. Es gibt natürlich auch Leute, die denken, sie können nur mit Drogen richtig feiern, richtig loslassen—das muss halt jeder mit sich selbst ausmachen, wobei … in den USA ist das schon krass, da nehmen die Leute das Zeug fäusteweise. Na ja, mir jedenfalls reichen meine Beats dafür.

Mit welchen Beats schafftst du das sonst noch so?

Da gibt es diese australische Psychedelic-Rockband HTRK. Total das Gegenteil von mir, manchmal würde ich gern selbst so Musik machen.

Oh, das ist aber ziemlich speziell jetzt, wie bist du auf diese Band gekommen?

Es ist so ne Art Sport. Je schwieriger ich an einen Track rankommen kann, desto interessanter wird er für mich. Es gibt da zum Beispiel dieses eine Stück, das habe ich mit sechs oder sieben Jahren als Kind auf dem Rücksitz im Auto gehört—mein Vater hat mich da nach Hause gefahren. Ich konnte das Stück nicht vergessen und habe es erst im letzten Jahr wiedergefunden. Jetzt kann ich es abspielen und werde damit direkt wieder in diese Situation geworfen, auf die Rückbank von damals. Solche Erinnerungen und Emotionen kann nur Musik erzeugen.

Anzeige

Für wen würdest du keinen Remix machen?

Also wenn mich Justin Bieber fragen würde, ob ich mal was für ihn mache, vielleicht … das fänden meine Fans wahrscheinlich nicht so gut.

Hier kannst du Unclassified von Etnik bei Beatport bestellen.

**

Folge THUMP auf Facebook und du musst nie wieder langweiligen Scheiß lesen.